Während viele Autoteilezulieferer auf Elektromobilität setzen, entwickelt einer von ihnen einen emissionsfreien Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Ganz neu ist die Idee nicht. Neu ist dafür, dass sich das Startup Keyou beim Markteinstieg auf den Nutzfahrzeugbereich konzentrieren will.
Am liebsten würde Keyou die Diskussion über Motortechnologie neu aufrollen. Zu sehr ist sie ihnen momentan von Elektromobilität geprägt. Kaum verwunderlich, dass sich das junge Unternehmen mit Firmensitz in Unterschleißheim bei München das wünscht. Waren die Firmengründer Thomas Korn und Alvaro Sousa als Ingenieure vormals bei BMW beschäftigt. Korn als Entwicklungsingenieur für Wasserstoff-Fahrzeuge.
Im Jahr 2000 experimentierten die Bayerischen Motorenwerke mit Wasserstoffautos und brachten zwei Modelle in Kleinstserien auf den Markt. 2006 folgte Hydrogen7. Nur 100 Exemplare wurden damals gefertigt, wie bei Wikipedia nachzulesen ist. Erschwerend hinzu kam, dass es in Deutschland zu wenig Wasserstoff-Tankstellen gab. 2012 belief sich die Zahl auf 14, inzwischen ist sie auf 45 deutschlandweit gestiegen. Diese Anzahl haben TÜV Süd und LBST gezählt. Von einer flächendeckenden Verbreitung kann also auch weiterhin keine Rede sein.
Wasserstoff-betriebene Nutzfahrzeuge
Für Korn und Sousa ist das kein Hinderungsgrund ihr Projekt aufzugeben. Sie haben anfangs gar nicht vor, Wasserstoffmotoren in PKWs zu verbauen, sondern visieren den öffentlichen Nachverkehr und Flottenbetreiber im LKW-Verteilvekhr an. Und diese Rechnung könnte aufgehen.
„Wir brauchen kein flächendeckendes Tankstellensystem“, erklärt Jürgen Nadler, Chief Marketing Officer bei Keyou. Getankt wird nach den Vorstellungen des Unternehmens in den zentralen Busdepots der Städte oder in den Depots der Flottenbetreiber. Die dafür aber erst ausgestattet werden müssen. Nadler rechnet vor, dass eine Wasserstofftankfüllung bei einem klassischen 12-Meter-Stadtbus für eine Distanz von ca. 370 Kilometern reicht. Damit würde ein wasserstoffbetriebener Bus den täglichen Anforderungen mit etwa durchschnittlich 280 Kilometern im Stadtverkehr gerecht.
Doch im Gegensatz zu herkömmlichen Linienbussen, die laut Umweltamt etwa 103 Gramm CO² pro Kilometer ausstoßen, kann sich die Emissionsbilanz eines Linienbusses mit Wasserstoffmotor sehen lassen. Demnach belegen Tests die Emissionsfreiheit. Der Grund dafür liegt in der Kombination unterschiedlicher Verfahren und Technologien, die das Start-up zusammengefügt hat. Unter anderem ein spezielles Brennverfahren, Turboaufladung, Abgasrückführung sowie einiges mehr. Zusammen mit Luftsauerstoff verbrennt Wasserstoff emissionsfrei zu Wasser, da Wasserstoff keinen Kohlenstoff enthält.
Somit wird der Dieselmotor zum Wasserstoffmotor. Im Vergleich zu Erdgasfahrzeugen ist Wasserstoff frei von Kohlenstoff. Deswegen entsteht bei der Verbrennung kein CO² und auch keine Rußpartikel. Laut Keyou werden durch das innovative Brennverfahren Stickoxide vermieden und würden sogar die weltweit strengste Emissionsgesetzgebung ohne Abgasnachbehandlung deutlich unterschreiten. Überzeugt von dieser Technik stieg die Nagel Maschinen und Werkzeugfabrik GmbH aus Baden-Württemberg Ende 2016 als strategischer Investor in das bayerische Unternehmen ein.
Keine seltenen Rohstoffe
Im Gegensatz zu Elektromotoren kommt ein mit Wasserstoff betriebener Motor mit herkömmlichen Materialien aus. Es werden keine edlen oder seltenen Materialien verbaut, wie sie für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien, nötig sind. Dadurch würden keine Abhängigkeiten von Rohstoffen oder gar Förderländern entstehen. Auch bei der Produktion kommen laut Keyou Elektroautos schlechter weg als Verbrennungsmotoren. Dies liegt vor allem an den Batterien für Elektroautos. Bei der Herstellung werden im Vergleich zu herkömmlichen Motoren doppelt soviel Wasser und Rohstoffe benötigt. Auch Forscher, beispielsweise vom Institut für Technologie berechnen die Emissionen für die Produktion eines Elektroautos auf 110, andere kommen auf bis zu 170 Kilogramm CO² pro Kilowattstunde Kapazität.
Auch in Punkto Emissionsfreiheit beim Stromladen liegt das Elektroauto nicht unbedingt vor. Wer annimmt, dass Strom für Elektromobilität nur aus erneuerbaren Quellen kommt muss aufpassen. In Deutschland ist der Begriff Ökostrom nicht gesetzlich geschützt. Es kann sich also auch um einen Strommix aus Kohle, Öl und regenerativen Energiequellen handeln. Laut Umweltbundesamt wurde für jede im Jahr 2016 erzeugte Kilowattstunde 527 Gramm CO² ausgestoßen.
Die Argumente der Gründer für den Wasserstoff-Motor klingen plausibel, wäre da nicht die Autolobby. Sie ist momentan stark auf Elektromobilität fixiert. „Wir sprechen mit vielen Busunternehmen, Städten, Kommunen und Fahrzeugherstellern. Das Interesse ist groß, sich auf diese Technik einzulassen. Allerdings fehlt es an der Unterstützung seitens der Politik. Hier würden wir uns mehr eine technologieoffene Diskussion und keine einseitige E-Förderung wünschen“, bringt es Jürgen Nadler auf den Punkt. Hinzu kommt, dass die ersten Fahrzeuge mit Keyou-inside-Technologie für 2019/2020 geplant sind. Mancher Interessent möchte jedoch nicht warten.
Fotos: Keyou und Pexels