Im Sommer haben die Menschen in Deutschland im Allgemeinen nur eine Wahl, wenn sie wollen, dass ihr Zuhause sich nicht allzu sehr aufheizt: Vorhänge zu, damit die Sonne nicht ins Zimmer scheint und für Saunatemperaturen sorgt. Bei den aktuellen Rekordtemperaturen hilft aber auch das nur bedingt, und während Klimaanlagen in den USA Gang und Gäbe sind, sind sie in Deutschland und ganz Europa noch immer die Ausnahme.
In Zeiten des Klimawandels und der globalen Erderwärmung ist es aber absehbar, dass die Sommer auch weiterhin immer heißer werden und Klimaanlagen nicht nur in Geschäften und Bürogebäuden keine schlechte Idee wären. Diese haben allerdings zwei entscheidende Nachteile: Sie verbrauchen erstens viel Strom und sind somit sehr kostenintensiv, zweitens brauchen sie im Regelfall auch klimaschädliche Kühlmittel.
Hitze zu Schallwelle zu Kälte
Dem niederländischen Start-up SoundEnergy ist es nun gelungen, eine Klimaanlage zu erfinden, die weder Strom noch Kühlmittel benötigt. Anstatt mit den üblicherweise verwendeten Kühlmittel arbeitet das THEAC-25 nämlich mit Argon, einem Gas, das leicht verfügbar ist, weil es etwa 0,94% unserer Atmosphäre ausmacht. Außerdem ist Argon klimaneutral, da es kein Treibhauspotenzial hat.
Das THEAC-25 wandelt mit Hilfe der Thermoakustik Hitze in Kälte um. Vereinfacht gesagt geschieht das, indem die Einspeisung von Wärme in die eine Seite des THEAC-25 zu einer Kälteleistung von 25 kW auf der anderen Seite führt und so die Erzeugung von Kaltluft oder Kaltwasser ermöglicht. Die Kälteleistung des THEAC-25 kann Temperaturen bis zu -25°C erreichen.
Das Zauberwort sei Thermodynamik, erklärt SoundEnergy CEO und Mitbegründer Herbert Berkhout. „Das Prinzip basiert auf folgendem Fakt: Wenn man Gas in einem geschlossenen System erhitzt, dehnen sich die Gaspartikel und somit auch das Gas aus. Das bedeutet aber noch nicht, dass man eine Schallwelle hat. Die sind das Gas, das sich bewegt. Was wir machen ist, dass wir das Gas auf der einen Seite auf 260°C aufheizen, während die Raumtemperatur 20 Grad beträgt. Der Temperaturunterschied von 140 Grad, der sogenannte Temperaturgradient, produziert dann die Schallwelle.“
Diese entstehe dadurch, dass sich die Gaspartikel ausdehnen, während sie sich aufheizen. „Sie zittern und wackeln und bewegen sich dadurch auf linke, kalte Seite, wodurch sie dann wieder schrumpfen“, führt Berkhout aus. Die Technologie ist im Prinzip die eines Stirlingmotors. Für diesen Prozess ist keine externe Stromquelle erforderlich und auch keine Chemikalien.
Wie das Kühlsystem im Auto
„In Hitze ist Energie, ebenso wie in Elektrizität Energie ist und wie Energie in einem Wasserfall ist, der vom Berg kommt“, betont der Wissenschaftler. Das Ganze sei vergleichbar mit dem Kühler eines Autos, in den der Fahrtwind strömt und somit Kühlung zum Motor bringt. „Der Motor heizt sich während der Fahrt auf. Die vielleicht 130 Grad heiße Luft wird dann durch die kalte Luft aus dem Kühler wieder runtergekühlt.“ Da das THEAC-25 sich nicht bewegt und somit keinen „Fahrtwind“ bekommt, muss die Luft auf andere Weise gekühlt werden und das geschehe eben durch die Schallwelle.
Da das System auch ohne mechanische bewegliche Teile arbeitet, ist es wartungsfrei – und leise. Bei einer Lebensdauer von bis zu 30 Jahren benötigt es nach Angaben der Erfinder lediglich eine jährliche Inspektion.
Hohe Anschaffungskosten – geringe Betriebskosten
Nachdem das THEAC-25 keine externe Stromquelle, kein Kühlmittel und keine regelmäßige Wartung benötigt, sind die laufenden Kosten natürlich weitaus geringer als bei herkömmlichen Klimaanlagen. Zusätzlich kann es dank eines integrierten Systems sowohl für die Kühlung als auch für die Heizung genutzt werden. Und der Kunde hat zwei Optionen, woher er die Hitze für das System beziehen will.
„THEAC-25 nutzt zum Beispiel die Abwärme vorhandener Anlagen, es kann aber auch die Wärme nutzen, die von VTC-Panels erzeugt wird“, sagt Berkhout. Je nach geografischer Lage könnten die VTC-Panels auch im Herbst und Winter zur Versorgung der Heizungsanlage genutzt werden. In vielen Fällen könnte ein zusätzlicher Speicherpuffer sogar genügend Energie liefern, um das Gebäude vollständig vom Gasnetz zu nehmen und eine 100% CO2-freie Klimatisierung zu erreichen.
Der große Minuspunkt der neuartigen Klimaanlage ist aktuell jedoch noch der recht hohe Anschaffungspreis von 45.000 bis 50.000 Euro. Das macht sie somit in erster Linie für Betreiber von Hotels, Bürogebäuden, Schulen, Kreuzfahrtschiffen und allgemein für kommerzielle Anwender rentabel, die ihre CO2-Bilanz verbessern wollen. Für den privaten Bedarf sei das aktuelle System aber sowohl zu groß als auch zu stark, so Berkhout. „Wir können 25 Kilowatt an Kühlung liefern und das braucht niemand in seinem Haus. Das ist viel zu viel.“ Deshalb arbeitet man in Enschede aktuell an einer 10-Kilowatt-Anlage und für die Zukunft ist auch eine 5-Kilowatt-Anlage geplant. „Diese wird dann auch preislich günstig genug sein, um mit herkömmlichen Anlagen konkurrieren zu können.“