Die Entwicklungen beim Karlsruher Prothetik-Spezialisten Vincent Systems nehmen an Fahrt auf: Das Team verfehlte zwar im vergangenen Jahr ganz knapp den Sieg beim Zukunftspreis, überzeugt aber dafür aktuell mit seinem neuen Modell VINCENTevolution 3 auf ganzer Linie.
Wer sich heute auf die Suche nach validen Daten zu Kindern mit Amputationen macht, findet nur wenig konkrete Fakten zur Zahl der Betroffenen. Den meisten Menschen sind im Zusammenhang mit Amputationsverletzungen die Paralympics geläufig, bei denen Männer und Frauen mit Handicap großartige sportliche Leistungen erbringen. Doch wie (er)leben Menschen mit „kleinen“ Amputationen ihren Alltag und wie geht es dabei den Kleinsten, deren Gliedmaßen oft noch nicht für eine aufwendige Prothetik geeignet sind?
Gerade bei Kindern wurden früher beispielweise amputierte Finger durch sogenannte Schmuckprothesen ersetzt. Kinderprothesen anzufertigen war in der Vergangenheit schwierig und kostspielig, denn Kinder wachsen schnell und mit ihnen ihre Gliedmaßen. Mittel der Wahl war deshalb oft eine Schmuckprothese, die einen oder mehrere Finger und manchmal auch die gesamte Hand ersetze. Diese Maßanfertigungen glichen zwar den optischen Makel aus, besaßen aber keinerlei Funktionalität.
Das Unternehmen Vincent Systems aus Karlsruhe hat sich diesen Themen angenommen und konzipiert z. B. elektronisch gesteuerte Prothesen. Gemeinsam mit Industriepartnern und Forschungseinrichtungen entwickelten die Ingenieure eine Technologie, die sogar an kleinen Kinderhänden Großes zu leisten vermag. Das aktuelle Modell VINCENTevolution 3 ist anatomisch geformt und besitzt ein geringes Gewicht – für Kinder nahezu optimal, um die Prothese spielerisch in ihr Leben zu integrieren: die Handprothese hat nämlich sechs Motoren, die eine unabhängige Bewegung des Daumens und der restlichen Finger ermöglichen. Insgesamt kann die künstliche Hand 14 Griffe ausführen. Das Ganze haben sich die Erfinder unter dem Namen STC – englisch für Single Trigger Control – patentieren lassen. Eine App unterstützt Groß und Klein beim intuitiven Teaching der neuen Hand und macht es trotz seiner Künstlichkeit zu einem voll funktionalen Bestandteil des Körpers.
Die Erfinder der Prothesen haben ihrer künstlichen Hand eine elastische Verkleidung verpasst, die in ihrer Haptik echter Haut sehr nahe kommt. In Kombination mit dem künstlichen Tastsinn macht das ein rutschfreies und sicheres Zugreifen möglich. Hier kommen auch die nachgiebigen Bogenfedern als wichtiger Bestandteil der Fingerbewegungen ins Spiel. So macht ein Hakengriff erstmals wieder die Nutzung von Werkzeug und Co. für amputierte Menschen möglich.
Nicht zuletzt zeigt sich die innovative Entwicklung vor allem im Bereich der Beweglichkeit von Daumen und Zeigefinger sehr flexibel. Der sogenannte Pinzettengriff – eine Berührung von Daumen und Zeigefinger – ist mühelos und vor allem präzise möglich. Perfekt für den Alltag ist die moderne Prothese u. a. auch wegen ihrer Möglichkeit, beide Gelenkachsen aktiv zu öffnen und zu schließen und durch das Vibrationsfeedback, das ein sicheres Zugreifen und gleichzeitig Feedback für den Prothesenträger ermöglicht. Ein Bluetooth-Interface an der Prothese sichert zudem die drahtlose Kommunikation.
Die Liste der positiven Eigenschaften lässt sich fortführen. So sind die Karlsruher heute auch ohne Preis dank ihrer großartigen Entwicklung die Sieger der Herzen – für Groß und Klein. News über das Unternehmen finden sich hier. Wissenswertes rund um den Zukunftspreis findet sich u. a. im Deutschen Museum in München.