Autos, Handys, Kameras, die meisten Batteriebetriebenen Geräte in unserem Alltag werden von Lithiumbatterien mit Strom versorgt. Die Nachteile dieser Speichermedien sind allerdings, dass der Elektrolyt – das Medium, das es Elektronen und positiven Ladungen ermöglicht, sich zwischen den Elektroden zu bewegen – eine entflammbare Flüssigkeit ist. Außerdem ist Lithium eine begrenzte Ressource, deren Gewinnung zudem äußerst umstritten ist. Diese Lithiumbatterien könnten aber bald überholt sein. Spezialisten für Kristallographie an der Universität Genf (UNIGE) haben nämlich einen nicht brennbaren, festen Elektrolyten entwickelt, der bei Raumtemperatur arbeitet.
Dieser Elektrolyt transportiert Natrium anstelle von Lithium. Natrium ist im Gegensatz zu Lithium reichlich vorhanden und ermöglicht auch leistungsfähigere Batterien. „Natrium ist ein guter Kandidat, um [Lithium] zu ersetzen, da es chemische und physikalische Eigenschaften aufweist, die denen von Lithium nahekommen und überall zu finden ist”, erklärt Fabrizio Murgia, Postdoc-Stipendiat der naturwissenschaftlichen Fakultät der UNIGE. Die Eigenschaften dieser „idealen” Batterien würden auf der kristallinen Struktur des Elektrolyten, einem aus Bor und Wasserstoff bestehenden Hydroborat, beruhen, erklären die Forscher.
Zu hohe Temperatur
Natrium und Lithium liegen im Periodensystem nahe beieinander. „Das Problem ist, dass Natrium schwerer ist als sein Vetter Lithium. Das bedeutet, dass es Schwierigkeiten hat, sich im Batterie-Elektrolyten zurechtzufinden”, sagt Matteo Brighi, Postdoc-Stipendiat an der UNIGE und Erstautor der Studie, die in der Zeitschrift Cell Reports Physical Science veröffentlicht wurde. Daher müssten Elektrolyte entwickelt werden, die Kationen wie Natrium transportieren können. Japanische und amerikanische Forscher haben bereits in den Jahren 2013 und 2014 Hydroborate als gute Natriumleiter bei über 120°C identifiziert. Auf den ersten Blick sei dies eine zu hohe Temperatur für den alltäglichen Gebrauch von Batterien, „aber ein Geschenk des Himmels für das Genfer Labor!“
„Wir erzielten sehr gute Ergebnisse mit ausgezeichneten Eigenschaften, die mit Batterien kompatibel sind“, so Radovan Cerny, Professor im Kristallographielabor der UNIGE und Projektleiter. „Es ist uns gelungen, Hydroborate als Elektrolyt von Raumtemperatur bis 250 Grad Celsius ohne Sicherheitsprobleme einzusetzen. Darüber hinaus widerstehen sie höheren Potentialunterschieden, was bedeutet, dass die Batterien mehr Energie speichern können.”
Praktische Störung
Dank der Kristallographie konnten die von den Wissenschaftlern veröffentlichten Herstellungsstrategien umgesetzt werden. „Unser Artikel bietet Beispiele für Strukturen, mit denen die Hydroborate erzeugt und gestört werden können”, sagt Murgia. Die Struktur der Hydroborate ließe Sphären von Bor und negativ geladenem Wasserstoff entstehen, wobei diese kugelförmigen Räume genügend Raum für den Durchtritt positiv geladener Natriumionen ließen. „Da sich die negativen und positiven Ladungen jedoch gegenseitig anziehen, mussten wir eine Unordnung in der Struktur erzeugen, um die Hydroborate zu stören und dem Natrium die Bewegung zu ermöglichen”, erläutert Brighi.
Laut Aussagen der Forscher ist der Artikel ist ein „Toolkit für Batterieentwickler“ und soll eine neue Generation von Batterien hervorbringen, die „stabiler und leistungsfähiger“ sind. Aktuell arbeiten UNIGE und EMPA an der Entwicklung einer 4V-Natriumbatterie, die leistungsfähiger sein wird als die 2019 auf den Markt gebrachte 3V-Batterie. „Ein authentisches Produkt, Made in Switzerland‘“.
Titelbild: Symmetrie der Störung. Dreidimensionale Oberfläche der Natriumionendiffusion in einem Hydroboratkristall. Dieses neue Material bildet eine ungeordnete, aber hochsymmetrische Struktur, die eine Mobilität von Natrium ermöglicht, die mit der von Lithium in kommerziellen Batterien vergleichbar ist. © UNIGE/Brighi