Seit der „Benz Patent-Motorwagen Nummer 1“ von Carl Benz im Jahr 1886 als offiziell erstes Automobil mit Verbrennungsmotor über die Straßen rollte, hat sich das Auto zwar entscheidend weiterentwickelt, eines hatten die vierrädrigen Fortbewegungsmittel aber gemeinsam: Sie waren ein mechanisches Fortbewegungsmittel, denn zentraler Punkt der Motor war. In der jüngsten Vergangenheit ist die Mechanik aber immer mehr in den Hintergrund gerückt und die Elektronik und auch Software übernehmen bei modernen E-Autos immer mehr Aufgaben.
Autos haben schon jetzt nicht mehr nur Park- oder Bremsassistenten und ähnliche Sicherheitsausstattungen. Sie sind „online“ und es dauert wohl nicht mehr lange, bis es alltäglich wird, dass sie untereinander und – die nötige Infrastruktur vorausgesetzt – mit ihrer Umgebung kommunizieren können. In nicht allzu ferner Zukunft werden Autos Teil des Internet der Dinge und Updates und Upgrades werden, wie bei unseren heimischen Computern, problemlos vonstatten gehen können. Kurz gesagt: Das Auto wird immer mehr zu einer Außenstelle des Zuhauses. All das hat aber natürlich auch seinen Preis.
Der elektrische Antriebsstrang, aber auch die vollständige Vernetzung und autonomes Fahren führt laut der Münchner Strategieberatung Roland Berger dazu, dass elektronische Komponenten und Software auch künftig immer mehr an Bedeutung gewinnen. Was zur Folge hat, dass die Kosten weiter steigen. „Die Einführung des softwaregesteuerten Autos führt zu deutlichen Veränderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, sagt Falk Meissner, Partner bei Roland Berger und Mit-Autor der Studie. „Alle Akteure in der Industrie sind davon betroffen: Während OEMs beispielsweise künftig erhebliche Ressourcen für die Modulintegration aufwenden müssen, werden Halbleiterhersteller zunehmend auch zum Softwareanbieter.”
Antriebsstrang als Kostentreiber
Laut der der Studie „Computer on Wheels – Disruption in Automotive Electronics and Semiconductors“ wird der Kostenanteil elektronischer Komponenten im Verhältnis zu allen Bauteilen bis zum Jahr 2025 voraussichtlich von aktuell ca. 16 Prozent auf rund 35 Prozent wachsen. Das heißt, alleine die Kosten für die Elektronik bei einem elektrisch angetriebenen und halbautonom fahrenden Auto werden auf 7.030 US-Dollar steigen. Pro Fahrzeug. Aktuell liegen die Kosten für elektronische Module bei einem Oberklassenauto mit Verbrennungsmotor bei 3.145 US-Dollar.
Etwa ein Viertel der Kosten (725 US-Dollar) ließen sich im Allgemeinen auf die Digitalisierung zurückführen, mehr als die Hälfte der Mehrkosten (2.235 US-Dollar) auf die Elektrifizierung des Antriebsstrangs. Somit werde die Elektromobilität zum zentralen Kostentreiber.
Beim autonomen Fahren entfällt der Löwenanteil der Kosten für die Elektronik (925 Dollar) auf die Punkte Rechenleistung und Sensorik. „Autonomes Fahren erfordert nicht nur einen Wechsel von der menschlichen Entscheidungsfindung zur künstlichen Intelligenz, vom Gedächtnis zur Karte und von den Sinnen zu den Sensoren, sondern auch Investitionen in dafür benötigte Technologien”, sagt Meissner. Rund die Hälfte der zusätzlichen Kosten müsse für Kameras, LIDAR-, Radar- und Ultraschallsensoren aufgewendet werden, der Rest für die KI-gesteuerte zentrale Recheneinheit, die die von den Sensoren gesammelten Daten analysiert und die Aktionen des Fahrzeugs bestimmt.
„Nur ganz wenige Unternehmen werden es schaffen, alleine die komplette Elektronik- und Software-Lieferkette abzubilden und die entsprechenden Investitionen zu tragen”, kommentiert Meissner. Und genau deshalb tun sich auch immer mehr Hersteller mit bisherigen Konkurrenten in Partnerschaften zusammen oder gehen Kooperationen mit Halbleiterspezialisten ein. Bevor Firmen solche Schritte unternehmen, sollten sie aber erst ihre Position in der Wertschöpfungskette neu definieren, meint Meisner. „Erst dann können Hersteller wie Zulieferer entscheiden, welches Know-how in den Bereichen Elektronik, Halbleiter und Software sie aufbauen müssen und welche Kooperationen Vorteile bringen.“
Hier geht es zur kompletten Studie.