Die erblich bedingte Retinopathia pigmentosa (RP) tritt in der Regel zwischen dem dritten und fünften Lebensjahrzehnt auf und führt nicht selten zur Erblindung. In Deutschland leiden etwa 30.000 bis 40.000 Menschen unter dieser Krankheit. Weltweit sind es rund drei Millionen. Aber auch, wenn die Betroffenen nicht komplett erblinden, leidet ihre Lebensqualität unter dieser Sehschwäche erheblich. Ebenso wie die der Menschen mit altersbedingter Makula-Degeneration (AMD), durch die jährlich in Deutschland etwa 5.000 Menschen erblinden. Je weiter die Krankheiten fortschreiten, desto mehr nimmt die Fähigkeit der Augen ab, mit mangelnder Umgebungsbeleuchtung umzugehen.
Um dem entgegenzutreten, könnte man die Lichtbedingungen auf die Betroffenen zuschneiden. Passt man nämlich die Lichtintensität, d.h. den durch sie geschaffenen Kontrast und den häufig als störend empfundenen Blauanteil im Lichtspektrum an, kann die Sehleistung verbessert werden. Da die Sehschärfe steigt, wird auch das visuelle Wahrnehmen weniger anstrengend.
„MakULA – Make Your Light Adapted“
Eine Möglichkeit, dieses Licht entsprechend anzupassen wäre, sogenannte Kantenfilter beziehungsweise Blueblocker einzusetzen. Einer derartigen Modifikation des Spektrums von Leuchtmitteln, insbesondere Leuchtstoffröhren, waren bisher allerdings technische Grenzen gesetzt. Wissenschaftler des Fraunhofer-Anwendungszentrums Soest und des Fachbereichs Elektrische Energietechnik der Fachhochschule Südwestfalen wollen nun aber im Rahmen des Projekts „MakULA – Make Your Light Adapted“ eine solche Lösung entwickeln.
„Mit LED-Leuchtmitteln bietet sich nun genau diese Möglichkeit. Wir können das Spektrum des emittierten Lichts gezielt definieren«, sagt Prof. Stefan Schweizer, Professor am Fachbereich Elektrische Energietechnik der Fachhochschule Südwestfalen und Leiter des Fraunhofer-Anwendungszentrums für Anorganische Leuchtstoffe in Soest. Er koordiniert in dem bis Mitte 2021 laufenden Projekt die Zusammenarbeit mit Projektpartner LWL-Berufsbildungswerk Soest, Förderzentrum für blinde und sehbehinderte Menschen.
Sehtest und Messungen
Im ersten Schritt wollen die Wissenschaftler eine LED-Leuchte mit angepasstem Farbspektrum entwickeln. Dazu werden sie eine handelsübliche LED-Leuchte mit optischen Filtern kombinieren. Die Anpassung des Emissionsspektrums geschehe hierbei durch Auswahl und Einbau eines passenden Filters, um letztlich einen weißen Farbeindruck zu erzeugen, erklären sie. In einem zweiten Schritt soll dann das Emissionsspektrum einer LED-Leuchte elektronisch angepasst werden. Die hierzu nötigen Umbauten seien jedoch technisch deutlich anspruchsvoller als der Einbau eines Farbfilters, sie böten aber mehr Optimierungspotenzial.
Eine Bewertung der Anwendbarkeit der Leuchte wird im LWL-Berufsbildungswerk Soest durchgeführt werden. „Mit Hilfe eines Musterstückes sollen so die Auswirkung unterschiedlicher Frequenzcharakteristika der Leuchte auf die Sehschärfe, die Kontrastsensitivität und die visuelle Belastbarkeit von betroffenen Personen untersucht werden«, sagt Christof Marquet, Leiter des LWL-Berufsbildungswerks in Soest. Ein Sehtest und Messungen werden anhand von Sehprobetafeln bei unterschiedlicher, definierter Beleuchtung durchgeführt. Je nach Grad der Beeinträchtigung oder Fortschreiten der Erkrankung solle ein individuelles Lichtambiente den Betroffenen die Orientierung erleichtern und den Leidensdruck mindern, so die Forscher.
Das Projekt wird mit 10.000 Euro von der Waldtraut und Sieglinde Hildebrandt-Stiftung gefördert.
Titelbild: Eine LED-Leuchte, deren Farbspektrum individuell an die Bedürfnisse angepasst werden kann, soll die Lebensqualität der Nutzer verbessern. © Fraunhofer AWZ Soest, Bernd Ahrens
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