Die Anzahl der Ladepunkte für E-Fahrzeuge ist in Deutschland im vergangenen Jahr um stolze 50 Prozent gewachsen. Aktuell gibt es bundesweit rund 24.000 Ladepunkte, das sind 8.000 mehr als im Vorjahr, und der Ausbau der Infrastruktur geht weiter. Im Vergleich der Bundesländer hat der Süden die Nase vorne. So konnte Bayern die Anzahl der Ladepunkte innerhalb eines Jahres um 56 Prozent von 3.618 auf 5.656 erhöhen. Nur Baden-Württemberg war mit einem Zuwachs von mehr als 60 Prozent 2.525 auf 4.094 Ladepunkte noch besser.
Auch bei den Städten hat der Süden den Norden ausgebremst. Während ein Jahr zuvor noch Hamburg die Liste der Städte mit den meisten Ladepunkten anführte, wurde die Hansestadt bis Ende 2019 von der bayerischen Landeshauptstadt München überholt. Aktuell gibt es in München 1.103 öffentlich zugängliche Ladepunkten. Zum Vergleich: Das BDEW-Ladesäulenregister führt für Hamburg 1.070 Ladepunkte auf, für Berlin 974. Der Anteil der Schnelllader liegt bei rund 15 Prozent.
Den größten Teil der Ladestationen in München haben die Stadtwerke München (SWM) und die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) errichtet. Die Programmleiterin Neue Mobilität der SWM, Alexandra Volkwein, sprach im Interview mit Innovation Origins über die Herausforderungen und die weiteren Pläne der Stadt für den Ausbau an Ladesäulen.
In Bayern ist die Anzahl der Ladesäulen innerhalb eines Jahres um 50 Prozent gewachsen. Trifft das auch auf München zu?
Ich kann das nur für unsere eigenen Ladesäulen sagen, weil wir über 90% der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur in München errichtet haben. Ende 2018 hatten wir 350 Ladesäulen in München in Betrieb genommen also 700 Ladepunkte. Das heißt, wir haben alleine im letzten Jahr 200 Säulen dazu gebaut. Das sind zwar jetzt nicht 50%, aber doch einiges. Das hat auch dazu geführt, dass wir alle anderen Großstädte überholt haben.
Insgesamt gibt es allerdings nur 15% Schnellladesäulen. Woran liegt das? Ist das eine Kostenfrage?
Ich kann diese Zahlen nicht verifizieren, bei einem Flächenland wie Bayern ist aber durchaus Schnellladeinfrastruktur notwendig, z.B. an den Autobahnraststätten wie Tank & Rast. Es ist also durchaus ein Ausbau erfolgt. Ich teste das gerne selbst, denn ich fahre auch ein Elektroauto. Und ich kann mich nicht beschweren. Zumindest auf der A9 Richtung Nordbayern, habe ich alle 30 bis 50 km eine Versorgung mit Schnellladeinfrastruktur. Ich kann das aber natürlich nicht für ganz Bayern beurteilen.
Wir haben im Stadtgebiet den Fokus eher auf Normalladeinfrastruktur gelegt, um eine Flächenversorgung zu gewährleisten. Das ist auf der Basis einer wissenschaftlichen Auswertung erfolgt, also welcher Bedarf besteht, welche Ladegeschwindigkeiten werden gewünscht und welche sind notwendig. Wir wolltenauch die Schnellladeinfrastruktur punktuell ergänzend ausbauen, haben das Ganze aufgrund der Mess- und Eichrecht-Thematik aber zurückgestellt.
Dann war es also keine Kostenfrage, weil Schnellladetechnik teurer ist als Normalladetechnik?
Die ist deutlich teurer. Eine Schnellladestation ist vier bis fünfmal so teuer wie eine Normalladestation. Das ist eine deutlich andere Kostenstruktur. Allerdings laden Sie dann natürlich auch schneller und hätten im Idealfall mehrere Fahrzeuge in der Zeit geladen, wie sie an einer Normalinfrastruktur geladen hätten. Der Grund für uns, den Schnelllader-Ausbau auf der zeitlichen Roadmap zu verschieben, liegt am Mess- und Eichrecht. Die Mess- und Eichrecht-Thematik betrifft die ganze Branche und wir hatten eigentlich seit 2016/17 schon zu Beginn unserer Ausbauoffensive vor, an den Ring- und Einfallstraßen im Stadtgebiet München punktuell Schnelllader zu bauen und auch die Förderzusage erhalten. Allerdings haben wir diese immer wieder verlängert, da es bislang auf dem Markt keine Mess- und Eichrechts-konforme Schnelllade-Hardware gab.
