Deutsche wissen zu wenig über Elektromobilität. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des Energieversorgers Eon, die in Kooperation mit Statista durchgeführt wurde. Dabei stellte sich heraus, dass viele Deutsche davon ausgehen, dass Elektroautos mit einer Tankladung nicht weit genug kommen, das Laden dauert viel zu lange und es gibt zu wenig Ladestationen. Gängige Vorurteile, die oft genug Grund für Diskussionen bieten. Doch stimmen sie wirklich?
62 Prozent würden ein E-Auto fahren
Dabei ist die Bereitschaft, ein E-Auto zu fahren, laut Studie verhältnismäßig hoch. 62 Prozent der deutschen Führerscheinbesitzer würden ein Elektroauto kaufen. Es sind gerade die 18- bis 24-jährigen (79 Prozent), die sich vorstellen könnten, stromangetriebene Autos zu fahren. Bei den 55- bis 69-Jährigen wäre nur jeder zweite bereit, auf Elektroantrieb umzusteigen. Der Hauptgrund für Elektromobilität ist in erster Linie das Umweltbewusstsein. Fast drei Viertel der Befragten gaben an, dass die Reduzierung des CO2- und Feinstaub-Ausstoßes für sie eine wichtige Rolle spielen.
38 Prozent der befragten Führerscheinbesitzer dagegen würden nicht auf ein Elektroauto umsteigen. Um sie dennoch dafür zu begeistern, müssten die Anschaffungspreise (73 Prozent) sinken, höhere Reichweiten erzielt werden (71 Prozent) und mehr Ladestationen verfügbar sein (65 Prozent). Vielleicht ist es nicht verwunderlich, dass bei Dieselfahrern gerade die Reichweite (81 Prozent) eines der Hauptargumente ist.
Reichweite höher, als geschätzt
Ein Elektroauto kommt mit einer Tankfüllung nicht mal 200 Kilometer weit. Das schätzen etwa 50 Prozent der für die Studie befragten Autofahrer. Aktuelle Modelle verfügen aber über eine realistische Reichweite zwischen 200 und 300 Kilometern – das wissen 31 Prozent der Befragten. Trotzdem ist dies den meisten zu wenig. 40 Prozent der Studien-Teilnehmer betonten, dass ein Elektroauto mindestens 450 Kilometer weit fahren muss. Auch hier spielt das Alter der Autofahrer eine Rolle: Je älter die Befragten, desto häufiger sind hohe Reichweiten ein Muss. Ebenso wie für Dieselfahrer. E-Mobilität-Gegner fordern die höchste Reichweite. Ein Drittel sagt, dass E-Autos mehr als 500 Kilometer mit einer Tankfüllung fahren müssen. Interessant: Diese Gruppe der Befragten legt pro Tag durchschnittlich weniger als 100 Kilometer mit dem Auto zurück.
„Die nächste Generation der Fahrzeuge, wie beispielsweise der neue Nissan Leaf, hat Reichweiten um die 400 Kilometer, so dass auch die wenigen Langstreckenfahrten der Deutschen locker abgedeckt sind“, erklärt Andreas Pfeiffer, Spezialist für Elektromobilität und verantwortlich für den Bereich Eon Drive bei Eon.
Mehr Ladestationen als angenommen
Wird nach der Verbreitung der Ladestationen gefragt, zeigt sich, dass der Mythos von zu wenigen weit verbreitet ist. 70 Prozent der Autofahrer glauben, dass bundesweit gerade mal 3.000 Ladestationen zur Verfügung stehen. Weitere 20 Prozent rechnen mit 6.000. Tatsächlich sind er mehr als 13.000, wie Pfeiffer ergänzt. (Anmerkung der Redaktion: Laut Bundesnetzagentur gibt es mehr als 5600 öffentliche Ladestellen mit durchschnittlich zwei Ladeplätzen.)
Ähnlich sieht es aus, wenn die Deutschen nach den Ladezeiten gefragt werden. Die Hälfte glaubt, dass ein E-Auto mehr als sechs Stunden am Stromkabel hängt. Tatsächlich dauert es vier bis sechs Stunden, bis das Auto aufgeladen ist. „Zuhause oder am Arbeitsplatz, wo 80 Prozent aller Ladevorgänge stattfinden, ist das also kein Problem“, meint Pfeiffer.
Fast deckungsgleich schätzen die Umfrageteilnehmer die Schnellladezeit mit Gleichstrom (DC) ein. 63 Prozent glauben, es dauert mindestens eine Stunde für eine Vollladung – tatsächlich sind es aber 30 bis 60 Minuten. 37 Prozent wären mit diesen Ladezeiten zufrieden, auch wenn sie längere Strecken zurücklegen müssten. 42 Prozent würden sich über Ladezeiten von 10 bis 30 Minuten freuen. Genau die Ladezeit, die die neuste Generation von Ultraschnellladern für kompatible Fahrzeuge braucht.
E-Autos laden schneller als erwartet
Die durchschnittlichen Ladezeiten von Elektroautos schätzen die Deutschen zudem deutlich höher ein, als sie tatsächlich sind. Die Hälfte der Befragten geht beim normalen Laden mit Wechselstrom (AC) davon aus, dass die Stromer mehr als sechs Stunden am Stecker hängen. Tatsächlich sind aktuelle Fahrzeuge in vier bis sechs Stunden voll aufgeladen. „Zuhause oder am Arbeitsplatz, wo 80 Prozent aller Ladevorgänge stattfinden, ist das also kein Problem“, meint Pfeiffer. Die Schnellladezeiten mit Gleichstrom (DC) schätzen 63 Prozent der Umfrageteilnehmer auf über eine Stunde. Tatsächlich reichen je nach Akkukapazität aber 30 bis 60 Minuten für eine Vollladung. Für 37 Prozent der Befragten wäre das auch eine akzeptable Ladezeit für das Laden unterwegs auf längeren Strecken. Weitere 42 Prozent wäre mit 10 bis 30 Minuten.
„Wunsch und Realität treffen sich also spätestens in ein paar Monaten. Macht man sich zudem bewusst, dass man mit E-Autos nicht wie mit Verbrennern klassisch zum Tanken fährt, sondern lädt, wenn das Fahrzeug sowieso steht, sollte der Anschaffung eines E-Autos eigentlich nichts im Wege stehen. Einziges Manko ist tatsächlich der hohe Anschaffungspreis, der die Geldbeutel vieler potenzieller Nutzer überfordert“, führt Pfeiffer aus.
Dass der hohe Anschaffungspreis die Bereitschaft ein E-Auto anzuschaffen bremst, ist logisch. Das zeigt auch die Studie. Je geringer das monatliche Grundeinkommen ist, desto weniger Leute können sich vorstellen, ein Elektroauto zu kaufen. Nur knapp die Hälfte der Geringverdiener würden einen Stromer kaufen.
Für die Studie wurden 2.004 Führerscheinbesitzer im Alter zwischen 18 und 69 Jahren befragt. Die Umfrage fand im Juni 2018 statt, national repräsentativ nach Alter, Geschlecht und Region.
Interessiert? Auf der Expo REAL, 8. bis 10. Oktober in München, zeigt die vollelektrische Carsharing-Plattform Amber, wie es ist, mit gemeinsamen Autos elektrisch zu fahren.
Weiterführende Links:
Warum Elektromobilität in Deutschland stockt