Department of Aeronautics, 10 x 5 Wind Tunnel, © Dave Guttridge, Imperial College London
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Echte Windkanäle sind teuer. Und auch die maßstabgetreuen Modelle der Objekte, die auf ihren Windwiderstand hin getestet werden, sind teuer. In der Formel 1 hat daher der Computer nicht nur das gute, alte Zeichenbrett zum Design der Boliden schon seit Langem abgelöst. Die Teams zählen auch immer mehr auf CDF-Simulationen (Computational fluid dynamics) anstatt auf aufwändige Tests in physischen Windkanälen. Diese Entwicklung könnte nun bald auch bei der Konstruktion von Autos, Schiffen und auch Flugzeugen Einzug halten.

Abgesehen von den weit geringeren Kosten im Vergleich zu physischen Windkanälen, hat die digitale Darstellung der Strömungsverhältnisse einen weiteren, großen Vorteil: Digitale Simulationen sind detailgenauer und liefern die Daten schneller als physische Windkanal-Experimente. Ein Team von Wissenschaftlern aus Großbritannien, den USA, Japan, Kanada und Deutschland hat jetzt gezeigt, wie man Flugzeuge mit Hilfe von digitalen Windkanälen effizienter und sparsamer zu machen könnte.

Für den Anfang: Design von Turbinenschaufeln für Düsentriebwerke

Momentan werden Triebwerksturbinen mit einer Kombination aus RANS-Simulationen (Reynolds Averaged Navier Stokes) und Tests im Windkanal entworfen. Dabei versucht man mit den RANS-Simulationen, das Verhalten der turbulenten Strömung mit Hilfe von Näherungsmodellen zu erfassen. Die Genauigkeit dieser Simulationen lässt jedoch zu wünschen übrig, besonders bei instationären Strömungen. Reale Windkanaltests sind zudem nicht nur kostspielig, sondern auch zeitaufwendig und liefern oft nur begrenzte Daten.

Daher rücken die direkten numerischen Simulationen immer mehr in den Vordergrund, da sie genauer sind und alle Aspekte der turbulenten Strömungsphysik direkt erfassen. So werden auch ohne Windkanaltests genaue Vorhersagen möglich. Bei ihrer Studie konzentrierten sich die Forscher darauf, das Design von Turbinenschaufeln für Düsentriebwerke zu optimieren und dadurch größere Gewichtseinsparungen zu erzielen. So könnte der Treibstoffverbrauch der Flugzeuge gesenkt werden und gleichzeitig auch die klimaschädlichen Emissionen.

Zahlreiche Anwendungsgebiete möglich

“Unsere Simulationen sind aus mehreren Gründen aufregend”, sagt der Hauptautor in der Zeitschrift Computers & Fluids veröffentlichten Arbeit, Professor Peter Vincent vom Imperial’s Department of Aeronautics. “Erstens liefern sie uns genauere und detailliertere Daten, so dass wir viel über die zugrundeliegende Strömungsphysik lernen und sie möglicherweise nutzen können, um neue Turbulenzmodelle mit Hilfe von Ansätzen des maschinellen Lernens zu trainieren.”

Zweitens könnte man mit den Fortschritten in der Computer-Hardware die Daten vielleicht bald schneller und kostengünstiger erfassen als bei physischen Windkanalversuchen. “Auch wenn digitale Windkanaltests physische Windkanäle erst in einigen Jahren ersetzen werden, deutet unsere Studie darauf hin, dass sie jetzt eine reale Möglichkeit sind”, so Vincent.

Während es bei der aktuellen Studie speziell um Tests von Turbinenschaufeln von Düsentriebwerken ging, könnten die Ergebnisse auch auf viele andere Bereiche, wie die Konstruktion von U-Booten, Autos, Hochhäusern und Windturbinen nützlich sein. Noch testen die Ingenieure hier in Windkanälen. “Zu den Anwendungen, die über Turbomaschinen hinausgehen, gehören die Bereiche Schifffahrt, Automobil und grüne Energie, wo wir hoffen, dass die Technologie in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle spielen wird”, erklärt Professor Vincent. Diese digitalen Windkanäle könnten sowohl Kosten reduzieren als auch zu verbesserten Designs führen.

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