Psychische Störungen wie ADHS sind nicht nur für die betroffenen Personen eine große Belastung, sondern auch für deren Umfeld. Laut dem Verein ADHS Deutschland e.V. sind etwa fünf Prozent der Kinder im Alter von drei bis 17 Jahren betroffen – Jungen häufiger als Mädchen. Auch Erwachsene können an der Krankheit leiden, da das Symptombild jedoch anders ist als bei Kindern, bleibt ADHS bei Erwachsenen oft unerkannt und damit auch unbehandelt.
Typische Symptome der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind bei Kindern hauptsächlich Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität. Tritt bei der Krankheit keine körperliche Unruhe auf, spricht man auch von ADS. Eine ADHS im Erwachsenenalter äußert sich beispielsweise durch Stimmungsschwankungen, Rastlosigkeit, Ängste, chronische Unpünktlichkeit, Vergesslichkeit, ein mangelndes Selbstwertgefühl und Beziehungsschwierigkeiten.
Zur Behandlung werden oft Medikamente wie Ritalin oder Concerta verschrieben, eine Behandlung, die jedoch rein symptomatisch und oft mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden ist. Nach dem Absetzen der Medikamente kehren die Symptome oftmals zurück, da die Ursachen nicht behandelt wurden.
Eine Therapie, die sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen große Erfolge verzeichnen kann, ist das Neurofeedback. Diese evidenzbasierte Methode ist ein Verfahren zur Behandlung von Aufmerksamkeits-, Impulsivitäts- und Schlafproblemen für Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab 6 Jahren.
Was ist Neurofeedback?
Neurofeedback ist eine nicht-invasive, schmerz- und nebenwirkungsfreie Behandlungsmethode, die eine medikamentöse Therapie der ADHS und ADS substituieren kann. In München bietet das neuroCare Therapiezentrum seinen Patienten auf Basis einer ausführlichen Diagnostik eine individuell zugeschnittene Therapie an.
„Das Neurofeedback gehört genauso wie die rTMS-Therapie zu den sogenannten Neuromodulationsverfahren, bei denen die Arbeitsweise der Neuronen moduliert wird.“, sagt Mag. rer.nat. Linda Wulf, eine der Psychologischen Psychotherapeutinnen des neuroCare-Therapiezentrums in München. Die Behandlungen sollten anfangs mindestens zweimal pro Woche stattfinden. „Neurofeedback bietet sich sowohl für Kinder als auch für Erwachsene an, derzeit werden in unserem Therapiezentrum allerdings überwiegend Kinder behandelt.“, erzählt die Therapeutin. „Das liegt daran, dass die ADHS-Problematik heutzutage allgemein bekannt ist. Daher ist die Hemmschwelle, ein Kind dementsprechend zu diagnostizieren, sehr niedrig, sobald es aneckt oder bestimmte Auffälligkeiten zeigt.“ Aufgrund der hohen Komplexität der Krankheit sei eine ausführliche Diagnostik sehr wichtig. Bei vielen Betroffenen würde die Diagnose vorschnell gestellt werden.
Für die Neurofeedback-Therapie müsse man nicht das Vollbild einer ADHS haben, betont Frau Wulf. „Wenn es Nachweise gibt, dass der Betroffene im Alltag Schwierigkeiten hat, sich zu konzentrieren und die Aufmerksamkeit für eine längere Zeit aufrechtzuerhalten, und daraus ein Leidensdruck entsteht, kann eine Neurofeedback-Therapie sinnvoll sein.“
Wie funktioniert Neurofeedback?
Beim Neurofeedback wird die Gehirnaktivität über Elektroden an der Kopfhaut in Echtzeit gemessen und auf einem Bildschirm sichtbar gemacht. Der Patient lernt dabei, das Signal und somit seine Gehirnaktivität willentlich zu steuern. Dies kann helfen, das eigene Verhalten und die Aufmerksamkeit im Alltag an die Erfordernisse einer bestimmten Situation anzupassen. Je nach Diagnose werden zwei verschiedene Arten des Neurofeedbacks eingesetzt, man unterscheidet zwischen dem SCP-Neurofeedback und dem Frequenzband-Neurofeedback. SCP steht für Slow Cortical Potentials, also langsame kortikale Potentiale.
