Schon 2013 war Christian Flechl klar: E-Mobilität ist die Zukunft. Was ihn aber störte, war das umständliche Laden. In einer Zeit in der alles kontaktlos wurde, schien ihm das ständige Hantieren an der Ladestation mit dem Kabel nicht mehr zeitgemäß. Gemeinsam mit Automobilherstellern entwickelte er ein automatisiertes und interoperables Ladesystem.
Volterio setzt im Gegensatz zu anderen Technologien auf ein neuartiges Kontaktierungssystem. Es verbindet das Basismodul mit einem Roboterarm automatisch mit der Fahrzeugeinheit (engl.: Vehicle Unit), die sich unter dem E-Auto befindet. Das Lademodul ist am Boden des Parkplatzes verankert. Da das Ladesystem konduktiv arbeitet, stellt es eine direkte Verbindung zwischen Bodenmodul und Fahrzeugeinheit her.
Christian Flechl erklärt im Interview hat im Interview mit Innovation Origins, wie seine Ladestation funktioniert und wie es mit Volerio weitergeht.
Was waren die Anfänge von Volterio?
Die Idee ist im Studium an der TU Graz entstanden. Dort habe ich mich mit der Netzintegration der E-Mobilität und den Auswirkungen auf das Niederspannungsnetz beschäftigt. Mit automatisiertem Laden hat das zwar nicht wirklich etwas zu tun. Aber schon damals, 2013, zeigte sich, dass E-Mobilität die Zukunft ist. Biotreibstoff und Wasserstoff machten ökonomisch und ökologisch keinen Sinn. Im gleiche Jahr wurde der Ladestecker EU-weite standardisiert.
Bereits damals arbeiteten große Unternehmen intensiv an einem induktiven Ladesystem, das nur ein Ladepad hat. Es hieß, das Produkt sei serienreif. Aber ich hatte meine Zweifel. Die Ladeleistung war gering und das E-Auto musste direkt über dem Pad stehen. Außerdem entwickelte sich beim Ladevorgang ein starkes elektromagnetisches Feld. Das ist gefährlich, wenn sich zum Beispiel eine Katze oder ein Metallgegenstand zwischen Basisstation und Fahrzeugeinheit befindet. Problematisch war auch der große Bauraum, der einer Interoperabilität entgegenstand.
Tatsächlich ist das induktive Ladesystem in der E-Mobilität bis heute ineffizient. BMW ist der einzige Hersteller, der es führt – und das nur für ein einziges Serienmodell (530e). Zudem fehlt eine Standardisierung.
Wie haben Sie das Problem gelöst?
Bisher scheiterte es an einer erschwinglichen Robotik, dass der Kabelstecker für Menschen optimiert ist – und nicht für Roboter. Der Ansteckvorgang benötigt eine bis zu sechsachsige Bewegung. Er muss sich neigen und drehen können. Für den Roboter ist es aufwändig und kompliziert, die Position genau zu erfassen.
Gleichzeitig macht ein normaler Ladestecker mit Pins für automatisierte Verbindungen keinen Sinn. Denn er ist nicht auf die Bedürfnisse einer Robotik optimiert. Deshalb hat unser Stecker keine Pins und kann sich selbst zentrieren. Unser Ladesystem bildet den standardisierten Stecker funktionell nach – hat allerdings eine neue Geometrie.
Wie konnten Sie die Idee umsetzen?
Die beiden Schlüsselpatente hatte ich schon 2015 angemeldet. Ein Jahr nach Gründung ist dann ein führender Automobilhersteller auf uns zugekommen. Mittlerweile sind es zehn Automobilhersteller, die mit uns kooperieren. Alle haben das gleiche Ziel: Ein interoperables Ladesystem anzubieten mit so wenig Bauraum und Komplexität im Fahrzeug wie möglich. Damit die Fahrzeugeinheit in unterschiedliche Fahrzeugtypen passt, ist die am kleinsten mögliche Lösung nötig.
Unser Ladesystem ist kompakt und kostengünstig. Wir wollen es zum weltweiten Standard in der E-Mobilität machen. Gemeinsam wissen wir, wie man in diesem Bereich forscht. Mit Abstand sind wir weltweit Technologieführer. Als Start-up allein wäre das unmöglich gewesen.
Das klingt, als sei das ganz einfach gewesen?
Entscheidend war, einen Automobilhersteller zu finden, der an die Lösung glaubt und sie mit uns weiterentwickelt. Wir haben uns nie um einen Kontakt bemüht. Alle Automobilhersteller sind auf uns zugekommen. Dadurch haben wir eine große Allianz, die uns unterstützt. Entscheidend war auch das Timing. Drei Jahre früher wäre die Idee verraucht. Drei Jahre später wäre der Zug abgefahren gewesen. Das zeigt sich auch jetzt in den Normierungsverfahren.
Wie schwer war es, eine Finanzierung zu bekommen?
Wir haben bis heute keinen Investor gebraucht und finanzieren uns hauptsächlich durch echte Umsätze aus Pilotsystemen. Schon ein Jahr nach Gründung haben wir sechsstellige Umsätze gemacht. Heute kooperieren wir mit einigen der führenden Automobilhersteller aus Europa, Amerika und Asien.
Wie geht es jetzt weiter?
Durch das laufende Standardisierungsverfahren entscheidet sich jetzt gerade sehr viel. In zwei bis drei Jahren sollte sich der Standard gefestigt haben. Dann geht es um die Skalierung. Danach sollte es nicht mehr lang dauern, bis unser Ladesystem bei verschiedenen Automobilherstellern am Markt ist.
Als Start-up könnten wir die Industrialisierung des Systems unmöglich selbst finanzieren. Deshalb vergeben wir die Technologie als Lizenz. Dazu kooperieren wir mit Originalausrüstungsherstellern (OEM) sowie deren Zulieferer. Der Wert von Volterio besteht aus einer Reihe von Patenten, die nur schwer zu umgehen sind.
Unsere aktuelle Lösung ist auf die Nutzung in Garagen und an Plätzen ohne Installationsaufwand ausgerichtet. Aber wir stehen wenige Monate vor der Präsentation der zweiten Version. Sie ist auf den Einsatz im öffentlichen Raum fokussiert und lässt sich vollständig im Boden versenken. Die ideale Ladestation ist unsichtbar. So können wir jeden Anwendungsfall abdecken.
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Foto: Die Abbildung zeigt die Größe des Ladesystems und die Positionierung der Fahrzeugeinheit.