Zwei innovative Forschungsentwicklungen für die Baubranche wird das Fraunhofer-Institut auf der Messe BAU in München zeigen. Die dort erstmal präsentierten Prototypen des EDF-Trocknungssystems (EDF = Energieeffizient, Diffusionsoffen, Flexibel) und des Textilbetons erlauben feuchte Wände und marode Bauteile in den Griff zu bekommen.
2,3 Milliarden Euro Schaden durch Wasserschäden
Die Forscher des Fraunhofer-Instituts reagieren mit ihrem Trocknungssystem auf platzende Rohre, leckende Armaturen, auslaufende Heizboiler. Laut den Angaben des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft GDV wird alle 30 Sekunden in Deutschland ein Leitungswasserschaden gemeldet. Dadurch entstehen Kosten von 2,3 Milliarden Euro.
Wände und Fußböden müssen nach Wasserschäden professionell getrocknet werden, um Schimmelbildung zu vermeiden. Heizen und Lüften reichen aber normalerweise nicht aus. Deswegen trocknen Infrarot-Heizplatten und Folienzelten, kombiniert mit Adsorptionstrocknern feuchte Wände. Mit dieser Methode sind jedoch Zimmerdecken schlecht erreichbar. Hinzu kommt, dass dieses System sehr energiehungrig ist.
Direkte Trocknung
Mit dem EDF-Trocknungssystem, dem 100×50 Zentimeter großen System, das aus brandsicherem, diffusionsoffenem Dämm-Material und einer Heizung besteht, wird das feuchte Bauteil direkt getrocknet. Das heißt, es lässt sich unmittelbar auf das feuchte Bauteil montieren.
Tests an durchnässten Hochlochziegelwänden haben eine Energieeinsparung von 80 Prozent gegenüber IR-Heizplatten bei gleicher Trocknungszeit ergeben. Ein Sensor regelt in dem Trocknungssystem der Fraunhofer-Forscher die Temperatur der Heizung. Die diffusionsoffene Dämmung an der Rückseite des EDF-Moduls lässt Feuchtigkeit ungehindert durch und minimiert die Wärmeverluste.
Das Trocknungsmodul wurde bereits zum Patent angemeldet. Es lässt sich leicht installierten, sogar an gekrümmten Oberflächen oder runden Wänden. Besonders angenehm: Die Trocknung der Wand ist geräuschlos. Da das EDF-Modul nicht viel wiegt, lässt es sich laut Forscher auch leicht transportieren.
Als nächster Schritt sind nun Versuche unter realen Bedingungen vorgesehen. Der Marktstart für das EDF-Modul ist für Sommer 2019 geplant.
Mit nachhaltigem Textilbeton gegen Bauschäden
Risse im Beton und rostender Stahl sollen laut den Forschern des Fraunhofer Institus künftig der Vergangenheit angehören. Das Geheimnis: Textilbeton. Der korrosionsfreie Baustoff weist eine hohe Lebensdauer auf und bietet die gleichen statischen Eigenschaften wie Stahlbeton. Im Gegensatz zum armierten Baustoff zeichnet er sich durch eine Materialstärke von nur wenigen Zentimetern aus. Somit sind filigrane Konstruktionen möglich. Obendrein passt sich Textilbeton fast jeder Geometrie an.
Beim textilen Hochleistungsbeton ersetzen Carbon-, Glasfaser- oder Kunststoffgewebe den Stahl. Die Fraunhofer-Forscher wollen nun diese Fasern durch ein Textil aus nachwachsenden Rohstoffen ersetzen und somit zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen. Sie setzen auf einheimische Pflanzen wie Flachs, der sich durch Spinnen und Weben weiterverarbeiten lässt.
Beton mit Stoffgewebe
Je nach Anforderung an das Bauteil ergänzen die Forscher den Flachs mit Polymerfaser-Strängen – somit entsteht ein Mischgewebe, das erlaubt die Steifigkeit des Materials individuell einzustellen. Der Materialmix wird auf einer Doppelgreifer-Webmaschine mit Jaquardaufsatz gewebt. Laut Fraunhofer ist sie in Europa einzigartig. Dank der Maschine ist es möglich, herkömmliche und nachhaltige Materialien wirtschaftlich effizient und technisch komplex zu kombinieren.
Vor Verwitterung geschützt
Um das Gewebe vor Verwitterung zu schützen verwenden die Forscher einen Hochleistungsbeton. Zuvor modifizieren sie das gewebte Textil mit natürlichen Harzen. Da das Flachstextil lagenweise in die Bauteile eingebracht wird, lassen sich auch gekrümmte Formen oder gerundete Wandelement leicht umsetzen. Danach füllt flüssiger Beton das Bauteil aus. Entwickelt wurde der Beton vom Zentrum für leichte und umweltgerechte Bauten, kurz Zeluba im Fraunhofer WKI.
Da das Materialmix aus einer sehr feinen Gesteinskörnung, Wasser, Betonzusatzstoffen sowie Betonzusatzmitteln und aus der Textilbewehrung aus Flachs besteht, ist er sogar höherwertiger als Stahlbeton für den Brückenbau. Das Materialgefüge sei laut Forscher so dicht, dass schädliche Substanzen in den Baukörper nicht eindringen können. Somit ergebe sich eine deutlich höhere Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten.
Schlanke Konstruktionen
Durch den Textilbeton seien auch leichte, schlanke Brückenkonstruktionen möglich, die von Kraftfahrzeugen überquert werden können. So wäre beispielsweise eine Stahlbetonbrücke mit einer Spannweite von 15 Metern normalweise etwa 35 bis 40 Zentimeter dick – mit der Flachsvariante nur zwölf bis 16 Zentimeter. Eine Bauaufsichtliche Zulassung für den Baustoff steht allerdings noch aus.
Fraunhofer auf der BAU
Auf der Messe BAU vom 14. bis zum 19. Januar in München zeigt das Fraunhofer-Institut am Gemeinschaftsstand in Halle C2, 528 neben dem Textilbeton auch einen Prototyp des EDF-Trocknungssystems.
Foto: Messe München