Fettleber – eine Schreckensdiagnose für immer mehr Erwachsene in Industrieländern. Mittlerweile leiden aber sogar auch 34 Prozent der adipösen Kinder an einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (non-alcoholic fatty liver disease, NAFLD), denn nicht immer ist der Alkohol schuld an der Krankheit. Sie erhöht das Risiko, an Komplikationen wie Leberzirrhose, Leberkrebs, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall zu erkranken, extrem.
Schuld an der Fettleber sind eine ungesunde Lebensweise mit wenig Bewegung und viel fettem sowie zucker- und fruchtzuckerhaltigem Essen und wenn jemand dann auch noch eine genetische Vorbelastung hat, erhöht sich das Risiko zusätzlich. Fettleber ist aber nicht gleich Fettleber. In ihrer Studie „Non-Alcoholic Fatty Liver Disease: Causes, Cardiometabolic Consequences, And Treatment Strategies“ haben Professor Norbert Stefan und Professor Hans-Ulrich Häring vom Universitätsklinikum Tübingen und dem Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Zentrums München, sowie Professor Kenneth Cusi von der University of Florida (USA) Möglichkeiten neuer Behandlungsmethoden untersucht.
NAFLD ist eine komplexe und heterogene Krankheit, die zu verschiedenen Komplikationen führen kann wie schweren Leberschädigungen, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen. „Um diese Folgeerkrankungen zu vermeiden, muss die Fettleber rechtzeitig erkannt sowie das jeweilige Risiko für Leber-, Stoffwechsel- und Herzmuskelerkrankungen genau bewertet werden. Dann lässt sich eine maßgeschneiderte Prävention und Behandlung konzipieren“, erläutert Erstautor Norbert Stefan.
In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche neue Erkenntnisse und Ergebnisse in der NAFLD-Forschung, aber diese enorme Menge an neuen Daten aus der Grundlagenforschung und der klinischen Hepatologie- und Endokrinologieforschung in die klinische Praxis zu integrieren, ist schwierig. Stefan, Häring und Cusi haben die wichtigsten Daten der NAFLD-Forschung ausgewertet und in einem Übersichtsartikel zusammengestellt. Die Autoren schlagen den Einsatz neuer Diagnose- und Therapieansätzen in der Klinik vor, um eine spezifische Risikoprognose für mögliche Folgeerkrankungen zu ermöglichen.
Böses Bauchfett
„Auf eine Fettleber hin sollten nicht nur Patienten mit erhöhten Leberenzymen untersucht werden, sondern auch Personen mit einer dysproportionalen Fettverteilung, d.h. einem hohen Anteil an Bauchfett und/oder einem geringen Anteil an Fett um die Hüften und Beine“, sagt Hans-Ulrich Häring, Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin IV am Universitätsklinikum Tübingen und Vorstand des DZD (Deutsches Zentrum für Diabetesforschung e.V). Darüber hinaus empfehlen die Verfasser des Reviews ein Fettleber-Screening auch für Menschen, die an einer Insulinresistenz bzw. an Typ-2-Diabetes leiden.
Wie lassen sich die Fettanteile in der Leber aber zuverlässig bestimmen und Leberschädigungen wie Entzündung und Fibrose sicher erkennen? In der Primärversorgung eignet sich hier der Einsatz von einfachen Indizes oder Ultraschalluntersuchungen. Spezialisten wie Hepatologen, Endokrinologen und Radiologen können dann bei Bedarf weitere Untersuchungen wie zum Beispiel spezielle Kernspintomografien (MRI) einsetzen.
Wie bei so vielen Zivilisationskrankheiten lassen sich auch bei einer Fettleber mit Änerungen im Lebensstil oft positive Effekte erzielen. So kann man durch eine Abnahme von etwa fünf Prozent Gewicht den Fettgehalt in der Leber um bis zu 30 Prozent reduzieren. Um das Risiko für Leberentzündungen und Fibrosen zu verringern, bedarf es jedoch eines Gewichtsverlustes von etwa zehn Prozent. „Wenn eine solche Gewichtsreduktion nicht erreicht werden kann oder sie nicht ausreicht, um die NAFLD zu verbessern, sollte eine pharmakologische Behandlung in Betracht gezogen werden“, sagt Kenneth Cusi. Zwar sei bis heute noch kein Medikament für die NAFLD zugelassen, „unter bestimmten Bedingungen wie etwa dem Auftreten von Diabetes und NAFLD oder Adipositas und NAFLD können jedoch spezifische Medikamente eingesetzt werden, die unterschiedliche Auswirkungen auf Leberfettgehalt, Entzündung und Fibrose haben“, so Cusi.
Aktuelle Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine genetisch bedingte NAFLD mit einem höheren Risiko für Leberfibrose und Leberkrebs verbunden ist. Allerdings haben die Betroffenen ein geringes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Um die Betroffenen richtig behandeln zu können, ist es wichtig zu wissen, ob eine Fettleber genetisch bedingt ist.
Die Autoren des Reviews meinen, dass die Anwendung dieser Konzepte künftig eine personalisierte Risikoprognose und eine individualisierte Behandlung einer nichtalkoholischen Fettleber ermöglicht. Zudem können Forscher in Zukunft auf Grundlage der verschiedenen Aspekte dieser Krankheit gezielt Lebensstiländerungen und Medikamente für die jeweiligen Untertypen entwickeln.