Die Verkäufe von Elektrofahrzeugen boomen. Sowohl in Europa als auch Deutschland. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist der deutsche Markt für Elektromobilität inzwischen nach Stückzahlen der wichtigste Markt in Europa geworden.
Einen nicht unerheblichen Anteil daran hatten die staatlichen Subventionen, initiiert durch die abgewählte Große Koalition. Vor allem der Umweltbonus versüßte den Konsumenten den Umstieg – bis, ja bis Anfang 2022 die Lieferketten- und Chipkrise anfing, ein noch besseres Ergebnis zu verhageln.
Ukraine-Überfall und Energiekrise
Zudem beginnt die Energiekrise, ausgelöst durch den russischen Überfall auf die Ukraine, die Prioritäten deutscher Verbraucher neu auszurichten. Das neue Automobil, wenn möglich elektrisch, rutscht plötzlich einige Prioritätsstufen weiter nach hinten. Bei einer erwarteten Verdoppelung oder Verdreifachung der Heizkosten (Gas), wird es für viele – auch in der Mittelschicht – sehr eng werden.
Umweltboni sinken 2023
2022 werden noch die vollen Umweltboni bezahlt. Das ist vor allem für günstigere Fahrzeuge von Vorteil. So kostet ein VW e-up! zuletzt 26.895 Euro, nach Abzug der Umweltboni blieben nur noch rund 14.000 Euro übrig. Kein Wunder, dass der Stromer, solange lieferbar, die Top-Ten in Deutschland anführte. Inzwischen wurde er aus dem Programm genommen.
Nivellierung der Preise
Durch die Umweltboni konnten die hohen Preise der Elektrofahrzeuge teilweise kompensiert werden. Denn tatsächlich kosten die Stromer in der Anschaffung weit mehr, als vergleichbare Verbrenner. Ein Kia Nio Hybrid beispielsweise schlägt mit 30.690 Euro immerhin rund 17.000 (!) Euro weniger zu Buche, als das rein elektrische Pendant.
Ab 2023 wird es noch schwieriger, ab 2024 bitter
Wer seine Anschaffung noch 2022 tätigen will, um die hohen Boni mitzunehmen, hat ganz schlechte Karten, denn die Lieferfähigkeit der Fahrzeuge ist schlechter denn je. Wer nicht im Januar bestellt hatte, dürfte bei den meisten Modellen nur mit viel Glück noch bis Ende 2022 beliefert werden. Kommt der Stromer erst 2023, ist der hohe Umweltbonus weg, denn die Ampel hat gerade die neuen Boni kommuniziert.
Wenn grüne Politik kontraproduktiv wirkt
Die Staatskassen sind leer. Die selbst verursachte Energiekrise (durch 16 Jahre verfehlte Energiepolitik) hat dafür gesorgt und auch die nächsten Monate werden sowohl für Bürger als auch den Staatshaushalt (der von den Bürgern gefüllt wird) immer schwieriger werden. Da mutet es tatsächlich „logisch“ an, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie des „Grünen“ Ministers Habeck den Rotstift ansetzt.
Die Boni wurden drastisch gekürzt. Die Förderung sinkt (2023) von bislang 6.000 auf 4.500 Euro für Fahrzeuge bis zu einem Nettolistenpreise von 40.000 Euro. Für Fahrzeuge zwischen 40.000 und 65.000 Euro gibt es nur mehr 3.000 statt 5.000 Euro. PHEVs werden gar nicht mehr gefördert und 2024 sinken die Boni nochmals. Zudem gibt es eine Deckelung. Ist der Fördertopf leer, werden keine Boni mehr ausbezahlt. Und schließlich werden am 1. September 2023 nur noch Privatpersonen berücksichtigt. Das heißt, der Dienstwagen, der Lieblingsbonus für deutsche Angestellte, wird ausgenommen. Schon rechnen Brancheninsider mit einem Wiedererstarken des Diesels.
Unsicherheit der Politik
Das finanzielle Füllhorn versiegt also – und das in Zeiten, in denen die Fahrzeugpreise ohnehin durch die Rohstoffknappheit steigen, die Inflation die Kaufkraft nachhaltig zerstört. Preiserhöhungen von 3.000 Euro und mehr sind keine Seltenheit, hier setzte sich beispielsweise Tesla an die Spitze mit empfindlichen Preisaufschlägen.
Bremst das den Umstieg zur Elektromobilität?
Der Bundesverband eMobilität (BEM) rechnet damit und prangert die neue Sparpolitik als kontraproduktiv an. Bis 2030 sollen 15 Mio. Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen fahren. Abgesehen davon, dass dieses Ziel eigentlich kaum erreichbar ist, ist die Wahrscheinlichkeit dafür gerade noch weiter gesunken.
Die Reduzierung der CO2-Emissionen scheint, seit die Ampel in Deutschland an der Macht ist, plötzlich völlig aus dem Focus gesprungen zu sein. Beängstigend.
Über diese Kolumne:
In einer wöchentlichen Kolumne, die abwechselnd von Eveline van Zeeland, Eugene Franken, Katleen Gabriels, PG Kroeger, Carina Weijma, Bernd Maier-Leppla, Willemijn Brouwer und Colinda de Beer geschrieben wird, versucht Innovation Origins herauszufinden, wie die Zukunft aussehen wird. Diese Kolumnisten, die manchmal durch Gastblogger ergänzt werden, arbeiten alle auf ihre Weise an Lösungen für die Probleme unserer Zeit. Bitte lesen Sie hier die bisherige Episoden.