Gerade im Hinblick auf die immer schneller wachsende Klimaerwärmung werden erneuerbare Energien künftig eine immer größere Rolle spielen. Bisher ist der Anteil solcher Energien in Deutschland aber noch recht gering. So lag beispielsweise der Anteil der Photovoltaik an der Bruttostromerzeugung im vergangenen Jahr gerade mal bei 7,4 Prozent. Eine Bilanz, die unter anderem auch an der relativ geringen Ausbeute an Strom liegt, die derartige Anlagen erzeugen.
Zwar kann die Sonne bei wolkenlosem Himmel in unseren Breitengraden eine Strahlungsenergie von circa 1.000 Watt pro Quadratmeter liefern, die marktüblichen monokristallinen Silizium-Solarzellen wandeln aber nur bis zu etwa 20 Prozent in Strom um.
Vor- und Nachteile
Noch schlechter schneiden organische Solarzellen ab, bei denen die Effizienz lediglich bei maximal 12,6 Prozent liegt. Diesen Weltrekord für organische Photovoltaik-Module (OPV) hält seit September 2019 die Forschungsgruppe um Prof. Christoph Brabec, Direktor des Instituts für Materialien in der Elektronik und Energietechnologie (i-MEET) am Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften der FAU.
Das mehrzellige Modul mit einer Fläche von 26 cm² wurde am Energie Campus Nürnberg (EnCN) entwickelt. „Wenn wir im Labor auf über 20 Prozent kommen, erreichen wir in der praktischen Anwendung vielleicht 15 Prozent und können damit der Silizium-Solarzelle echte Konkurrenz machen“, sagt Prof. Brabec.
Außerdem sind organische Solarzellen bisher auch weniger stabil, sind aber andererseits gegenüber denen aus kristallinem Silizium in einigen Punkten überlegen. Die Herstellung ist günstiger und sie können flexibler genutzt werden. Prof. Brabec und seine Gruppe arbeiten deshalb seit Jahren daran, die Nachteile zu verringern. Einer der Studenten, der FAU-Nachwuchswissenschaftler Andrej Classen, konnte nun im Rahmen einer Doktorarbeit zeigen, dass die Effizienz über lumineszente Akzeptormoleküle gesteigert werden kann.
Fenster als Stromerzeuger
Die Vorteile organischer Solarzellen lägen auf der Hand, betonen die Wissenschaftler: Sie seien dünn und biegsam wie eine Folie und ließen sich leicht an verschiedene Substrate anpassen. „Über das verwendete Makromolekül lässt sich die Wellenlänge ,einstellen‘, bei der das Sonnenlicht absorbiert wird.“ So würde beispielsweise ein mit organischen Solarzellen beschichtetes Bürofenster, das im roten und infraroten Spektralbereich absorbiert, nicht nur die Wärmestrahlung abschirmen, sondern gleichzeitig Strom erzeugen. „Ein Kriterium, das angesichts der Klimakrise immer wichtiger wird, ist die Betriebsdauer, ab der eine Solarzelle mehr Energie erzeugt, als ihre Herstellung verbraucht hat. Diese sogenannte Energierücklaufzeit ist stark abhängig von der verwendeten Technologie und dem Standort der Photovoltaik (PV)-Anlage.“
Diese Energierücklaufzeit von PV-Modulen auf Siliziumbasis liegt laut neuester Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in der Schweiz bei 2,5 – 2,8 Jahren. Bei organischen Solarzellen läge die Energierücklaufzeit nur bei wenigen Monaten, sagt Dr. Thomas Heumüller, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Brabec.
Leistungsverlust für die Ladungstrennung
Darüber hinaus hat die organische Solarzelle im Vergleich mit der „klassischen“ Silizium-Solarzelle noch einen weiteren, entscheidenden Nachteil: Das Sonnenlicht erzeuge nicht sofort freie Ladungen für den Stromfluss, erklärt Dr. Heumüller, sondern sogenannte Exzitonen, in denen die positiven und negativen Ladungen noch gebunden sind. „Um zu freien Ladungen zu kommen, mit denen Elektrizität gewonnen werden kann, braucht es einen Akzeptor, der nur die negative Ladung anzieht und damit zur Ladungstrennung führt.“
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Um die Ladungen zu trennen, sei eine gewisse Triebkraft nötig, die sogenannte driving force, die von der Molekularstruktur der verwendeten Polymere abhängt. Bisher wurden hauptsächlich bestimmte Moleküle aus der Stoffklasse der Fullerene als Elektronenakzeptoren in organischen Solarzellen eingesetzt, da sie eine große Triebkraft besitzen. Mittlerweile wissen die Forscher aber, dass „eine große Triebkraft auf Kosten der elektrischen Spannung geht“. Das bedeutet, dass die Leistung der Solarzelle sinkt, „gemäß der für Gleichstrom geltenden Formel Leistung gleich Spannung mal Stromstärke“.
Bestimmte Moleküle steigern die Leistung
Um herauszufinden, wie klein die driving force werden kann, um gerade noch eine vollständige Ladungstrennung des Exzitons zu erreichen, verglich Andrej Classen Kombinationen aus vier Donor- und fünf Akzeptorpolymeren. Diese hatten ihr Potenzial für organische Solarzellen bereits bewiesen und Classen stellte daraufhin unter exakt den gleichen Bedingungen 20 Solarzellen mit einer Triebkraft von nahe Null bis 0,6 Elektronenvolt her.
Anhand der Messergebnisse lieferte er erstmals den Beweis für ein bereits in der Forschung angenommenes Boltzmann-Gleichgewicht zwischen Exzitonen und getrennten Ladungen, den sogenannten Charge transfer (CT)-Zuständen. „Je mehr die Triebkraft gegen Null geht, desto mehr liegt das Gleichgewicht auf der Seite des Exzitons“, sagt Dr. Larry Lüer, Spezialist für Photophysik in der Arbeitsgruppe Brabec. Daher müsse sich die Forschung zukünftig darauf konzentrieren, das Exziton am Abklingen zu hindern, das heißt, dessen Anregungs-„Lebensdauer“ zu erhöhen. Bisher habe man sich nur auf die Lebensdauer des CT-Zustandes konzentriert.
Das Abklingen des Exzitons könne durch Aussendung von Licht (Lumineszenz) oder durch Wärmeentwicklung geschehen. Durch geschickte Modifikation des Polymers könnte die Wärmebildung auf ein Minimum reduziert werden, so dass vor allem die Lumineszenz übrigbleibt. „Die Effizienzsteigerung organischer Solarzellen führt daher über hoch lumineszente Akzeptor-Moleküle“, betont Classen.
Andrej Classens Arbeit ist in der Fachzeitschrift „Nature Energy“ erschienen.