Kreislaufwirtschaft basiert auf recyclingfähigen Materialien und modularem Design, das reparieren, nachrüsten und erweitern ermöglicht. (c) TU Wien
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Schnell aufbauen und dann wieder abreißen – auch in der Bau- und Möbelindustrie sind kurze Lebenszyklen noch gang und gäbe. Dabei werden wertvolle Ressourcen verschwendet und enorme Mengen an Abfall und Emissionen erzeugt. Die umweltfreundliche Alternative ist Kreislaufwirtschaft.

In der Bau- und Möbelindustrie gibt es viel Optimierungsbedarf, sagt Rainer Pamminger vom Ecodesign-Team am Institut für Konstruktionswissenschaften und Produktentwicklung an der TU Wien. Das Team wurde 1996 gegründet und widmet seine Forschung dem ökologischen Design. Mit Perspektive auf den gesamten Produktlebenszyklus sollen geeignete Strategien für die Kreislaufwirtschaft entwickelt werden.

Unter Kreislaufwirtschaft versteht man die Wiederverwertung, Reparatur, Wiederaufbereitung und das Recycling bestehender Materialien und Produkte. Laut Europäischer Kommission (2014) sollen zukünftig

  • alle Ressourcen effizienter im Verlauf ihrer Lebensdauer genutzt werden;
  • Abfall als Ressource verwendet werden;

 

Ganzheitlicher Ansatz

Ein stärker kreislauforientiertes Vorgehen lässt sich nicht über einzelne Aktivitäten erreichen, sondern erfordert Veränderungsprozesse im gesamten Produktlebenszyklus. Deshalb geht es im gesamtheitlichen Ansatz des Ecodesign-Teams nicht nur um Produkte sondern auch um Dienstleistungen.

Allerdings sind siebzig bis achtzig Prozent des Umwelteinflusses designbedingt.

Dazu Pamminger: “Bei uns geht es beispielsweise um die Frage, wie schon bei der Produktgestaltung auf Nachhaltigkeit geachtet werden kann, etwa indem man Geräte modular aufbaut, sodass man sie reparieren, nachrüsten und erweitern kann, oder indem man nachhaltige Materialien auswählt.“

Als Beispiel nennt er ein Smartphone, das man wegwerfen muss, weil eine einzige Komponente kaputt geht. Anzustreben sind modular aufgebaute Geräte, die  nach einer möglichst langen Lebensdauer effizient recycelt werden können.

Katch-e

Seit 2017 ist Ecodesign am Forschungsprojekt katch-e beteiligt, das vom Erasmus+ Programme der Europäischen Union kofinanziert wird. Ziel ist die Entwicklung eines Lehrplans für Kreislaufwirtschaft in der Bau- und Möbelindustrie. Dieser soll an Universitäten und Fachhochschulen Anwendung finden. Um ein möglichst praktikables und zielgruppengerechtes Ergebnis zu erhalten, wurde eine Wissensallianz gebildet, an der auch Unternehmen beteiligt sind.

Zentrale Ziele des EU-Maßnahmenpakets sind:

  • die Förderung von ökologischem Design zugunsten der Langlebigkeit von Produkten;
  • die Optimierung des Abfallmanagements im Hinblick auf Recyclingquoten;

Recycling

Das Schließen von Kreisläufen wird durch Recycling ermöglicht. Wird Abfall zur Ressource, bleiben neue Rohstoffe unangetastet. Es kommt zu einer Schließung der Ressourcenkreisläufe.

Die Recyclingfähigkeit von Produkten bezieht sich vorwiegend auf die verwendeten Materialien. Werden in Produkten verschiedene Materialien verwendet, so sollen diese leicht auseinanderzunehmen sein, um ein rentables Recycling zu ermöglichen. Dieses Prinzip nennt man bei Ecodesign modulares Design.

Langlebigkeit

Die geforderte Langlebigkeit soll den Ressourcenfluss verlangsamen. Wenn Produkte länger genutzt werden, muss weniger produziert werden. Also kommt es  zu einer Schmälerung der Ressourcenflüsse. Das ökologische Design ist gefordert, zeitlose Produkte zu schaffen, die doch voll den zeitgenössischen Nutzerprofilen entsprechen.

Langlebige Produkte sind durch Robustheit und leichte Wart- und Reparierbarkeit charakterisiert. Leichte Reparierbarkeit impliziert das einfache Austauschen von Verschleißteilen. Wieder ist es das modulare Design, welches das ermöglicht – und darüberhinaus auch die Anpassung an neue Technologien oder einen Komponenten-upgrade.

Ressourcenschonende Dienstleistungen

Durch die Verlängerung des Produktlebenszyklus wird der Ressourcenstrom verlangsamt. Gleichzeitig sind neue Services gefordert. Im Ecodesign Team spricht man von ressourcenschonenden Produktdienstleistungen. Dazu zählen:

  • Wartung, Reparatur und Rückgabelogistik
  • Miete, Leasing oder Second Hand
  • Dienstleistungen, bei denen der Kunde das Produkt nur mehr indirekt nutzt (zum Beispiel Wäscheservice)

 

Ecodesign ist Co-Organisator des Workshops Bauen und Wohnen in der Kreislaufwirtschaft, der am Mittwoch, den 27. Februar 2017 in Graz abgehalten wird. Zielpublikum sind Architekten, Designer und Unternehmer in der Bau- und Möbelindustrie. Neben einer Reihe von Sprechern wird auch Rainer Pamminger zu hören sein. Das Thema: Kreislauffähiges Design – Lebenszyklusdenken und Werterhalt entlang des Lebenszyklus. Anhand des Value Hill-Modells wird er die Kreislaufwirtschaft aus Unternehmensperspektive und verschiedene Geschäftsmodelle behandeln. Das Value Hill-Modell zeigt eine Gegenüberstellung von linearer und Kreislauf-Wirtschaft.

Teil des Workshops ist auch die Besichtigung der lokalen Reininghausgründe. Es handelt sich um den Rückbau eines ehemaligen Brauerei-Areals und die größte Kreislaufwirtschafts-Baustelle Österreichs, das sich über 52 Hektar erstreckt.

 

Kreislaufwirtschaft basiert auf recyclingfähigen Materialien und modularem Design, das reparieren, nachrüsten und erweitern ermöglicht. (c) TU Wien

 

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