Eine Wohnung in Berlin, vier WG-Bewohner, ein YouTube-Kanal, viele nachhaltige Ideen und kein Konzept – so ließe sich das Projekt „Lass ma‘ nachhaltig“ kurz beschreiben. Klingt nicht spektakulär? Ist es aber. Denn dahinter steckt ein innovatives Unternehmen, das Nachhaltigkeit und Recycling einem breiten Publikum näherbringen will und dazu die unkonventionelle Idee eines seiner Mitarbeiter unterstützt und sponsert.
Die Akteure der Startphase
Wenn sich Unternehmen auf Social-Media-Kanälen präsentieren, geschieht dies in der Regel mit der Absicht, den Bekanntheitsgrad zu steigern. Einen völlig anderen Ansatz aber hat die Alba Group gewählt. Das Unternehmen agiert am Markt im Bereich Abfallwirtschaft. Es sponsert die Idee des Mitarbeiters Sascha Meißner, Innovation und Digital Transformation Manager.
Wie alles kam
Meißners Idee: Er will nachhaltiges Handeln im Alltag einem breiten Publikum nahbringen – ohne erhobenen Zeigefinger. Seine Affinität zu YouTube kommt ihm dabei zugute. Da war es naheliegend, diesen Kanal als Plattform zu nutzen. Obwohl es kein konkretes Konzept für die Realisierung gab, ließ ihn die Idee nicht mehr los. „Es wäre total cool, so eine Geschichte zu erzählen“, schoss es ihm immer wieder durch den Kopf. Eine Wohngemeinschaft in Berlin, die auf einem YouTube-Kanal zeigt, wie Nachhaltigkeit im Alltag funktioniert. Angefangen beim Möbelbau, der Einrichtung, über Mülltrennung, Recycling, Plastikvermeidung über Reinigung und vielen, vielen Themen mehr. Aber, ohne dem Publikum, ein schlechtes Gewissen zu machen.
Das Thema
Der Gedanke ließ ihn nicht mehr los. Bis er anfing mit seinem Arbeitgeber, der Alba Group darüber zu sprechen. Und die zeigte sich alles andere als ablehnend gegenüber dem Vorhaben seines Mitarbeiters. Natürlich wurde im Unternehmen viel darüber diskutiert, gesprochen und abgewogen. Aber Alba gefiel der Gedanke, nachhaltiges Agieren in einer WG mit Menschen aufzuzeigen, die eigentlich keine Ahnung davon hatten. Denn das war die Grundlage von Meißners Idee. „Wir wollen Recycling und Nachhaltigkeit auf eine frische Art vermitteln, was wir nicht wollen ist einen theoretischen Apparat.“
Freiheit
Schnell war der Name „Lass ma‘ nachhaltig“ für das Projekt gefunden. Aber anstatt mit einem ausgeklügelten Konzept die Sache anzugehen, die Inhalte der Videos zu planen und werbewirksam umzusetzen, bekam Meißner nur eine einzige Vorgabe: Nämlich nichts. „Damit haben wir ein Riesenglück, denn welches Unternehmen gibt einem eine völlige Freiheit“, erklärt Meißner. Ein bis ins Detail ausgeklügeltes Konzept gibt es nicht, nur eine grobe Richtung. Alles erarbeiten sich die Bewohner nach und nach. Im Klartext heißt das, Alba sponsert eine Wohnung für eine WG und unterstützt dort Menschen beim nachhaltigen Alltagsleben. Die Projektlaufzeit läuft im ersten Schritt ein Jahr mit Option auf Verlängerung.
Die Bewohner
Um die passenden Bewohner für die WG zu finden, hat sich Meißner erst einmal in seinem Freundeskreis umgeschaut. Schließlich suchte er nach Menschen, die sich mit nachhaltigem Leben noch nicht beschäftigt hatten. Auch mit Do it yourself (DIY) nicht, aber kameraaffin sind und einfach viel Spaß an Lass ma‘ nachhaltig haben. Einzige Voraussetzung: Es sollte einer dabei sein, der mit YouTube und Filmschnitt umgehen kann. Denn die gesamte Produktion der Videos soll von den WG-Bewohnern möglichst professionell realisiert werden.
