Kältebedingt entstandene Kalzit-Kristalle bergen mehr Informationen zu vergangenen Klimaschwankungen, als Forscher bisher angenommen hatten. Das zeigte ein österreichisch-russisches Forschungsprojekt im Ural. Die Funde in Höhlen bewiesen nicht nur die letzte Eiszeit vor etwa 25.000 Jahren, sondern auch Permafrost-Perioden vor circa 37.000 und 48.000 Jahren.
Ablagerungen im Inneren von Höhlen dienen Forschern als natürliche Archive, die Aufschluss über das Klima der Vergangenheit geben. Forschungsobjekte sind etwa Tropfsteine, das sind von der Höhlendecke und vom Boden wachsende Kalkablagerungen. Diese konservieren die Isotopen-Zusammensetzung von Sauerstoff und Kohlenstoff des einstigen Niederschlagswassers und ermöglichen dadurch Rückschlüsse auf Klima und Umweltbedingungen.
Dass auch kältebedingt entstandene Kalzit-Kristalle (kryogene Höhlenkarbonate) wertvolle Marker für Klimaschwankungen der vergangenen 500.000 Jahre sind, fand ein Team um den Geologen Yury Dublyansky heraus.
Entstehung der Kalzit-Kristalle
Kalzit-Kristalle entstehen knapp unter dem Nullpunkt. Im langsam gefrierenden Wasser nimmt deren Konzentration zu, da diese als gelöste Minerale nicht in das Eis eingebaut werden können. Im Lauf der Zeit beginnt Kalziumkarbonat aus dem Wasser zu kristallisieren, um millimeter- bis zentimetergroße Aggregate zu bilden. Funde von Kalzit-Kristall lassen somit auf Permafrost – das heißt, dauergefrorenen Boden – schließen.
Foto: Kryogene Kalzit-Kristalle auf dem Boden der Höhle von Shulgan-Tash (Kapova). Die Korngrößen liegen bei etwa 5-10 mm. Tropfen, die aus ca. 15 m Höhe fallen, haben dieses Loch im lehmigen Höhlenboden geschaffen und Kalzit freigelegt. (c) Robbie Shone
Analyse der Kalzit-Kristalle
Allerdings sind die Kalzit-Kristall-Ablagerungen selten und unscheinbar und die Suche danach erwies sich als fordernd. Das Team suchte in vierzig teils abgelegenen Höhlen des Ural. In neun Höhlen wurde es fündig. Um das Alter der einzelnen Kalzit-Kristalle genau bestimmen zu können, wurden diese in Uran-Thorium-Radio-Isotopen analysiert. Kooperationspartner waren Institutionen in China und den USA.
Kalzit-Kristalle exakter als andere Marker
Dublyansky forscht seit 1990 an Formationen von Karsthöhlen. Die Analysen zeigten ihm, dass Kalzit-Kristalle genauere Einblicke in vergangene Klimaschwankungen bieten, als andere Proben. Sie liefern sensiblere und komplexere Informationen , als bisher angenommen. So sind aus Kalzit-Kristallen nicht nur Daten zu großen Klimaschwankungen im Ural zu lesen, sondern auch zu kleineren. In manchen Höhlen zeigten sich mehrere Generationen von Kalzit-Kristallen und belegten damit verschiedene Zeitperioden von Permafrost in der Vergangenheit. Besonders aufschlussreich sind Vorkommen von Tropfsteinen und Kalzit-Kristallen in einer Höhle:
- Tropfsteine belegen wärmere Klimaphasen.
- Kalzit-Kristalle belegen kältere Klimaphasen.
Das große Forschungsgebiet vom Nord- bis zum Südural zeigte außerdem, dass die Permafrost-Südgrenze in den kältesten Klimaperioden bis zum Kaspischen Meer reichte.
Exaktere Datierung der Höhlenzeichnungen in der Shulgan-Tash-Höhle
Unter den Höhlen, in denen das Team forschte, befand sich auch die Shulgan-Tash Höhle, in der vor 60 Jahren Höhlenzeichnungen aus der Altsteinzeit gefunden wurden. Dublyanskys Kalzit-Kristall-Analysen ermöglichten jetzt eine genauere Datierung: Die Mammuts und das zweihöckrige Kamel wurden vor rund 16.000 bis 17.000 Jahren angefertigt. Der oder die Urheber müssen gefroren haben, denn zu diesem Zeitpunkt herrschten dort Minusgrade.
Dublyansky arbeitet seit 2006 am Institut für Geologie der Universität Innsbruck. Das Projekt wurde vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF unterstützt.
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