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Nach Expertenmeinung wird die Mobilität der Zukunft von Künstlicher Intelligenz (KI) und Digitalisierung geprägt sein. Der Verkehr wird durch autonomes Fahren sowohl effizienter, sicherer und umweltfreundlicher als auch kostengünstiger. Damit die Menschen diese neue Mobilität auch akzeptieren, muss sie aber ausführlich in realer Testumgebung erprobt und auch demonstriert werden.

Im Rahmen des neuen Forschungsprojekts “BeIntelli“ wollen ein interdisziplinäres Team aus Wissenschaftlern der Technischen Universität Berlin und Praxis-Partnern die Möglichkeiten von KI für die Mobilität der Zukunft auf der Basis von Plattformökonomie entwickeln und praktisch erproben. Darüber hinaus wollen sie ein “Schaufenster” schaffen, das KI-Anwendungen in der Mobilität erlebbar werden lässt. Geleitet wird das Konsortium von Prof. Dr. Sahin Albayrak, Leiter des Distributed Artificial Intelligence Laboratory (DAI-Labor) und des Fachgebiets Agententechnologien in betrieblichen Anwendungen und der Telekommunikation an der TU Berlin.

Autonome Mobilität vom ÖPNV bis zur Logistikbranche

Grundlage der neuen Forschung ist das Vorgängerprojekt DIGINET-PS. Hier richteten die TU Berlin und ihre Projektpartner u.a. ein digitales, urbanes Testfeld für automatisiertes und vernetztes Fahren auf der Straße des 17. Juni ein. “Mit BeIntelli verfolgen wir fünf Kernziele“, erläutert Sahin Albayrak: „Zum einen geht es um die Schaffung technologischer Innovationen für den Alltag. Wir planen die Erforschung, Entwicklung und Erprobung neuer Ideen und KI-basierter Ansätze im Rahmen eines ganzheitlichen Mobilitätsansatzes, vom autonomen und vernetzten Fahren, über autonomen öffentlichen Personennahverkehr bis zu automatisierten Logistiklösungen für die letzte Meile. Hierzu entwickeln wir an der TU Berlin einen auf Künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen und verteilter Intelligenz basierenden Softwarestack, das KI-Mobilitäts-Operating System.“

Verlängerung der bestehenden Infrastruktur bis zum Berliner Reichstag

Zum Einsatz der Software und für ein zweites Kernziel wird das bereits bestehende digitale Testfeld auf der Straße des 17. Juni in Richtung Kurfürstendamm und Berliner Reichstag erweitert. An der Straße werde die entsprechende Sensorik installiert, eine Edge-Infrastruktur bereitgestellt und eine 5G-Kommunikationsinfrastruktur aufgebaut, erklären die Forscher. Ziel Nummer drei des Projekts ist die Erprobung und Validierung autonomer Fahrzeuge auf dem Testfeld. Dabei wird aber nicht nur die Straße digitalisiert. Alle Fahrzeuge werden außerdem mit Funktionen für das autonome Fahren ausgestattet.

Dazu werden drei Fahrzeuge mit den nötigen Sensoren und Kameras ausgerüstet, um ihre komplette Umgebung registrieren zu können. Die an der TU Berlin entwickelte Software wirkt auf die Steuerungstechnik der Fahrzeuge und ermöglicht so echtes autonomes Fahren. Neben Pkws würden auch ein Lieferfahrzeug und ein sogenannter Erklärbus mit dieser Technik ausgerüstet, sagt Dr. Jan Keiser, Mitarbeiter von Sahin Albayrak und Teilprojektleiter. “Mit diesen Fahrzeugen können wir dann den Einsatz im Echtbetrieb testen und die realen Anforderungen kennenlernen.”

Der Erklärbus, ein mobiles Reallabor, informiert die Öffentlichkeit

Schritt vier wird die Etablierung einer Plattformökonomie für die neue Mobilität sein. “Die Daten aus der intelligenten Infrastruktur und den Fahrzeugen, die KI-Modelle und Services sollen so aufbereitet und bereitgestellt werden, dass sie die Etablierung neuer Geschäftsmodelle und Ökosysteme begünstigen. Zu diesem Zweck werden wir entsprechende Events und Wettbewerbe veranstalten“, erläutert Marc Augusto, Teilprojektleiter für die Entwicklung von KI-Anwendungen.

Als zentralen Fokus des Projektes sehen die Forscher die Einbindung der Öffentlichkeit, wozu die öffentliche Präsentation der autonomen Mobilität in einer realen Umgebung entscheidend sei. “Wir wollen die Öffentlichkeit nicht nur informieren, sondern auch dazu animieren, diese neue Mobilität auszuprobieren. Der Nutzen und die Hintergründe der KI-basierten Mobilität sollen sich allen Verkehrsteilnehmer*innen unmittelbar auf der Teststrecke erschließen“, beschreibt der Projektleiter. Der sogenannte Erklärbus, ein mobiles Reallabor, spielt dabei eine wichtige Rolle. In ihm werden große Displays die Arbeit der Sensoren an der Straße und am Bus zeigen. Darüber hinaus wird die Wirkung der Software auf die Steuerungstechnik für die Fahrgäste visualisiert.

Der Bus könne zum einen für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden, “zum anderen planen wir aber auch, den Bus zu bestimmten Zeiten wie ein reguläres Verkehrsmittel auf der Teststrecke einzusetzen”, erklärt Dr. Axel Heßler, Teilprojektleiter zur Entwicklung der KI-Plattform. “Vorbeikommende Bürger*innen sind dann eingeladen, diesen frei zu nutzen. Geschultes Personal im Bus steht für Erklärungen und Diskussionen mit der Öffentlichkeit bereit.” Parallel dazu soll das Projekt den Grundstein für die Errichtung eines Berliner Zentrums für erlebbare KI und Digitalisierung in der Mobilitätsforschung legen.

Autonome Fahrten unter Aufsicht

Natürlich werden alle Fahrten unter der Aufsicht von geschultem Sicherheitspersonal stattfinden, die jederzeit die Kontrolle über die Fahrzeuge übernehmen können. Für die Demonstration autonomer Fahrfähigkeiten werden außerdem Sonderzulassungen für die Versuchsträger notwendig sein.

Das Projektvolumen beläuft sich auf rund 17 Millionen Euro, das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert es mit rund 13 Millionen. Der Rest des Projektvolumens wird von den Projektpartnern getragen: TU Berlin, GT-ARC, VMZ Berlin, ADAC BBR, IAV GmbH Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr, Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin, Cheil Germany GmbH, DB Regio Bus Ost GmbH, Continental Automotive GmbH, TÜV NORD Mobilität GmbH & Co. KG, Berliner Verkehrsbetriebe, T-Systems International GmbH.

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