Im Jahr 2016 haben sich 191 Staaten im Pariser Klimaabkommen darauf geeinigt, die globale Erwärmung langfristig auf maximal 1,5°C zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste die Atmosphäre zuerst einmal von Kohlendioxid (CO2) gereinigt werden, um so genannte negative Emissionen zu erreichen. Hier stellt sich jedoch in erster Linie die Frage, wie diese negativen Emissionen schnell und mit technisch zuverlässigen Technologien realisieren lassen, die sowohl kosteneffizient als auch nachhaltig und öffentlich akzeptabel sind.
Eine vielversprechende Möglichkeit wäre zum Beispiel, Pflanzen und Böden so zu stärken, dass sie der Atmosphäre mehr Kohlenstoff entziehen, als sie freisetzen. Ein Team internationaler Wissenschaftler hat unter der Leitung des Laboratoire des Sciences du Climat et de l’Environnement (LSCE) und unter Beteiligung mehrerer Forscher des IIASA – International Institute for Applied Systems Analysis die Verwendung von fein gemahlenem Silikatgesteinspulver erforscht.
“Negative Emissionstechnologie”
Gesteinsmehl zu verwenden, um die physikalischen Eigenschaften des Bodens – wie Wasserrückhalt, Drainage, Belüftung und Struktur – zu verbessern, ist nichts Neues. Um CO2 aus der Luft zu ziehen, wurde es bisher aber noch nicht genutzt. Die Forscher glauben jedoch, das möglich wäre, wenn man das Gesteinsmehl großflächig in den Boden einbringt.
Bei dieser negativen Emissionstechnologie setzt man auf die natürliche Reaktion von CO2 mit Gesteinen und Mineralien an der Erdoberfläche während des Zerstzungs- und Verwitterungsprozesses. Dazu werden Silikatminerale zu einem Pulver zermahlen und auf den Boden gestreut. Dort reagiert es mit dem CO2 in der Luft und entfernt es aus der Atmosphäre. Für diesen “abiotischen Kohlendioxid-Entfernungspfad” kommt besonders gut Basalt infrage. Der ist erstens eine reichlich vorhandene Gesteinsressource, außerdem hat er eine hohe Witterungsbeständigkeit und enthält laut Aussagen der Forscher auch Pflanzennährstoffe, die “für einen zweiten biologischen CO2-Entfernungsweg von zentraler Bedeutung sind”.
“In einer Vielzahl von Ökosystemen wird die Bindung von CO2 während der Photosynthese durch Pflanzen und seine Speicherung in Biomasse und Böden durch eine geringe Bodenfruchtbarkeit behindert”, erklärt Sibel Eker, Koautorin und Forscherin am IIASA. “Durch das Besprühen von Ökosystemen mit Nährstoffmangel mit Basaltpulver, das bei der Verwitterung langsam Nährstoffe freisetzt, könnten die Nährstoffbeschränkungen theoretisch aufgehoben und die Kohlenstoffspeicherung im Ökosystem gefördert werden.”
Potenzial größer als angenommen
In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler speziell diese Möglichkeit der CO2-Bindung auf natürlichen Ökosystemen mit wenig fruchtbaren Böden. Dazu verwendeten sie “ein umfassendes numerisches Modell der Biosphäre”, um die Fähigkeit von Gesteinsmehl zu simulieren, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Es stellte sich heraus, dass pro Jahr bis zu 2,5 Gigatonnen CO2 abgebaut werden konnten. Davon waren rund 50 % auf die Reaktion der Biosphäre auf Gesteinsmehl zurückzuführen. Zudem zeigten sich die größten CO2-Entfernungsraten in Regionen, von denen man bisher dachte, dass sie für Gesteinsmehl nicht geeignet seien.
“Unsere Ergebnisse machen das globale physikalische und wirtschaftliche CO2-Entfernungspotenzial von Basalt wesentlich größer als bisher angenommen”, betont der Co-Autor der Studie, Michael Obersteiner, ein leitender Forscher des IIASA und Direktor des Environmental Change Institute an der Universität Oxford.
Auch wirtschaftlich rentabel
Um die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens zu kalkulieren, berücksichtigten die Forscher Informationen über Herstellungskosten von Gesteinsmehl, den Transport und die Ausbringung von Gesteinsmehl. Weiterhin gingen sie davon aus, dass das Gesteinspulver mit Flugzeugen versprüht würde. Am Ende zeigte sich, dass die Kosten bei etwa 150 US-Dollar pro Tonne entferntes CO2 liegen würden – niedriger als angenommen.
Damit eine ausreichend hohe Netto-CO2-Entfernung erreicht werden kann, müsse laut Aussagen der Autoren allerdings der Basaltabbau ausgeweitet werden. Zusätzlich müssten in entlegenen Gebieten Systeme mit geringem Kohlenstoff-Fußabdruck, wie Drohnen oder Luftschiffe, eingesetzt und außerdem Energie aus kohlenstoffarmen Quellen verwendet werden. Die Ergebnisse ihrer Studie würden zeigen, dass die Verbesserung von Böden durch Basalt “bei der Bewertung von Optionen für die Landbewirtschaftung zur Abschwächung des Klimawandels als eine wichtige Option betrachtet werden sollte”. Dazu müssten aber erst mögliche Nebenwirkungen, ebenso wie nur begrenzt vorhandene Daten bezüglich des Einsatzes von Gesteinsmehl im Feldmaßstab geklärt werden.
“Pilotstudien sollten sich auf geschädigte Systeme und Aufforstungsprojekte konzentrieren, um mögliche negative Nebenwirkungen zu testen”, so der Hauptautor der Studie, Daniel Goll, der mit der Universität Augsburg in Deutschland und dem LSCE in Frankreich zusammenarbeitet. “Wenn Gesteinsmehl die CO2-Entfernung in bestehenden bewirtschafteten Systemen verbessern kann, wird es dazu beitragen, den Druck auf natürliche Ökosysteme anderswo zu verringern.”
Die Forscher haben die Ergebnisse ihrer Studie im Fachmagazin Nature Geoscience veröffentlicht.
Auch interessant:
Wie CO2 aus der Umgebungsluft zu einem High-Tech-Rohstoff wird
Neuer Effizienzmotor als Weg zu CO2-Klimazielen
Vorbild Natur: Aus Sonnenlicht, CO2 und Wasser wird Ameisensäure