Fast klingt es ein bisschen wie eine Utopie: Wenn ein molekuarer Motor unabhängig von der Umgebungstemperatur nur mit Licht betrieben werden kann. Wer aber nun an Auto-Antriebe denkt liegt falsch. Diese Motoren finden in der Nanotechnologie Einsatz.
Chemiker der LMU in München haben einen molekularen Motor entwickelt, der mit Licht betrieben wird. Das heißt durch eine externe Energiezufuhr können Moleküle gezielte Drehbewegungen ausführen. Für Anwendungen in der Nanotechnologie bilden sie damit eine wichtige Grundlage. Für Motoren im Nanobereiche eignen sich vor allem Moleküle, die unter Lichteinfluss ihre Struktur verändern. Bisher benötigen lichtgetriebene molekulare Motoren zusätzliche, durch Wärme angetriebene Reaktionen. Deshalb waren sie bis dato von der Umgebungstemperatur abhängig.
Unabhängig von Temperatur
Henry Dube, LMU-Chemiker ist gemeinsam mit dem Studenten Aaron Gerwien nun der entscheidende Durchbruch gelungen. Sie haben einen molekularen Motor entwickelt, der temperaturunabhängig funktioniert. Als Antrieb nutzt er Licht und läuft bei tiefen Temperaturen sogar schneller. Bisher war dies nicht möglich. Molekularmotoren reagierten auf die Umgebungstemperatur. Damit war auch der Einsatzbereich in der Nanotechnologie begrenzt.
Drehbewegung durch Licht
Um mit der Drehbewegung eine vollständigen 360-Grad-Rotation zu erzeugen, soll ein bestimmter Molekülteil um einen anderen mehrere Drehschritte ausführen. Das Problem dabei: Es muss verhindert werden, dass sich das Molekül wieder zurückdreht. Dazu benötigen molekulare Motoren sogenannte Ratschenschritte. Das sind Zwischenschritte, die das Molekül nach einer Drehung so verändern, so dass eine Zurück-Drehung ausschlossen ist. Normalerweise wird dies durch Wärme erzielt. Nachteil: Sinkt die Umgebungstemperatur läuft der molekulare Motor umso langsamer – bei Kälte bleibt er stehen.
Neue Möglichkeiten in der Nanotechnologie
Auch für die neue Version des Molekularmotors setzt Dube wie bei bisherigen Antrieben auf das Molekül Hemithioindigo. Es besteht aus zwei unterschiedlichen Kohlenwasserstoff-Hälften. Über eine chemische Doppelbindung sind sie miteinander verbunden. „Wir haben es nun geschafft, das Molekül so zu modifizieren, dass drei Teilreaktionen ausreichen, um eine vollständige Rotation des einen Molekülteils um den anderen zu erzielen“, sagt Dube. Das Besondere daran: Alle Teilschritte der Drehung kommen ohne thermische Zwischenschritte aus und werden nur durch sichtbares Licht angetrieben. Bei tiefen Temperaturen wird die Drehung sogar schneller. „Die Teilschritte bestehen aus drei unterschiedlichen Photoreaktionen, von denen wir zwei erst dieses Jahr zum ersten Mal direkt experimentell bewiesen haben“, erklärt Dube. Die Wissenschaftler sind sich sicher, dass sich durch ihre Forschung neue Einsatzmöglichkeiten in der Nanotechnologie ergeben.
Was ist eigentlich Nanotechnologie?
Unter Nanotechnologie wird eine Mehrzahl von Technologien verstanden, denen die gleiche Größenordnung von Nanoteilchen zugrunde liegt. Also eine Strukturgröße von 100 Nanometern (nm). Ein Nanometer entspricht einem Milliardstel Meter (10−9 m). Die Größe eines Nanoteilchen ist im Vergleich etwa so groß wie ein Fußball im Verhältnis zur Weltkugel. Nanotechnologie kommt in Bereichen wie der Cluster-, Halbleiter- und Oberflächenphysik sowie aber in Oberflächen- und weiteren Gebieten der Chemie zum Einsatz. Auch in Teilbereichen des Maschinenbaus und der Lebensmitteltechnologie (Nano-Food) wird Nanotechnologie angewendet. Nanomaterialien spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie werden meist chemisch oder mit mechanischen Methoden hergestellt. Einige davon sind bereits in handelsüblichen Produkten zu finden. Andere dienen als Modellsysteme für physikalisch-chemische und materialwissenschaftliche Forschung.
Foto: Drei durch sichtbares Licht angetriebene Teilschritte reichen aus, um eine vollständige Rotation zu erreichen. Bild: A. Gerwien, LMU
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