Künstliche Intelligenz (KI) kann das Leben leichter machen. “Aber wenn wir die KI nicht sehr bald an die Kette legen, wird das gewaltig schief gehen”, warnten Kritiker am vergangenen Freitag auf der Konferenz AI for All – From the Dark Side to the Light im Evoluon im niederländischen Eindhoven.
Experten, Interessierte und zahlreiche Redner diskutierten an diesem Nachmittag darüber, wie Wissenschaft und Gesellschaft den Schattenseiten der künstlichen Intelligenz Rechnung tragen können. “Je dümmer die künstliche Intelligenz ist, desto besser”, behauptete sogar der Science-Fiction-Autor, Journalist und KI-Kritiker Bruce Sterling.
“AI for all” könnte man glauben
KI bietet viele Anwendungen, die unser Leben ein wenig einfacher machen. An vielen Stellen und in vielen Momenten unseres täglichen Lebens haben wir bereits mit KI zu tun. Man findet zum Beispiel Anwendungen im Mobiltelefon oder im Auto. In gewisser Weise können wir gar nicht mehr ohne sie leben. So kann ein KI-System beispielsweise auch Kreditkartenbetrug erkennen, und die Polizei nutzt KI, um Kriminelle schneller aufzuspüren. Selbst in der Kunstwelt ist KI bereits sehr beliebt.
Zwar gibt es zahlreiche Anwendungen, die positive Effekte mit sich bringen, doch die Redner wiesen auch auf die Gefahren hin, die diese Form der Automatisierung mit sich bringt. Dies liegt daran, dass KI-Systeme in hohem Maße auf große Datenmengen angewiesen sind. Je mehr Daten im System sind, desto intelligenter wird die Technologie. Es überrascht daher nicht, dass die Rede von datenhungrigen neuronalen Netzen ist.
“Der Einsatz von Systemen, die Türen nur mit Hilfe von Gesichtserkennungstechnologie öffnen, ist schnell und sicher, aber diese Technologie kann ganze Bevölkerungsgruppen aussperren, wie zum Beispiel die Uiguren in China”, argumentiert Sterling. Auch ältere Menschen haben zunehmend Schwierigkeiten, sich an die neuen Technologien anzupassen. So schafft die Anwendung gewissermaßen eine soziale Kluft. Denn was für die eine Person ein Vorteil ist, kann für eine andere ein Nachteil sein. Auf diese Weise beeinflusst die künstliche Intelligenz langsam aber sicher unsere gesamte Gesellschaft, oft ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
KI ist nicht neutral
Nehmen wir zum Beispiel eine HR-Software, die bei der Einstellung von Programmierern weibliche Bewerber ignoriert. Oder Systeme, die rassistische Tendenzen aufweisen. Dies lässt sich jedoch nicht völlig vermeiden. Schließlich sind die Daten, mit denen KI-Systeme arbeiten, ein Abbild der Realität. Und Vorurteile sind menschlich. Die KI macht sich diese so genannte Voreingenommenheit zu eigen.
“KI wird also zunehmend in einem negativen Licht gesehen”, so Sterling. “Manche nennen es deshalb eine tragische Technologie. Andere hingegen sehen mehr Möglichkeiten als je zuvor”. Die Redner vertraten beispielsweise die Ansicht, dass Unternehmen, die voll auf diese Technologie setzen, ihren Umsatz bis 2030 mindestens verdoppeln könnten. Es wird erwartet, dass Unternehmen, die KI ignorieren, rund 20 Prozent ihres durchschnittlichen Cashflows einbüßen werden.
Das gute Konzept führt zu Missbrauch
Während der Podiumsdiskussion fragten sich die Besucher, was mit ihrer Privatsphäre passieren wird, wenn sich die KI durchsetzt. Tatsächlich könnte künstliche Intelligenz sehr schnell zu einer Gesellschaft führen, in der die Privatsphäre völlig verblasst oder gar verschwunden ist. Man denke an die Gesichtserkennungssoftware in belebten Einkaufsstraßen, die in kürzester Zeit herausgefunden hat, wo Sie sich aufhalten. Oder diese eine App, der Sie den Zugriff auf die Kamera während der Hintergrundaktivität gewährt haben.
“Auf diese Weise geben wir der Technik die Möglichkeit, uns zu überwachen, ohne dass wir wissen, was mit unseren Daten geschieht”, so TU/e-Professor Wijnand IJsselsteijn. Nach Ansicht von IJsselsteijn ist diese Transparenz eine gefährliche Entwicklung: “KI ist nicht verständlich genug. Aufgrund dieses Mangels an Transparenz profitieren die großen Technologieunternehmen von all den gesammelten Daten, während niemand eine Ahnung hat, was mit diesen Daten geschieht.”
“KI kann sehr leicht missbraucht werden, wenn sie in die falschen Hände gerät.” Nach Ansicht des Professors ist es daher höchste Zeit, die KI zu regulieren. “Es ist an der Zeit, dass Gesetzgeber und Regierungen einen Schlussstrich ziehen. KI kann so zerstörerisch werden, wie wir selbst es wollen. Wie weit wir es kommen lassen, liegt vor allem an uns selbst.”