cBeim Wort Datenspeicher denken die meisten Menschen in erster Linie an Computer, Festplatten, USB-Sticks, CDs oder auch auch Handys und dergleichen. Wissenschaftler der ETH Zürich haben nun gemeinsam mit einem israelischen Kollegen eine Möglichkeit gefunden, Informationen auf allen möglichen beliebigen Objekten zu speichern. So lassen sich Daten beispielsweise in Hemdknöpfen, Wasserflaschen oder sogar Brillengläsern speichern oder verstecken. Die Daten können dann Jahre oder Jahrzehnte später wieder ausgelesen werden.
Als Speichermedium dient laut Aussagen der Wissenschaftler die DNA im jeweiligen Medium, auch wenn künstliche Objekte – im Gegensatz zu Lebewesen – eigentlich gar keine DNA haben. Ein Objekt, das gemäß einer Bauanleitung mit einem 3D-Drucker hergestellt wird, kann nur dann noch einmal genauso produziert werden, wenn die originalen digitalen Informationen immer noch vorhanden sind. Im Objekt selbst sind diese Informationen normalerweise nicht gespeichert.
Die Forscher der ETH Zürich haben nun aber eine Möglichkeit gefunden, genau das zu tun. „Es lässt sich damit eine 3D-Druck-Anleitung in ein Objekt integrieren, sodass diese selbst nach Jahrzehnten oder Jahrhunderten noch direkt aus dem Objekt herausgelesen werden kann“, erklärt Robert Grass, Professor am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften. Gespeichert ist die Information wie bei Lebewesen in DNA-Molekülen.
DNA in Nanokügelchen
Diese DNA sind in diesem Fall winzige Glaskügelchen, die einen DNA-„Strichcode“ enthalten. Diese Nanokügelchen kann man laut der Erfinder unter anderem als Tracer bei geologischen Untersuchungen verwenden oder man kann damit hochwertige Nahrungsmittel kennzeichnen, um sie von Fälschungen zu unterscheiden. Der Strichcode sei dabei verhältnismäßig kurz: 100 Bit (100 Stellen „0“ oder „1“). Die Technologie wird mittlerweile vom ETH-Spin-off Haelixa kommerzialisiert.
Außerdem hat Grass Kollege Yaniv Erlich, ein israelischer Computerwissenschaftler, eine Methode entwickelt, mit der theoretisch 215.000 Terabytes an Daten in einem einzigen Gramm DNA gespeichert werden können. Grass selbst speicherte vor einem Jahr ein ganzes Musikalbum – 15 Megabytes an Daten – in DNA. Die beiden Wissenschaftler kombinierten nun ihre Ansätze zu einer neuen Datenspeicherform, die sie „DNA der Dinge“ nennen – in Anlehnung an das „Internet der Dinge“. Das ermöglicht es, dass physische und virtuelle Gegenstände zusammenarbeiten, indem sie miteinander vernetzt werden.
Als Beispiel produzierten die Forscher mittels 3D-Druck ein Häschen aus Kunststoff, das in kleinen Glaskügelchen seine eigene Bauanleitung in sich trägt, die – wie bei lebendigen Hasen – über Generationen erhalten bleibt. Um das zu beweisen, entnahmen die Wissenschaftler die Druckinformationen aus einem kleinen Teil des Häschens und druckten daraus insgesamt fünf Mal ein neues Häschen. Diesen Prozess konnten sie fünfmal wiederholen und so quasi „Urururenkel“ des Häschens herstellen.
Alle anderen bekannten Speicherformen hätten eine unveränderliche Geometrie und man könne die Form nicht verändern, ohne Information zu verlieren, sagt Erlich. „DNA ist derzeit die einzige Datenspeicherform, die auch in flüssiger Form vorliegen kann. Dies erlaubt es uns, sie in Objekte jeglicher Form einzubringen.“
Informationen in Alltagsgegenständen verstecken
Ein weiterer Vorteil der neuen Technologie sei, dass man Information in Alltagsobjekten verstecken kann, betonen die Forscher. Sie nannten als Beispiel einer sogenannten Steganografie das geheime Archiv, das im Warschauer Ghetto in Milchkannen angelegt wurde, um die Dokumente vor Hitlers Truppen zu verstecken.
Die Wissenschaftler des ETH speicherten mit Hilfe der Glaskügelchen-Technologie einen Kurzfilm über dieses Archiv in einem unauffälliges Brillenglas. „Mit einer solchen Brille wäre es problemlos möglich, die Sicherheitskontrolle an einem Flughafen zu passieren und damit unerkannt Informationen von einem Ort zu einem anderen zu transportieren“, sagt Erlich. Verstecken könne man die Glaskügelchen im Prinzip in allen Kunststoffobjekten, welche bei der Herstellung nicht allzu hoch erhitzt werden müssen, zum Beispiel in Epoxide, Polyester, Polyurethane und Silikone.
Die Technologie könnte aber nicht nur für Spione eine neue Ära einläuten, man könnte damit beispielsweise auch Medikamente kennzeichnen oder Baustoffe wie Klebemittel oder Farben. Die Informationen zu deren Qualität könnten direkt im Medikament oder Baustoff hinterlegt werden, sagt Grass. So könnten Arzneimittelüberwachungsbehörden Messergebnisse der Produktionsqualitätskontrolle direkt aus dem Produkt herauslesen und bei Gebäuden könnte man bei einer Renovation sehen, welche Produkte von welchen Herstellern beim Bau verwendet wurden.
Bis die Methode im großen Stil eingesetzt werden kann, muss sie allerdings noch um einiges günstiger werden. Eine 3D-Druckdatei wie die der Häschen in DNA-Unformation zu übersetzen kostet laut Grass aktuell rund 2000 Franken (knapp 1.840 Euro).
Der Artikel über die neue Datenspeichertechnologie erschien im Fachmagazin Nature Biotechnology.
Titelbild: Ein 3D-Drucker druckt einen Kunststoffhasen. Im Kunststoff sind DNA-Moleküle enthalten, in denen die Druckanleitung kodiert ist. (Bild: ETH Zürich / Julian Koch)