Zur kommenden Sportfachmesse ISPO wird erstmals E-Sport in den Messehallen zu finden sein. Dahinter steht die rasante Entwicklung des digitalen Sports – und eine junge digitalaffine Zielgruppe, die über klassische Kanäle kaum noch zu erreichen ist.
E-Sport steht für sportliche Wettkämpfe, die von Menschen über Computer und mithilfe von Computerspielen ausgetragen werden. Wobei es meist junge Menschen zwischen sechzehn und fünfundzwanzig Jahren sind, die selbst spielen – oder Turniere besuchen. Die Verbreitung des E-Sports hat sich mit der Verfügbarkeit von Breitbandzugängen und zunehmend leistungsfähigen Computern zu Beginn der Nullerjahre beschleunigt. Seither bildete sich ein weltweites Ökosystem – bestehend aus Athleten, Teams, Wettkämpfen, Übertragungen und Sponsoren.
Rasantes Wachstum
Das Wachstum ist rasant: 2014 sahen sich noch siebenundzwanzig Millionen Menschen die Duelle der fünfwöchigen Meisterschaft League of Legends Championship des Spiele-Entwicklers Riot Games an – 2016 waren es bereits dreiundvierzig Millionen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Preisgeldern: Pro-Gamer spielen auf internationalen Turnieren wie The Grand Finals um Preisgelder in Millionenhöhe (Quelle: Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU)).
Zukunftsmarkt
E- Sport entwickelte sich innerhalb von zwanzig Jahren zu einem Milliardenmarkt – und dieses Wachstum soll anhalten. Experten gehen davon aus, dass die digitale Disziplin zu einer der bedeutendsten Sportarten wird. Die Deloitte Studie 2018 prognostiziert bis 2020 ein globales Marktvolumen von 1,3 Milliarden Euro. Wie die Studienautoren anmerken, sind die wichtigsten Erlösquellen Sponsoring und Werbung. E-Sport-Wettkämpfe werden vorwiegend online übertragen und Vermarkter haben ein Interesse an der jungen digitalaffinen Zielgruppe, die auf klassischen Kanälen schwer zu erreichen ist.
Anerkennung
Ein Zugang, den auch der ISPO-Verantwortliche Tobias Gröber teilt. Er sieht in E-Sport neue Chancen für die Sportartikelindustrie und integrierte E-Sport in die ISPO- Digitalisierungsoffensive Digitize. Ziel der Initiative ist die Vermittlung von Expertenwissen. Darüberhinaus werden vor Ort Spiele ausgetragen. Unter anderem ist ein Freundschaftsspiel zwischen den Bayern Ballers Gaming, dem E-Sport-Team des FC Bayern Basketball, und der Community angekündigt.
Die Sportfachmesse nimmt mit dieser Initiative eine Vorreiterrolle in Deutschland ein, wo E-Sport noch nicht als offizielle Sportart anerkannt ist. In Ländern wie Bulgarien, Großbritannien, den Niederlanden, Schweden und Südkorea ist dies bereits der Fall. Die Entscheidungsmacht liegt beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), der den Status von E-Sport auf rechtlicher Basis zu entscheiden hat.
Spiel vs. Sport
In seiner jüngsten Stellungnahme zu dem Thema veröffentlichte der DOSB im Oktober 2018 ein Statement der Vorstandsvorsitzenden Veronika Rücker. Darin unterschied Rücker in elektronische Sportartensimulationen und elektronische Spiele. Zitat: „In den virtuellen Sportarten sehen wir für unsere Vereine und Verbände Potenzial für eine Weiterentwicklung. eGaming hingegen passt nicht zu dem, was den gemeinwohl-orientierten organisierten Sport prägt.“
Mit elektronischer Sportartensimulation nimmt der DOSB offenbar Bezug auf Spielreihen wie jene der FIFA. Es handelt sich um eine von der FIFA lizenzierte Fußballsimulation, die von EA Sports (Electronic Arts Sports) produziert wird.
