© Red Dot Design Museum in Essen
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In den letzten Wochen sind viele Unternehmen in Konkurs gegangen. In der Öffentlichkeit wird dies damit begründet, dass diese Unternehmen für die Kunden nicht relevant seien. Relevant zu sein ist wichtiger, als man denkt. Das gilt nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Wissenschaft. Sowohl in der Wissenschaft als auch in der Wirtschaft macht man häufig denselben Fehler, wenn es um die Interpretation von Relevanz geht: Man behauptet Relevanz mit der Bemerkung “das hat man noch nie gemacht”. In dem Moment, in dem Sie jemanden so etwas sagen hören, wissen Sie, dass er in die Relevanzfalle getappt ist.

Das hat noch nie jemand gemacht

Es gibt alle möglichen Formen von Relevanz, aber “das hat noch nie jemand gemacht” gehört nicht dazu. Menschen klingen oft euphorisch, wenn sie in ihrem Enthusiasmus verkünden, dass ihre Idee noch nie zuvor gemacht wurde. Auf den ersten Blick scheint dies eine logische Begründung für die Relevanz zu sein und wird daher auch sehr oft so genannt. Sie stellt jedoch keine angemessene Anwendung des Konzepts der Relevanz dar. Hierfür gibt es zwei Gründe. Erstens hat diese Motivation eine sehr schnelle Gegenreaktion, nämlich: “Warum hat das noch nie jemand gemacht?”. Aus dieser Perspektive ist die Bemerkung “Das hat noch nie jemand gemacht” eher ein Beweis für mangelnde Relevanz als für einen Überfluss an Relevanz. Schließlich könnte man die Gegenfrage auch so formulieren: “Niemand war jemals verrückt genug, es zu tun”. Das könnte daran liegen, dass es ein großer Aufwand für wenig Wirkung ist, es könnte daran liegen, dass es rechtliche oder ethische Probleme gibt, aber es könnte auch daran liegen, dass die Einschätzung ist, dass niemand darauf wartet. Letzteres bringt uns zum zweiten Grund: Relevanz wird immer durch die Augen eines anderen betrachtet. Sie sind für jemand anderen relevant. Die Tatsache, dass ein Konzept noch nicht angeboten wurde, ist im Grunde irrelevant; was zählt, ist, ob jemand anderes darauf wartet.

Die Relevanz liegt nie in der Frage, warum es noch niemand getan hat, sondern in der Frage, warum man es tun sollte. Warum dieses neue Konzept vermarkten? Warum diese Forschung durchführen? Nicht, weil es noch nie jemand getan hat, sondern weil es einen echten Vorteil bringt, es jetzt zu tun. Die Antwort auf diese Frage ist das, was Simon Sinek auch als “alles beginnt mit dem Warum” beschreibt. Wenn man sich auf das Warum konzentriert, wird man für andere inspirierend. Es klingt so einfach, das Warum in den Mittelpunkt zu stellen, aber in der Praxis ist es das ganz sicher nicht. Unternehmen und Wissenschaftler, die dies sehr gut können, sind oft die neuen Vordenker unserer Zeit.

Designer, jetzt!

Menschen, die sich von Natur aus schnell an Relevanz orientieren, neigen – bewusst oder unbewusst – dazu, einen designorientierten Stil anzunehmen. Designer beantworten Fragen, die mit “Wie können wir…?” beginnen, z. B. “Wie können wir den ökologischen Fußabdruck unseres Unternehmens verringern?” oder “Wie können wir sicherstellen, dass die Impfraten steigen?”. Diese Art von Fragen führt in der Regel zu einer Art von Rezept. Dieses Rezept wird dann als relevant angesehen, wenn es ein tatsächliches Problem löst und nicht nur ein Pseudoproblem. Letztendlich geht es darum, Lösungen für tatsächliche Probleme zu finden, nicht sexy Lösungen für obskure Probleme. Daran anknüpfend ist der Unterschied zwischen Design und Kunst zu sehen. Das Red Dot Design Museum in Essen unterstreicht dies mit einem Zitat des deutschen Grafikdesigners Kurt Weidemann an seiner Wand:

“Kunst produziert Originale, Design Serien.
Kunst ist um ihrer selbst willen da. Design ist eine auftragsbezogene Dienstleistung.
Design braucht ein hohes Maß an Objektivität. Kunst ist subjektiv.
Design geht intelligente Kompromisse ein. Kunst schließt sie aus.
Design orientiert sich am Machbaren. Kunst an der Utopie.
Design muss nachvollziehbar sein. Kunst muss es nicht sein.
Design geht von etablierten Gewohnheiten aus. Kunst lässt sie hinter sich.”

Genau dieser lebensgroße Unterschied ist wichtig für jeden, der relevant sein will. Künstler machen Dinge, die noch nie zuvor gemacht wurden; Designer machen Dinge, die das Leben anderer Menschen ein bisschen schöner, effizienter, lustiger oder grüner machen.