Navigation und Interaktion im virtuellen Labor sind via Controller möglich. (c) TU Graz
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Johanna Pirker von der TU Graz hat eine Lernumgebung in der virtuellen Realität entwickelt. Mit dieser möchte sie Schüler motivieren und ihnen Konzentration und Fokussierung ermöglichen. Die Technologie wird gemeinsam mit der Zielgruppe entwickelt und soll schon bald an lokalen Schulen getestet werden.

„Virtual Reality ist nicht neu, aber seit Oculus, HTC Vive und Smartphone ist die Technologie greifbar, leistbar und nutzbar“, erklärt Pirker. Es war die Zugänglichkeit der Technologie, an der sie ansetzte, als sie im Rahmen ihres Doktorats am Institut für Interaktive Systeme und Datenwissenschaft eine Lernumgebung in der virtuellen Realität für ein Physiklabor entwickelte. Pirker arbeitete in einem Team von etwa 25 Studierenden unter Aufsicht von Christian Gütl von der TU Graz und John Belcher vom MIT (Massachusetts Institute of Technology).

Physiklabor

Pirkers Forschungsinteresse an technologie-gestützten Lernumgebungen begann schon mit ihrer Masterarbeit 2013, in der sie an Belchers Arbeit anknüpfte. Der Wissenschafter realisierte im Jahr 2000 ein Physiklabor, das eine neue Lernsituation ermöglicht. Dieses war in Dreiergruppen mit Studierenden unterschiedlichen Wissensniveaus organisiert. Bei Bedarf wurden diese durch einen Lehrenden, Computer sowie Tafeln und Projektoren unterstützt. Das Projekt lief unter dem Titel TEAL (Technology Enabled Active Learning) und zeigte, dass Studierende in dieser Lernumgebung eigenständiger und besser lernen konnten. Johanna Pirker nahm diese Idee in ihrer Masterarbeit auf und übertrug TEAL in eine Software für virtuell kooperative Physik-Experimente.

Gamification

2017, als sie mit ihrer Doktorarbeit begann, setzte sie die inzwischen veraltete Software neu auf. Sie verwendete Unity Game Engine, eine Laufzeit- und Entwicklungsumgebung für Spiele, um eine bessere Leistung und die Möglichkeit der Gamification zu erreichen. Aber erst als das erste erschwingliche Virtual Reality Headset Oculus Rift Development Kit auf den Markt kam, nahm ihre Vision von einer motivierenden, Konzentration und Fokus fördernden, virtuellen Lernumgebung Formen an. Ergebnis ihrer Arbeit war ein System aus verschiedenen Komponenten, das im Virtual Reality-Headset, im Webbrowser und mobil anwendbar ist. Die neue und zukunftsweisende Variante ortet sie allerdings in der mobilen Anwendung.

 

 

Erweiterte Labor-Funktionen

Die Technologie basiert auf zu erstellenden Modulen, welche die Lerninhalte transportieren – und in die Lernumgebung in der virtuellen Realität geladen werden können. Ist dies erfolgt, wird der Nutzer in die virtuelle Realität teleportiert und steht in Form eines Avatars in einem Labor-Setting und hat Zugriff auf die zuvor gewählten Module. Navigation und Interaktion erfolgen mit dem Virtual Reality-Set.

„Die Lernumgebung in der virtuellen Realität eignet sich für alle Experimente, die sonst zu teuer, zu gefährlich oder zu komplex wären“, erklärt die Forscherin. Außerdem sind Dinge zu sehen, die sonst in Experimenten nicht zu sehen sind, wie etwa Magnetfeldlinien.

Der Game-Charakter wurde in mehreren Aspekten realisiert – und auf das Alter der Nutzer abgestimmt. Zum Beispiel gibt es einen kleinen Roboter, der mit dem Nutzer interagiert und Tutorials gibt.

Konzentration

Einen entscheidenden Vorteil der Lernumgebung in der virtuellen Realität sieht Pirker in der Ermöglichung von Konzentration und Fokussierung. Diese Eigenschaften entsprechen der Generation Z – den zwischen 1995 und 2010 Geborenen – die mit dem Smartphone aufgewachsen sind. Durch die Nachrichtenflut, welche das Smartphone gebracht hat, verfügt diese über eine geringe Aufmerksamkeitsspanne. Virtual Reality bietet die Möglichkeit des Eintauchens in die Lernumgebung und dadurch eine konzentrierte Lernumgebung – ohne äußere Ablenkung.

„Bei Virtual Reality wird die reale Welt durch jegliche gewünschte, virtuelle Welt komplett ersetzt – das Maß der Stimuli, die auf die Lernenden einwirken, ist also steuerbar“, betont Pirker.

Die erste Testphase an lokalen Schulen startet in Kürze. Wie Pirker anmerkt, werde das Produkt permanent weiterentwickelt und wolle man dieses mit der Zielgruppe entwickeln – um die Anforderungen an die Technologie kennenzulernen.

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