Nun hoffen die Akteure der Spiele-Industrie auf eine zeitnahe Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Anerkennung der Gemeinnützigkeit von E-Sport. Eine Zustimmung des DOSB ist dafür nicht notwendig. So die offizielle Information von Game, dem Verband der deutschen Games-Branche.
Eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit würde sich unter anderem steuerrechtlich auswirken. Weil dann weitere E-Sport-Teams motiviert wären, sich als Verein eintragen zu lassen. Eine weitere wesentliche Auswirkung wäre die Öffnung des Zugangs zur Sportförderung.
Anforderungen
Der Verband Game vergleicht die Leistung der E-Sport-Athleten mit jenen von Motorsport-Athleten, die über geistige und motorische Fähigkeiten verfügen müssen.
- Zentrale motorische Anforderungen sind Hand-/Augen-Koordination, Reaktionsgeschwindigkeit und Durchhaltevermögen.
- Zu den geistigen Anforderungen zählen räumliches Orientierungsvermögen, Spielübersicht, Spielverständnis, taktische Ausrichtung sowie vorausschauendes und laterales Denken.
Relevante Fakten liefert auch eine sportwissenschaftliche Studie, die von Prof. Dr. Froböse an der Deutschen Sporthochschule Köln durchgeführt wurde. Die dabei erhobenen Körperdaten entsprechen jenen traditioneller Sportarten. Der Cortisolspiegel der Spieler entspricht ungefähr jenem von Rennfahrern und die Herzfrequenz ist jener von Marathonläufern nahe.
Karriere
Vielen jungen Menschen scheint eine E-Sport-Karriere verlockend. Jedoch ist jahrelanges kontinuierliches Training – und mitunter auch finanzieller Einsatz gefordert. David Klaipal, einer der erfolgreichsten FIFA-Profis Österreichs, spielt für den FK Austria. In einem Interview auf eSports.at erzählt er, dass er in einem Jahr zehntausend Euro ausgegeben habe, um E-Sportler zu werden. Einer seiner Freunde, Philip Kolmus, engagiert sich mit seinem Startup Syntic eSports in E-Sport-Beratung und –Management. Der 24-jährige Kolmus war Vizestaatsmeister in Call of Duty Ghosts, bevor er auf FIFA umstieg. In seinen Vermarktungsstrategien sind digitale Plattformen zentral. Kolmus: „Twitter ist das beste Soziale Medium für den E-Sport und auf Twitch kann man sein Gameplay livestreamen. Auch auf Instagram kann man recht gut eine Community aufbauen.“ Unter anderem ist es der hochwertige Bild-, Video- und Grafik-Content in den Sozialen Medien, der ihm in seinem Startup ein Anliegen sind.
Erfolgreiche Titel
Zu den beliebtesten Titeln zählen Dota 2, League of Legends und FIFA. Zuletzt ist ein Hype um den Titel Fortnite entstanden, der im September 2017 von Epic Games gelauncht wurde. Laut Deloitte Studie 2018 sind es schon weltweit vierzig Millionen Spieler, die das Spiel mindestens einmal pro Monat nutzen.
Bei Game, dem Verband der deutschen Games-Branche ist zu erfahren, dass die erfolgreichsten Titel meistens mehrere Jahre auf dem Markt sind. Selbst neuere Erscheinungen wie Overwatch oder Tom Clancy’s Rainbow Six: Siege sind schon mehr als zwei Jahre alt. In der Regel bekommen diese Titel keine Nachfolger sondern werden permanent weiterentwickelt und Nutzer kostenfrei mit Neuerungen versorgt.
Technologien
Auch die Technologien werden iterativ weiterentwickelt. Relevant sind Aspekte, die ein verzögerungsfreies Spiel ermöglichen und die Übertragung der Spiele auf Plattformen wie Twitch.tv oder YouTube ermöglichen. Zentral sind noch leistungsstärkere Prozessoren und Grafikchips sowie Streaming- und Netzwerk-Technologien.