Beim SCP Neurofeedback Training lernt der Patient, ein Objekt auf dem Bildschirm zu steuern, welches die Gehirnaktivität visualisiert. Beispielsweise könnte die Aufgabe darin bestehen, ein auf dem Bildschirm visualisiertes Objekt (zBsp. Flugzeug, Fisch etc.) ober- oder unterhalb der visuellen Mittellinie zu halten bzw. zu bewegen. Dies gelingt dem Patienten über eine Regulation der eigenen Gehirnaktivität, vereinfacht gesprochen soll die Erregbarkeit der Neuronen entweder verstärkt oder vermindert werden. „Die Gehirnaktivität des Patienten wird über sieben, am Kopf angebrachten, Elektroden gemessen. Das Signal wird verstärkt und auf einem Bildschirm visualisiert.“, erklärt Frau Wulf. „Bei diesem Training ist das Ziel, die Selbstregulation zu verbessern. Das virtuelle Objekt befindet sich oberhalb der Mittelline, wenn sich der Patient konzentriert. Soll sich das Objekt unterhalb der Linie bewegen, muss er sich kurzzeitig entspannen, d.h. die Erregbarkeit der Neuronen wird vermindert. Durch visuelle Belohnung des Programms wie auch akustische Belohnung des Therapeuten, verstärkt sich dieser Lernvorgang.“
Bei der zweiten Art des Neurofeedbacks, dem Frequenzbandtraining, werden bestimmte Frequenzbereiche der Gehirnaktivität trainiert. Die unterschiedlichen Frequenzbereiche hängen mit verschiedenen Aufmerksamkeits- und Wachheits-Zuständen zusammen. „Wenn wir schlafen, zeigen sich beispielsweise auf dem Elektroenzephalogramm ganz hohe, langsame Amplituden, die sogenannten Delta- oder Thetawellen. Wenn wir wach sind, erkennt man Alphawellen, die einen entspannten Wach-Zustand signalisieren, oder Betawellen, die mit einem Zustand von bewusster Konzentration assoziiert werden. Man kann also anhand des Frequenzbereichs der Gehirnaktivität erkennen, ob der Patient sehr konzentriert oder sehr müde ist.“ Im Rahmen des Frequenzbandtrainings soll der Patient lernen, eine bestimmte Zielfrequenz zu erreichen. Gelingt die Regulation der Gehirnaktivität, erhält der Patient auch hier eine Belohnung über ein visuelles oder akustisches Signal.
Beide Arten des Neurofeedbacks sind nachweislich wirksam, nicht-invasiv und wirken sich positiv auf die Aufmerksamkeit und u.a. auch auf das Schlafverhalten des Patienten aus.
Im Schnitt stellt sich ein nachhaltiger Effekt nach 30 bis 40 Sitzungen ein; jede Sitzung dauert 50 Minuten. Wichtig sei, dass die Patienten nicht mit falschen Erwartungen in die Therapie kämen: „Therapie ist kein Wellnessurlaub“, betont Linda Wulf. „Therapie ist anstrengend. Veränderung ist anstrengend. Das Neurofeedback ist ein Training der Gehirnaktivität und hat keinen Unterhaltungswert.“
Die neuroCare Group entstand 2014 durch die Zusammenführung der Expertise und Erfahrung von drei etablierten und anerkannten Organisationen: Brainclinics Psychology Practice (NL), Brainclinics Education (NL) und neuroConn GmbH (DE). Diese Organisationen sind das Fundament der heutigen neuroCare Group und spiegeln sich in den drei Geschäftsbereichen des Unternehmens wider: neuroConn Technologie, neuroCare Therapiezentren und neuroCademy Training und Forschung. In synergetischer Zusammenarbeit treiben die Geschäftsbereiche die Qualität und Präzision von Forschung, Technologie und Therapie voran, um die besten Behandlungsergebnisse für Patienten zu erreichen.
Weiterlesen: Hilfe bei Depression durch rTMS-Therapie