In industriellem Abwasser finden sich im Allgemeinen die unterschiedlichsten, oft umweltschädlichen, Stoffe. Das reicht von schwer abbaubaren organischen Verbindungen über toxische und sogar radioaktive Stoffe bis hin zu Säuren und Schwermetallen. Um solche kritischen Metalle, die beispielsweise aus Kohlegruben oder Galvanisierungsanstalten stammen, aus dem Abwasser zurückzugewinnen, hat eine Gruppe Wissenschaftler im Projekt BIOMIMIC biotechnologische Verfahren weiterentwickelt, die Metalle und Sulfat aus Grubenwässern beseitigen können.
Dafür untersuchten die Forscher drei Abwasserströme in drei Ländern. In Deutschland betrachteten sie Grubenwässer aus stillgelegten Bergbaustollen in Sachsen. In Irland Sickerwasser aus der Rotschlammlagerung einer Aluminiumoxid-Herstellungsanlage und in Schweden Lösungen, die bei der Laugung von Aschen aus einer Müllverbrennung entstehen.
Zwei deutsche Partner
Auf deutscher Seite wurde das Teilvorhaben “Impact” vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI koordiniert. Hier bewerteten die Forscher den potenziellen Nutzen der im Rahmen von BIOMIMIC entwickelten Verfahren im Hinblick darauf, “welchen Beitrag sie zur Versorgungssicherheit der EU mit kritischen Rohstoffen leisten können, wie sie ökonomisch realisierbar sind und welche ökologischen Vor- und Nachteile sie haben”.
Die G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft mbH, der zweite deutsche Partner, entwickelte im Teilvorhaben “Verfahrenstechnik” ein Sulfatreduktionsverfahren, das im kleintechnischen Maßstab demonstriert wurde. Mit diesem Verfahren können metall- und sulfathaltige Wässer mithilfe eines Bewegtbettbioreaktors zum großen Teil aus den Abwässern entfernt werden. So können mehr als 90 Prozent der Metalle als Metallsulfide abgetrennt werden und mehr als 99 Prozent der toxischen Substanzen, sowie mehr als 60 Prozent des Sulfats beseitigt werden. Ein großer Vorteil des Verfahrens in der Praxis ist, dass keine Gaszufuhr nötig ist und der regeltechnische Aufwand somit sehr gering ist. Weiterhin sei die nicht verwertbare Reststoffmenge mit einem Zehntel des Ausgangsprodukts deutlich geringer als bei chemischen Behandlungsverfahren, freuen sich die Wissenschaftler.
Auch die anderen acht Projektpartner konnten bereits zeigen, dass Prozesse mit sulfatreduzierenden Bakterien sehr gut dazu geeignet sind, Abwässer von Metallen und Sulfat zu reinigen und und so die Wertmetalle zurückzugewinnen. Das Sickerwasser aus der Aluminiumoxid-Herstellungsanlage in Irland wird in einer speziellen Anlage für ein Biosorptionsverfahren aufbereitet.
Laut einer Impact-Bewertung des Fraunhofer ISI haben die weiterentwickelten Verfahren die technischen Voraussetzungen, um Metallverunreinigungen aus Abwasserströmen zu beseitigen. Zwar sei der potenzielle Beitrag dieser Aufbereitung zur EU-Versorgungssicherheit eher gering, geben die Wissenschaftler zu, allerdings dürfe man die Potenziale zur Lösung lokaler Umweltprobleme nicht unterschätzen.
Alternative zu chemischen Verfahren
Bislang geschieht die Reinigung von Abwässern in der Regel mit Hilfe chemischer Prozesse, die wiederum selbst negative Auswirkungen haben. Damit die beiden im Rahmen von BIOMIMIC weiterentwickelten Verfahren langfristig eine umweltgerechtere und wirtschaftlich realisierbare Alternative zu den traditionellen chemischen Verfahren darstellen können, müssen sie laut Aussagen der Forscher aber hinsichtlich ihrer ökologischen und ökonomischen Leistung noch weiter optimiert werden. Unter anderem könne der Prozess mit sulfatreduzierenden Bakterien verbessert werden, indem man die Energieeffizienz steigert. Darüber hinaus könnte man auch Abfallströme zur Gewinnung von Energie und Kohlenstoff für den Prozess nutzen. Beim Biosorptionsverfahren habe die Nutzung von Biokohle gegenüber Hydrokohle ökologische und ökonomische Vorteile.
“Die Aufbereitung von industriellen Abwässern bietet oft keine ökonomischen Gewinnmöglichkeiten für Unternehmen, selbst wenn diese Abwasserströme wie in den hier untersuchten Fällen versorgungskritische Metalle enthalten”, erklärt Projektleiterin Dr. Sabine Langkau, die am Fraunhofer ISI das Geschäftsfeld Nachhaltigkeitsinnovationen und Politik leitet. “Daher bedarf es auch weiterhin gesetzlicher Vorgaben wie beispielsweise der aktuellen EU-Wasserrahmenrichtlinie, um Abwasserbehandlungsverfahren in die Anwendung zu bringen und damit lokale Umweltprobleme zu lösen. Darüber hinaus kann eine Bewertung der ökologischen und ökonomischen Auswirkungen der Verfahren unter Berücksichtigung der eingesetzten Energie- und Chemikalienmengen helfen, die Verfahren zu optimieren und das am besten geeignete Verfahren auszuwählen.”
Am Projekt BIOMIMIC waren zehn europäische Partner beteiligt, die an mehreren Teilprojekten arbeiteten. Sie wurden innerhalb der transnationalen Ausschreibung des ERA-Nets ERA-MIN 2 gefördert. Die beiden deutschen Teilprojekte “Impact” und “Verfahrenstechnik” wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
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