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Radar wird im Allgemeinen dazu genutzt, unterschiedlichste Objekte zu erkennen, zu analysieren oder zu vergleichen. Dabei vergleichen die bekannten Radarverfahren die empfangenen Echosignale mit den ausgesendeten Signalen in einer Empfangseinheit. Wissenschaftler des Instituts für Robuste Leistungshalbleitersysteme (ILH) der Universität Stuttgart haben nun ein neues Radarverfahren entwickelt, das bei der Verarbeitung der Reflexionen eines Referenzobjekts das Sendesignal nicht mit einbezieht.

Das von Prof. Ingmar Kallfass und seinem Team entwickelte Verfahren ermöglicht eine Bestimmung der relativen Abstände zwischen einzelnen Reflexionsobjekten. Und es hat gegenüber konventionellem Radar noch weitere Vorteile wie eine einfachere Architektur des Radarsensors. Dieser besteht nur noch aus einem oder mehreren nichtlinearen Empfängern und einem davon unabhängigen Sender. Dazu kommt, dass das neue Verfahren räumlich und elektrisch unabhängig vom Sender und Empfänger ist. Das mache es besonders für Bereiche wie medizinische Anwendungen sowie Sicherheitstechnik, Produktionstechnik und Materialanalyse interessant, betonen die Wissenschaftler.

Informationen zu Abstand oder Materialeigenschaft

Im Gegensatz zu den bekannten Radarverfahren bestehe keine gemeinsame Zeit- bzw. Frequenzbasis zwischen Sender und Empfänger, beschreiben die Forscher ihr Verfahren (s. Fig. 1). „Der Empfänger (7) ist vom Sender (3) komplett entkoppelt. Die Bestimmung von Abständen oder Materialeigenschaften zwischen zwei oder mehreren Reflexionsobjekten (2a und 2b) geschieht ohne Einbeziehung des Sendesignals (5). Im vorliegenden Verfahren werden die zwei oder mehrere Empfangssignale (9a, 9b) miteinander durch Mischung in einem nichtlinearen Empfänger (7) verglichen.“

Im Gegensatz zu den bekannten Radarverfahren besteht keine gemeinsame Zeit- bzw. Frequenzbasis zwischen Sender und Empfänger. Der Empfänger (7) ist vom Sender (3) komplett entkoppelt. © Universität Stuttgart

Man bekommt Informationen zu Abstand oder Materialeigenschaft, „wenn eine Divergenz der Modulation zwischen dem ersten und dem zweiten Empfangssignal besteht“. Diese Divergenz könne aus einem Frequenzunterschied, Phasenunterschied oder auch Amplitudenunterschied bestehen – „abhängig von der gewählten Modulationsform des Sendesignals (5). Im konventionellen Radar besteht diese Divergenz allerdings zwischen dem Sendesignal (Referenzsignal) (5) und den einzelnen Empfangssignalen (10), während in dem neuen Verfahren die Divergenz zwischen zwei oder mehreren Empfangssignalen (9a, 9b) ohne Einbeziehung des Sendesignals (5) besteht.“

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten

Durch die höhere Empfindlichkeit des Radarempfängers könne der Linearitätsbereich des Mischers über einen rauscharmen Vorverstärker gezielt ausgenutzt werden, sagen die Forscher. So könnten neben dem ersten, dominanten Reflexionssignal von einem Referenzobjekt auch schwache Signale von dahinterliegenden Schichten erkannt werden.

Dank dieser Fähigkeit eigne sich das neue Verfahren für unterschiedlichste Anwendungsmöglichkeiten. „Es kann beispielsweise bei Personenscannern die Reflexion zwischen der Hautoberfläche und darüber befindlicher, semi-transparenter Gegenstände wie verdeckt getragene Waffen aus Plastik oder Keramik ausnutzen.“ Diese Erkennung würde sogar bei einem sich bewegenden Objekt funktionieren.

Als weiteren Anwendungsbereich nennen sie Forscher den medizinischen Bereich, zum Beispiel zur Erkennung von Brustkrebs oder Lebenszeichen. In diesen Fällen ist aktuell noch keine berührungslose Detektion mit Radar oder Ultraschall möglich.

Auch in der Produktionstechnik biete das neue Verfahren Vorteile bei der Detektion von Produktionsfehlern wie Delaminierungen oder Ausgangskontrolle von Verpackungen. Füllstandmessung oder Kolbenstandbestimmungen wären ebenso möglich, wie auch Untersuchungen im Bereich der Materialanalyse.