Elon Musk. Kaum eine Persönlichkeit der neueren Zeit ist umstrittener. Die einen glauben, dass der Entrepreneur alles kann, auch über Wasser wandeln, die anderen halten ihn nur für einen Emporkömmling, der auf Kosten anderer seinem kapitalistischen Hobby der Geldanhäufung frönt. Der fleischgewordene Uncle Scrooge McDuck.
Und nun also Twitter.
Und seit Musk für die läppische Summe von 44 Mrd. US-Dollar das soziale Netzwerk gekauft hat, sind die Gräben zwischen den Musk-Jüngern und -Hassern noch größer geworden.
Viele potenziellen Teslakäufer scheinen seitdem auf dem Kriegspfad. Zumindest diejenigen, die sich zur woken Elite zählen. So finden sich inzwischen eine Reihe von dramatischen tweets von „enttäuschten“ Musk- und Tesla-Fans, die erklären, dass sie den eben bestellten Elektrowagen wieder abbestellt hätten. Sie würden mit dem Kauf eines Tesla keine antidemokratischen Milliardäre unterstützen wollen, die die Meinungsfreiheit der sozialen Plattform unterminieren.
Darüber hinaus gibt es die Drama-Queens und -Kings, die sich mit ihren kurzen Kommentaren in Richtung „Mastodon“ verabschieden. Da herrscht offenbar mehr Meinungsfreiheit.
Das ist der status quo.
Um was gehts eigentlich? Da hat ein Ausnahmeunternehmer, der sich bislang dadurch auszeichnete, mehrere Branchen disruptiv neugeordnet zu haben, eine soziale Plattform gekauft, die er nun radikal umstülpen will.
Dazu gehört unter anderem, dass die Plattform endlich mal auf wirtschaftlich eigenen Beinen stehen kann. Bislang hatte twitter nur Verluste gemacht. Das mag auch daran gelegen haben, dass sich seit Jahren kaum was geändert hatte – außer der Beschneidung der Meinungsfreiheit der schlechten Menschen.
Also derer, die eigentlich in unserer vorbildlichen Gesellschaft nichts mehr zu suchen haben. Die Trumps dieser Welt, die vermeintlichen und echten Nazis, die Konservativen und vor allem die Rechten. Zudem schütteln viele mit dem Kopf: wie kann man eine derart wichtige Plattform EINEM EINZIGEN MENSCHEN überlassen, der zudem gerade auf dem Weg zu Trumpismus ist. Schließlich hat Musk seine Sympathien den Demokraten gegenüber gerade zurückgezogen und tendiert jetzt zu den bösen Republikanern.
Darf man da eigentlich noch einen Tesla kaufen?
Die Frage ist vielleicht falsch gestellt. Denn wenn sie grundlegender überdacht wird, wird daraus eine ganz andere Frage: darf man überhaupt noch ein Automobil kaufen. Schließlich wird durch kein Gadget unserer Zeit die Welt mehr „ausgebeutet“ als durch alles, was mit dem Individualverkehr zusammenhängt.
OEMs biedern sich Antidemokraten an. Potentaten fahren mit Luxuslimousinen aus dem Westen. Rohstoffausbeutung in Südamerika, Afrika. Autoherstellung in einem Land (China), das andere Ethnien verfolgt und schikaniert. Und dann wäre da noch der Schaden fürs Klima. Man könnte die Aufzählung endlos weiterführen. Jeder Pkw jedes OEMs könnte auf üble Machenschaften in irgendeiner Form heruntergebrochen werden. Erinnert sich noch jemand an den VW Dieselskandal?
Wurde jemals von Autofans in Frage gestellt, unter welchen Bedingungen Öl, Lithium oder Nickel gefördert wird? Oder wie demokratisch die ölfördernden Länder am Golf sind?
Darf man also noch einen Tesla kaufen?
Ein Fahrzeug, das nachweislich zu den Automobilen gehört, die über die höchste Effizienz verfügen. Ein Fahrzeug, das faktisch derzeit die Spitze der Elektromobilitätsentwicklung markiert. Dessen Preis-Leistungsverhältnis so gut ist, dass es im ersten Halbjahr 2022 Platz 1 (Model Y) und Platz 2 (Model 3) der weltweiten Charts einnahm.
Und wird die NASA nun die Zubringerflüge zur ISS einstellen? Weil SpaceX auch Musk gehört? Werden die woken Astronauten nun darauf bestehen, dass sie weiter mit Sojus-Kapseln fliegen?
Fragen über Fragen. In der Zwischenzeit geht der Klimawandel munter weiter und in Sharm El Sheikh trifft sich einmal mehr das Klima-Jet-Set, um in gut gekühlten Konferenzräumen die nächste Zusammenkunft ohne echte Ergebnisse abzuhalten. Wir leben wirklich in seltsamen Zeiten.