Bei vielen, die in das Thema investiert hatten, insbesondere an den Autobahnen, stellt sich sicher die Frage, ob die verbauten Lösungen jetzt noch nachrüstbar sind. Das Risiko wollten wir nicht eingehen und haben den Ausbau der Schnelllader auf dieses Jahr, auf 2020, verlegt. Wir haben dort kürzlich eine Vergabe gestartet, weil Ende des ersten Halbjahres 2020 marktfähige Lösungen auf dem Markt angeboten werden. Das heißt, wir haben die Hoffnung, dass wir in der Vergabe die passende Hardware finden und diese dann auch verbauen können. Ich gehe davon aus, Schnelllader-Betreiber in ganz Deutschland hatten das gleiche Problem wie wir, so dass der Ausbau der Schnelllader in ganz Deutschland trotz der massiven Förderung in den letzten Jahren schleppend war. Wir hoffen, dass der Knoten diesbezüglich in diesem Jahr platzt, durch eine passende Eichrechts-konforme Hardware-Lösung, die dann auch vielfältig eingesetzt werden kann.
Apropos Förderung: Wie finanziert sich der Ausbau? Fördert die Stadt? Der Freistaat Bayern? Der Bund? Woher kommt das Geld?
Das kommt darauf an, in welchem Konstrukt man arbeitet. Im Zuge der Förderung für saubere Luft hat der Bund ein Ladesäulen-Förderprogramm aufgelegt in der Höhe von 300 Millionen Euro über mehrere Jahre, und es werden immer wieder Calls gestartet. Das gleiche wird auch auf Landesebene gespiegelt, das heißt, man nimmt da ein ähnliches Förderinstrument und ruft Förderungen auf der Ebene des Freistaats Bayern aus. In München hat die Landeshauptstadt München 2015 das größte Förderprogramm für Elektromobilität ausgelobt. Das beinhaltet sehr viele Maßnahmen zur Elektromobilität. Das reicht von E-Bikes bis zu E-Taxi-Förderung. In diesem Förderpaket ist auch das Ausbauprogramm für öffentliche Ladeinfrastruktur enthalten. Wir sind als Stadtwerke München mit der Umsetzung betraut und all das, was nicht durch Einnahmen gedeckt ist, wird von der Stadt ausgeglichen. Die Stadt wiederum holt sich Fördermittel vom Freistaat und vom Bund. Das ist eine ganz gut funktionierende Systematik. Momentan läuft der vierte Aufruf auf Ebene des Freistaats und demnächst ist der nächste Aufruf auf Bundesebene geplant. Immer mit verschiedenen Schwerpunkten. Manchmal sind es verschiedene Schnelllader, manchmal sind es vornehmlich Normallader, das ist dann wiederum abhängig von dem einzelnen Fördercall.
Man muss da auch ganz ehrlich sein. Das Defizit aus der öffentlichen Ladeinfrastruktur ist noch sehr groß und das ist mit normaler Ladeinfrastruktur auch auf absehbare Zeit bei Weitem nicht wirtschaftlich darzustellen.
München ist sicher auch in der komfortablen Situation, ein derartig großes Förderprogramm auszuloben, das nicht nur die öffentliche Ladeinfrastruktur integriertintegriert, sondern auch E-Busse, Zuschüsse für elektrische Lastenräder und so weiter. Das ist mittlerweile 60 Millionen Euro schwer.
Wie sehen die konkreten Pläne bezüglich eines weiteren Ausbaus der Ladestationen für dieses Jahr aus?
Für 2020 sehen die Pläne konkret so aus, dass der Fokus auf dem Ausbau der Schnellladeinfrastruktur liegt – sofern unsere Hoffnung sich bewahrheitet, dass wir auf unsere Vergabe Angebote erhalten, die Mess- und Eichrechts-konform sind. Das heißt, wir werden in diesem Jahr die Schnellladestruktur auf bis zu 18 ausbauen. Im ganzen Stadtgebiet, an den Hauptverkehrsachsen, wo eine sehr gute Auslastung und Abdeckung besteht. Außerdem werden wir in diesem Jahr noch 30 Normalladestationen aufbauen mit jeweils wieder zwei Ladepunkten. Das heißt, es kommen 60 Normalladepunkte hinzu und diese 18 Schnelllader.
Die Stadt selbst hat über 2020/21 hinaus weitergehende Pläne. Die werden aber erst in diesem Jahr konkretisiert, denn das bereits erwähnte kommunale Förderprogramm (IHFEM – Integriertes Handlungsprogramm zur Förderung der Elektromobilität in München) wird alle drei Jahre neu aufgelegt. Das erste gingt von 2015 bis inklusive 2017, das zweite läuft von 2018 bis 2020 und in diesem Jahr wird das neue Programm von 2021 bis 2023 aufgelegt. Dabei wird sicher die öffentliche Ladeinfrastruktur wieder eine Rolle spielen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Mehr Artikel zum Thema Elektromobilität finden Sie hier.