Meißner wurde schnell fündig. Als Erster wurde Franz in die WG aufgenommen. Er ist für die Videoproduktion zuständig und deshalb meistens hinter der Kamera als davor zu sehen. Schließlich stießen noch Caro und Jana dazu, die bereits für den Initiator, die Alba Group, tätig waren. Sie sind neben Sascha Meißner am häufigsten vor der Kamera zusehen. Und sorgen mit ihrer erfrischenden Art nicht nur für den nötigen Fun-Faktor, sondern zeigen auch wie DIY funktioniert, oder manchmal eben auch nicht. Übrigens zeigen die Outtakes auf dem YouTube-Kanal Lass ma‘ nachhaltig, was alles so schief gehen kann.
Infogehalt
Aber es geht nicht nur um Unterhaltung. Interviews mit Nachhaltigkeitsspezialisten und handfeste Alltagstipps beleuchten nachhaltiges Leben auch von seiner ernsten Seite. Wer dennoch den erhobenen Zeigefinger sucht, sucht vergeblich. Sascha, Franz, Caro und Jana gelingt es, trotz ernster Themen, den Zuschauer mitzureißen, ohne dass sich das schlechte Gewissen meldet. Ganz einfach informativ und sympathisch. Der YouTube-Kanal wird also immer mehr zum Infotainment-Channel in Sachen Nachhaltigkeit.
Learning by doing
Klar gibt es bereits viele Blogs, Magazine und Websites, die Tipps für ein nachhaltiges Leben geben. Viele gehen dabei sehr ins Detail und erklären, warum die Bambuszahnbürste super ist und wie aus Roggenmehl Haarshampoo gemacht wird, erklärt Sascha. Genau das wollte er eben nicht. Er ist nicht nur Ideengeber des Formats, sondern auch der erste dauerhafte Bewohner der Lass ma‘ nachhaltig WG in Berlin. Aber belehrend den Nachhaltigkeitsgedanken rüberzubringen ist nicht sein Ding. Vielmehr setzt der WG-Papa auf Unterhaltung und Authentizität. „Wir wollen eine Geschichte erzählen, aber eben nicht belehren. Deswegen haben wir uns Leute gesucht, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben“, erklärt er salopp. Die Idee dabei ist: Learning by doing. „Wir wollen Recycling und Nachhaltigkeit auf eine frische Art vermitteln, Stück für Stück.“
Der Einzug
Anstatt mit dem Möbelwagen vorzufahren, um die WG-Räume gemütlich einzurichten, heißt‘s: Mit geringen und umweltfreundlichen Mitteln, Möbel selbst herstellen. Ausprobieren, wie das funktioniert. Do it yourself (DIY) lautet die Devise. Und das hat so seine Tücken. Wenn der Akkuschrauber nicht so schraubt, wie er soll, die Schrauben, sich weigern, festzusitzen, oder Holz einfach mal störrisch wird. Was dabei rauskommt, gibt’s auf YouTube zu sehen.
Wie geht’s weiter?
Sascha ist momentan der einzige dauerhafte WG-Bewohner. Caro und Jana wohnen dort vorerst nur tageweise, da sie zusätzlich mit Studium und Job beschäftigt sind. Franz ist vor allem in Sachen Videoproduktion aktiv, und dementsprechend häufig in der WG anzutreffen. Um die Wohngemeinschaft aber wirklich zu beleben, werden ab Frühjahr 2019 zwei weitere WG-Bewohner gesucht. Mit einem Vorstellungsvideo können sich interessierte WG-Bewohner bewerben. Einzige Voraussetzung – sie sollen ihr nachhaltiges Agieren im Alltag vor der Kamera authentisch zeigen. Dafür können sie dort für ein Jahr kostenfrei wohnen. „Bevor es aber mit der Suche losgeht, müssen wir noch einige rechtliche Dinge klären“, sagt Sascha. Denn schließlich soll Lass ma‘ nachhaltig für alle passen.
Fazit:
Es ist erfrischend innovativ, wenn ein etabliertes Unternehmen wie die Alba Group ihren Mitarbeitern so viel Freiraum einräumt. Das ist für ein im deutschen Markt agierendes Großunternehmen durchaus ein ungewöhnlicher Schritt. Vor allem, wenn ein Projekt wie Lass ma‘ nachhaltig von herkömmlichen Kommunikationswegen abweicht und sich dies zu etablieren scheint. Manchmal sind es eben unkonventionelle Ideen, die ein hohes Erfolgspotenzial mitbringen.
Fotos: Lass ma‘ nachhaltig