Schön ist etwas anderes. Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen auf Hausdächern oder in Reihen in der Landschaft sind kein wirklich ästhetisch ansprechender Anblick. Zwar hat sich Solarstrom in den vergangenen 20 Jahren immer mehr zur Selbstverständlichkeit entwickelt, die Optik der Module ist aber gleichgeblieben: Schwarz-glänzende Platten mit einer Schutzhaut aus Glas. Darunter befinden sich die Photovoltaik-Zellen in Größe kleiner Badezimmerkacheln, die wie auf einem Schachbrett miteinander verlötet sind.
Ob alleine die Optik noch mehr Menschen davon abhält, derartige Anlagen auf ihren Hausdächern zu platzieren, ist zwar fraglich, auf alle Fälle wäre es aber sinnvoll, nicht nur die Dächer, sondern auch Hauswände mit Photovoltaik-Anlagen zu versehen. Ein Ausbau erneuerbarer Energien ist nämlich der einzige Weg, die angedachte Energiewende auch zu schaffen. 2500 Quadratkilometer zusätzlicher Photovoltaik-Anlagen würden dafür benötigt, sagen Forscher. Genügend Platz gäbe es.
Solarmodule fast unsichtbar in Fassaden und Dächer integrierbar
Bei Bauherren und Architekten sind Photovoltaik-Anlagen als gestalterisches Element wenig beliebt, weiß man bei der Fraunhofer-Gesellschaft. Sie seien einfach „zu störend“. Deswegen haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg ästhetische, farbige Module für die Gestaltung von Fassaden entwickelt, „denen man ihren eigentlichen Zweck gar nicht mehr ansieht“.
Diese bunten Bauteile können in jeder gewünschten Farbe produziert und fast unsichtbar in eine Fassade oder ein Dach integriert werden. Modernen Gebäuden mit vorgehängter, hinterlüfteter Fassade könnten sie gar den letzten Schliff geben. „Die zündende Idee für die Entwicklung bestand darin, die Deckgläser der Module nicht mit Farbpigmenten einzufärben, sondern vielmehr den physikalischen Effekt des Schmetterlingsflügels nachzuahmen“, sagt Dr. Thomas Kroyer, Leiter der Gruppe Beschichtungstechnologien und -systeme. Beschichtete Gläser würden nämlich viel von ihrem Wirkungsgrad einbüßen, weil das Licht nicht mehr ungehindert in das Modul eindringen könne.
Vorbild: Blauer Morpho-Falter
Ihr Vorbild für die neuartigen Solarmodule fanden die Wissenschaftler in der Natur. Im Flügel des Morpho-Falters. Der im tropischen Regenwald in Mittel- und Südamerika lebende Schmetterling wirkt nicht durch farbige Pigmente farbig, sondern durch einen optischen Effekt. Die mikrometerfeine Oberflächenstruktur des Schmetterlingsflügels reflektiert gezielt einen engen Wellenlängenbereich, d.h. er reflektiert eine Farbe. Die Fraunhofer ISE-Experten konnten durch einen Vakuumprozess auf die Rückseite des Deckglases ihrer Photovoltaik-Module eine ähnliche Oberflächenstruktur aufbringen. Je nach Feinstruktur ließen sich so Deckgläser in knackigem Blau, Grün oder Rot herstellen. „Rund 93 Prozent des Lichts können diese Schicht durchdringen – nur etwa sieben Prozent werden reflektiert und lösen den Farbeffekt aus“, erläutert Thomas Kroyer. Die Wissenschaftler haben ihre Technologie MorphoColor benannt, nach dem strahlend blau leuchtenden Morpho-Falter.
Zum ansprechenden Aussehen gehöre aber nicht allein die Farbe, betonen die Forscher und haben eine weitere Lösung gefunden, um Photovoltaik-Anlagen schöner zu machen. Sie haben eine Montagemethode entwickelt, die an das Prinzip der Dachschindeln erinnert. Diese werden überlappend aufeinander gelegt, damit der Regen abfließen kann. Nach dem gleichen Prinzip fertigen die Freiburger Solarforscher Photovoltaik-Zellen in Streifen an und klebten sie so zu einem größeren Modul zusammen, dass sie wenige Millimeter überlappen. Das Ergebnis ist ein homogenes Ganzes ohne störende Zwischenräume oder sichtbare Kontaktdrähte. Es schimmern keine aneinander gelöteten Photovoltaik-Zellen wie ein Schachbrett durch das farbige Deckglas. „Man kann aus verschiedenen Winkeln auf unsere geschindelten Photovoltaik-Module mit MorphoColor-Beschichtung schauen – und trotzdem bleibt der homogene Eindruck.“
Ästhetisches Plus-Energie-Haus
Vom 13. bis 15. Januar 2021 werden die geschindelten Module auf der Online-Messe BAU als Exponat gezeigt. Außerdem wird es einen Solarthermie-Kollektor mit MorphoColor-Beschichtung zu sehen geben. Denn die im Vakuumverfahren bedampften Deckgläser ließen sich sowohl zu Photovoltaik-Modulen laminieren als auch in einen Kollektor zur solaren Wärmezeugung integrieren, betonen die Wissenschaftler. Das sei ein echter Gewinn, weil man mit einer Fertigungslinie beide Produkte bedienen könne.
„Dieser Doppelnutzen hat auch für den Endanwender seinen Reiz“, freuen sie sich. „Photovoltaik- und Solarthermie-Module können künftig mit derselben Farbe versehen und quasi unsichtbar nebeneinander auf das Dach oder an die Fassade montiert werden.“ Wenn man dann noch den Farbton an das restliche Gebäude anpasst, kann eine Hauswand mit einem absolut homogenen Äußeren eine Fassade sein, die zugleich Strom und Wärme liefert. „Damit kann das Haus der Zukunft zum besonders ästhetischen Plus-Energie-Haus werden, das mehr Energie liefert als es verbraucht.“
Titelbild: Die neuen Photovoltaikmodule lassen sich in der gewünschten Farbe herstellen. © Fraunhofer ISE