Chinese futuristic electric car, AI-generated picture
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Unlängst war eine der wichtigsten chinesischen Automessen, die Auto Shanghai. Natürlich waren die deutschen OEMs dort anwesend, um ihre Stellung zu unterstreichen. Aber die Geschäfte in China laufen lange nicht so, wie sich das Audi, BMW, Mercedes & Co. vorstellen. Vor allem bei der Elektromobilität verschmähen die Chinesen die deutschen Hersteller. Zu wenig innovativ und vor allem zu teuer.

Die Top 10 der zugelassenen Fahrzeuge

Das wird besonders sichtbar, wenn man die Top-Ten der Zulassungen in China betrachtet. Der Automotive-Spezialist Jato Dynamics hat gerade Zahlen für verschiedene Märkte veröffentlicht. Das einzige Modell eines deutschen Herstellers, dass es in die Top Ten 2022 geschafft hat, ist der VW Lavida, gebaut von einem Joint Venture in Shanghai. 

Spitzenreiter ist der Toyota Corolla/Levin in einer Reihe von Verbrenner- und PHEV-Fahrzeugen. Das einzige Fahrzeug eines reinen Elektroherstellers ist das Tesla Model Y mit 332.000 zugelassen Fahrzeugen auf Rang 7, gefolgt vom BYD Qin, den es nur als PHEV gibt.

Elektroautos Made in Germany

Bei den Elektroautos aus Deutschland siehts hingegen sehr schlecht aus. Das spiegelte sich auch auf der Auto Shanghai wider, wo chinesische Autofirmen und Start ups zahlreiche neue Stromer präsentierten. Die Deutschen kamen mit älteren Studien (BMW) oder Formel-Vorzeigefahrzeugen (Audi) oder Luxusschlitten (Mercedes-Benz Maybach), die kaum die Nadel bewegen.

Erste versus 2. Und 3. Generation

Die Entwicklung in deutschen Landen unterliegt eben anderen Geschwindigkeiten. Hier hat man es sich im 4-6-Jahreszyklus bequem gemacht. Der gilt jedoch nicht mehr für die Elektromobilität. Dort wird unermüdlich an der Effizienz der Fahrzeuge gearbeitet. Tesla beispielsweise verbessert kontinuierlich und schießt ein Software-Update nach dem anderen hinaus und verbessert auch die Hardware ununterbrochen. Und manches chinesische Unternehmen macht aus 6 Jahren buchstäblich 6 Monate. Beispiel Zeekr: der 001 wurde Anfang 2021 vorgestellt und lief bereits im Dezember desselben Jahres vom Band. Inzwischen hat die Geely-Marke weitere Modelle vorgestellt. Beispielsweise den Zeekr X, der für den europäischen und Weltmarkt gedacht ist.

Smart, Polestar & Co.

Aber auch alteingesessene Marken unterliegen der neuen chinesischen Zeitrechnung, das gilt vor allem für Marken aus dem Geely-Verbund. Also Volvo, Polestar, Denza, Lotus und nicht zuletzt smart. Geelys Joint Venture mit Mercedes-Benz hat die Entwicklung neuer smart-Modelle tatsächlich beschleunigt. Der #1 und demnächst der #3 basieren alle auf der hauseigenen Plattform. Mercedes scheint nur das Design und den guten Namen beizusteuern. 

Apropos Design

Während deutsche OEMs sich mit zahlreichen konvexen und konkaven Sicken verkünsteln und im Interieur dem „Gelsenkirchener Barock“ frönen, liefern chinesische Autohersteller Innenraumgestaltungen ab, die eher an anspruchsvolles skandinavisches Design erinnern. BYD, Xpeng, NIO & Co. lassen ihre Karosserien und Innenausstattung – und das ist das pikante – in Europa, speziell Deutschland oder Schweden zeichnen. 

Generationen-Turbo

Waren die ersten vollelektrischen Gehversuche der Chinesen noch holprig und die zweite Generation noch hier und da mit Makeln wie langsamen Ladeleistungen behaftet, steht nun die 3. Generation bereit und die 4. Generation in den Startlöchern. 800-Volt-Architekturen (Lotus), neue Batterien (CATL) mit höheren Energiedichten, strukturverstärkende Batteriepacks (BYD) und hocheffiziente digitale Batterie-Management- und Infotainmentsysteme, umfassende Konnektivität und Sensorik werden blitzschnell in neuen Modellen eingesetzt. 

Sogar die Kleinwagen sind in China fortschrittlicher als die untere Mittelklasse in Europa. Allein die Ausstattung des BYD Seagull, der umgerechnet zwischen 11.500 und 14.500 US-Dollar kostet, lässt die deutsche Mittelklasse blass aussehen.

Fazit

China setzt mit Riesenschritten zum Überholmanöver an. Keine Klasse ist vor den Konkurrenten aus dem Reich der Mitte sicher. Klein- und Kleinstwagen sind in Europa ohnehin verpönt. Da lässt sich kaum Marge machen. Aber auch die Luxusklasse ist nicht mehr sicher. Ob Polestar 3, Volvo EX90 oder Lotus Eletre, hier wird viel Elektroauto fürs Geld geboten. Selbst Tesla muss sich warm anziehen, um nicht ab Mitte dieses Jahres abgehängt zu werden. Xpeng hat gerade einen Spot veröffentlicht, der sich mit dem eben vorgestellten G6 über das Tesla Model Y mokiert – insofern interessant, als man die deutschen OEMs gar nicht auf dem Schirm zu haben scheint.

Aber noch herrscht Ruhe in den Chefetagen der klassischen OEMs: Der europäische Konsument hat die chinesischen Autohersteller noch nicht auf dem Radar. Das könnte sich allerdings mit den Vergleichstests der nächsten Monate radikal ändern.

Über diese Kolumne:

In einer wöchentlichen Kolumne, die abwechselnd von Eveline van Zeeland, Eugene Franken, Katleen Gabriels, PG Kroeger, Carina Weijma, Bernd Maier-Leppla, Willemijn Brouwer und Colinda de Beer geschrieben wird, versucht Innovation Origins herauszufinden, wie die Zukunft aussehen wird. Diese Kolumnisten, die manchmal durch Gastblogger ergänzt werden, arbeiten alle auf ihre Weise an Lösungen für die Probleme unserer Zeit. Bitte lesen Sie hier die bisherige Episoden.