Unter der strengen Beobachtung des deutschen TanDEM-X-Radarsatelliten stellten Forschende vom Canada Centre for Mapping and Earth Observation (CCMEO) fest, dass schnell fahrende Ice Road Trucks wellenförmige Hebungen und Senkungen der Eisdecke verursachen. Doch ging es bei der Studie nicht um Geschwindigkeitsmessungen, sondern die Frage, inwieweit der DLR Radarsatellit TanDEM-X zur Unterstützung des Eisstraßenmanagements einsetzbar ist.
Winterstraße Tibbitt-to-Contwoyto im Fokus
Aus Film und Fernsehen sind die wagemutigen Eis-Trucker, die mit ihren tonnenschweren LKW´s Waren über die zugefrorenen Seen Kanadas bringen, mittlerweile auch in Deutschland bekannt. Über diese nur in wenigen Wochen des Jahres existierenden Highways werden abgelegene Gemeinden und Industrien mit schwer transportierbarem Material versorgt. Das spart Zeit und Geld. Ist aber auch höchst riskant. Zudem verstärkt der Klimawandel die Schwierigkeiten der Eisstraßenbetreiber.
Die Studie des CCMEO konzentrierte sich auf die Winterstraße Tibbitt-to-Contwoyto in den nordwestlichen Territorien Kanadas. Auf dem Radarbild wird eines der Ergebnisse sichtbar: Schnell fahrende Fahrzeuge führen zu wellenförmigen Hebungen und Senkungen der Eisdecke. Vor allem in flachen Gewässern kann dies zu gefürchteten Eisdurchbrüchen führen, also den sicheren Verkehr gefährden.
Die Abbildung wurde – unter Verwendung der Methode der differentiellen SAR-Interferometrie – aus zwei TanDEM-X-Datensätzen, die im Abstand von zehn Sekunden aufgenommen wurden, erzeugt. Durch den Zeitabstand ist es möglich, vertikale Verschiebungen der Eisbedeckung, die durch den Verkehr verursacht werden, im Zentimetermaßstab mit einer hohen Detaildichte und -genauigkeit zu erkennen. Dies wird bis jetzt von keiner anderen Technologie erreicht.
Somit ist klar: Radarsatelliten wie TanDEM-X sind nützliche Werkzeuge zur Sammlung von Informationen. Sie unterstützen also das Eisstraßenmanagement durch ihre Fähigkeit, die Eisstraßen in der Dunkelheit des Winters und unter widrigen Wetterbedingungen bildlich hochgenau zu erfassen. Zudem erlaubt es die Radartechnik die Daten wetterunabhängig zu erheben. Denn Schneefall, Regen sowie Dunkelheit spielen ‒ da sie nicht von der optischen Erkennbarkeit abhängig sind ‒, für Radaraufnahmen keine Rolle. Auch ermöglichen es die relativ langen Wellenlänge der Radarsatelliten, in das Eis hineinzuschauen. Sie können somit Aussagen über die Qualität und Beschaffenheit der Eisbedeckung machen. Eine sehr nützliche Information, um das sogenannte Moving Vehicle Problem, also das Einbrechen der Lastwägen, zu verhindern.
Expertise aus Deutschland
Die Wissenschaftler des Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind für ihre speziellen Radartechnologien und Analyseverfahren, die eine hochgenaue Beobachtung von Permafrost ermöglichen, bekannt. Schon im Herbst 2018 kooperierten die Deutschen mit einem kanadischen Team, um den Permafrost in der Antarktis anhand neuester Radartechnologien zu beobachten. Im März 2019 startet nun die DLR-Winterkampagne PermASAR (Permafrost Airborne SAR). Diese soll im Norden Kanadas einen hochmodernen Radar-Datensatz im X-, C- und L-(Frequenz-)Band zur Erdbeobachtung liefern und das Eisstraßenmanagement damit unterstützen.
Auch hat das DLR schon eine mögliche Nachfolgemission zu TanDEM-X entworfen. So sind bei dem Tandem-L-Missionskonzept zwei Radarsatelliten vorgesehen. Sie arbeiten im L-Band (23,6 Zentimeter Wellenlänge) und erfassen dynamische Prozesse auf der Erdoberfläche global und systematisch.
Ziel von Tandem-L ist es, im Wochenrhythmus die Landmasse der Erde vollständig abzubilden. Bislang benötigt TanDEM-X ein ganzes Jahr dafür. Die Entwickler des DLR sind davon überzeugt, dass die Mission neue Maßstäbe in der Erdbeobachtung setzen wird. Sie werden dann vor allem in der Lage sein, den globalen Wandel mit einer neuen Qualität zu beobachten. Dies wiederum ermöglicht wichtige Handlungsempfehlungen. Mit der neuen Technologie könnten die dreidimensionalen Strukturen von Vegetations- und Eisgebieten erfasst sowie Deformationen großflächig mit Millimetergenauigkeit vermessen werden.
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