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Der Umwelt zuliebe müssen in den kommenden Jahren nicht nur PKWs umweltfreundlicher werden, auch Nutzfahrzeuge müssen ihren CO2-Ausstoß, besonders bezüglich von Stickoxiden (NOx), entscheidend reduzieren. Elektroanriebe sind für Nutzfahrzeuge im Langstreckenbetrieb jedoch ungeeignet. Zu schwere Batterien und zu lange Ladezeiten würden diese Antriebe unrentabel machen.

Ganz anders Wasserstoff. Wasserstoff-angetriebene LKWs rollen bereits über europäische Straßen. Aber auch synthetisches Erdgas aus überschüssigem Ökostrom wird erforscht: Am Mobilitätsdemonstrator move der Empa werden ab 2021 die ersten Erdgas-Lastwagen damit betankt. Ebenso als Alternative zu Diesel sehen Forscher eine weitere Möglichkeit: Dimethylether (DME).

Günstige Infrastruktur, saubere Verbrennung

Dimethylether wird bereits für andere Zwecke jährlich im Maßstab von mehreren zehntausend Tonnen hergestellt. Die Chemikalie dient zum Beispiel als Treibgas in Spraydosen und ist Bestandteil von Kältemitteln in Kühlanlagen. Außerdem fällt sie als Zwischenprodukt in der chemischen Industrie an und hat einen großen Vorteil: Sie kann kostengünstig und fast verlustfrei aus Methanol hergestellt werden. Methanol ist seinerseits mit Strom aus Solar- und Windenergie günstig darstellbar.

Darüber hinaus hat DME ähnliche Eigenschaften wie Flüssiggas und kann daher in günstigen Tanks unter geringem Druck in flüssiger Form befördert und aufbewahrt werden. Im Gegensatz zu Wasserstoff. Und auch die Technik für Tankanlagen ist seit Jahren weltweit im Einsatz und kostengünstig. Nicht zuletzt ist im Dimethylether Sauerstoff chemisch gebunden, wodurch DME besonders sauber und mit geringer Rußbildung verbrennt.

Dies zeigt sich auch in ersten Versuchen mit Dimethylether als Treibstoff. So führt Volvo Trucks führt seit 2013 in Schweden und in den USA Praxisversuche mit Experimental-Lastwagen durch. In Europa läuft seit 2016 ein vom Ford Research and Innovation Center Aachen koordiniertes Forschungsprojekt. Der Motor wurde bereits in einen Ford Mondeo eingebaut und erprobt.

Erprobung in einem modifizierten Lastwagenmotor

Auf diesen bisher gewonnen Erkenntnissen baut die Empa gemeinsam mit der FPT Motorenforschung AG Arbon, dem Politechnico di Milano, dem Schmierstoffhersteller Motorex und weiteren Partnern nun auf. Seit Anfang Juli 2020 ist ein Versuchsmotor in einem Prüfstand der Empa-Abteilung Fahrzeugantriebssysteme in Betrieb. Er soll fundierte Daten zu Brennverfahren, Effizienz und Umweltfreundlichkeit von DME im Nutzfahrzeugsektor liefern.

Öko-Tuning: Der Dieselmotor am Empa-Prüfstand wurde auf DME angepasst. Foto: Empa

„Wir kennen diesen Motor schon sehr gut“, sagt Projektleiter Patrik Soltic. „Der Motorblock stammt von einem Cursor 11-Nutzfahrzeugmotor des Herstellers FPT Industrial und dient uns bereits seit fünf Jahren für diverse Forschungsprojekte. In den vergangenen Monaten haben wir ihn zusammen mit unserem Partner FPT auf DME umgerüstet.“ Das sei jedoch nicht ganz einfach gewesen, denn das leichtflüchtige DME besitze im Gegensatz zu Dieseltreibstoff praktisch keine Schmiereigenschaften. Das habe vor allem die Hochdruckpumpe des Common-Rail-Einspritzsystems rasch zerstört.

Treibstoff ohne Additive

Anders als bei früheren Versuchen, soll der aktuelle Versuchsmotor mit reinem DME betrieben werden. Ohne Zusatz von schmierenden Additiven. Dazu haben die Wissenschaftler gemeinsam mit einem großen europäischen Zulieferer eine neue, ölgeschmierte Common-Rail-Pumpe entwickelt. Ferner mussten die Ventile und Ventilsitzringe auf DME-taugliches Material umgerüstet werden. Für eine präzise Abgasrückführung sorgt ein elektrisch betriebener Kompressor. Schließlich hätte man auch die Brennräume und das Verdichtungsverhältnis des ehemaligen Dieselmotors anpassen müssen, erklären die Wissenschaftler. Die neue Form der Brennräume sei mit Hilfe von mathematischen Simulationen am Politechnico di Milano errechnet worden.

„Nun wollen wir die Maschine mit dem neuen Treibstoff kennenlernen“, sagt Soltic. Dabei würde man mit einem im Autobahnbetrieb üblichen Mittellast-Bereich beginnen, bei dem der Motor 100 kW Leistung liefern muss. „Dann modifizieren wir unter anderem den Zeitpunkt und den Druck der Einspritzung, schauen uns die Abgaswerte und den Treibstoffverbrauch an.“ Während der Testphase nimmt das Forscherteam auch immer wieder Proben des Motoröls, um chemische Veränderungen zu untersuchen. Die Ergebnisse werden genutzt, um ein speziell angepasstes Motoröl zu entwickeln.

Vielversprechende erste Ergebnisse

In einer ersten Testphase habe sich bereits gezeigt, dass Dimethylether in Zukunft in der Tat umweltfreundliche Alternative zum Diesel sein könnte, betonen die Wissenschaftler. Denn der große Vorteil beim DME-Betrieb ist laut Soltic „die Chance, in fast allen Betriebszuständen einen sehr hohen Anteil Abgas in die nächste Füllung des Zylinders zu übernehmen, mittels der sogenannten Abgasrückführung (AGR)“. Diese Technik ermögliche es, viel NOx einzusparen, was die Abgasreinigung hinter dem Motor entlaste und es erlaube, zukünftige, strengere Grenzwerte sicher zu erfüllen. „Bei fossilem Diesel führen hohe Abgasrückführraten zu ansteigenden Partikelemissionen, dies ist bei DME nicht der Fall.“

Noch befinde man sich in der prä-kompetitiven Phase der Forschungsarbeit, erläutert Soltic. Es seien noch weitere Forschungen nötig, um den Dimethylether-Antrieb alltagstauglich zu machen. Dazu gehören auch eine effiziente Herstellung von Dimethylether und spezielle Anlagen für die Produktion.

Die Forschungsarbeiten finden in Kollaboration mit der Universität Zürich statt und sind Teil des Projekts „LightChEC“. Mitfinanziert wird das Forschungsprojekt vom Bundesamt für Energie (BFE).