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About B.A.M. Ticketing GmbH

  • Founders: Georg Müller (CEO) und Mirko Illic (CTO)
  • Founded in: 2019
  • Employees: 15
  • Money raised: INITS (Inkubatorprogramm der TU Wien), sowie Förderungen von AWS und Horizon 2020
  • Ultimate goal: Infrastrukturprovider für den weltweiten Ticketing Markt werden und jegliche Art von Ticketbetrug oder Schwarzmarkt ausschalten

Es war ein persönliches Erlebnis, das Georg Müller auf die Idee für B.A.M. Ticketing GmbH brachte. Er arbeitete im Großraumbüro einer Bank und beobachtete, dass viele seiner Kollegen ein Rammstein-Ticket kaufen wollten – aber keines bekamen. Kurz darauf verkündeten die Ersten, dass sie nun doch noch ein Ticket bekommen hatten – allerdings zum fast doppelten Preis. Das Konzert sollte erst in neun Monaten stattfinden, wie konnte jemand wissen, dass er nicht hingehen kann, fragte sich Müller und begann zu recherchieren. Dabei zeigte sich, dass es im Ticketing Markt massive Probleme gibt, die aber mit der Blockchain Technologie zu lösen wären, so der Gründer. In dieser Folge der Serie Start-up of the day spricht er über seine Innovation und die Herausforderungen des Gründens: 

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Gründer Georg Müller (c) B.A.M. Ticketing

Was läuft falsch am Ticketing-Markt?

Es sind automatisierte Handelsroboter, welche die Tickets innerhalb kürzester Zeit aufkaufen. Deren Anteil liegt bei großen Veranstaltungen im Schnitt bei 42 Prozent, bei sehr begehrten Events können es aber auch 90 Prozent sein. Das ist ein Riesenproblem für die Künstler, weil ihre Fans verärgert sind, wenn sie das Doppelte bis Dreifache für ihr Ticket zahlen müssen. Falschtickets sind ein weiteres Problem, das man aber auch sehr leicht mit Blockchain-Technologie lösen kann. Ich habe damals mehrere Monate recherchiert und kam zu dem Schluss, dass es hier keine Regulatorik braucht, um den Markt zu verändern, wie etwa im Finanzbereich, sondern einfach nur eine Blockchain Technologie. 

Welches Problem lösen Sie und warum ist das wichtig? 

Ich kenne nicht nur die Blockchain Technologie, sondern auch den Ticketing-Markt sehr gut. Dadurch sehe ich, dass die Blockchain auch abseits von Handelsrobotern und Falschtickets für die Interaktion zwischen verschiedenen Handelsteilnehmern geeignete Möglichkeiten bietet. Ein plakatives Beispiel ist der Transportmarkt. Hier müssen konkurrierende Verkehrsunternehmen kooperieren, damit sich Kunden bei einem Unternehmen ein durchgehendes Ticket für ein Ziel kaufen können, das außerhalb dessen Reichweite liegt. Mit Blockchain-Technologie kann man diese Unternehmen in ein Vertragsverhältnis bringen, ohne dass diese Kundendaten oder Geschäftsgeheimnisse austauschen müssen.  Die Universität Birmingham hat gerade ein EU-Förderung für ein Projekt dieser Art bekommen und die deutsche Bahn arbeitet auch an diesem Thema. Beide forschen an dem Problem, das wir schon gelöst haben. Das heißt, wir könnten ihnen viel Zeit und Arbeit ersparen. Mit unserer Blockchain Technologie könnten sie gleich anfangen, ihren business case zu implementieren.

Wie kann die Blockchain Technologie die Probleme am Ticketing Markt lösen? 

Die Blockchain-Technologie ist noch jung und die Anforderungen an ein Ticketingsystem sind enorm. Wenn man zum Beispiel Tickets für ein Elton John Konzert im Wembley Stadion verkaufen will, dann muss man ungefähr mindestens 250 Transaktionen pro Sekunde durchführen, um den Verkauf abzuwickeln. Das bekannteste Blockchain Netzwerk Ethereum schafft derzeit im Schnitt 20 Transaktionen pro Sekunde. Das bedeutet, dass die Technologie im Ticketing noch nicht eingesetzt werden kann. Eine zweite Anforderung ist die Latenz. Das ist die Geschwindigkeit, mit der eine Einzeltransaktion bei der Validierung der Tickets am Eingang bestätigt werden kann. Die Latenz von Ethereum liegt im Schnitt bei acht Sekunden. Das ist viel zu lang, um das Stadion in angemessener Zeit voll zu bekommen. Die Latenz muss definitiv unter einer Sekunde liegen – und das kann derzeit keine Blockchain Technologie liefern. 

Das war unser Ziel für einen technischen proof-of-concept und wir konnten es erreichen, indem wir unser System nicht generalistisch angelegt haben, sondern spezifisch auf die hohen Anforderungen im Ticketing. Dadurch können wir mit unserer Blockchain Technologie bis zu 2000 Transaktionen pro Sekunde durchführen – und das bei einer Latenz von 0,5 bis 0,8 Sekunden. Eine Performance, die wir für jeden einzelnen Event verfügbar machen können. Auch darin unterscheiden wir uns von Ethereum, das diese Kennzahlen für alle Applikationen hat, die im Netzwerk laufen. 

Wie können wir uns Ihr Geschäftsmodell vorstellen?

Eigentlich sind wir Technologieprovider – zum einen für Blockchain Ticketing, aber auch für die Schnittstellen zwischen Web2 und Web3. Wir integrieren diese Technologie in bestehende Ticketsysteme, aber da die Blockchain Technologie noch jung ist, verlangen alle einen market-proof. Deswegen haben wir auch eine eigene Software-as-a-Service-Lösung, über die man – ähnlich wie bei eventbrite – Veranstaltungen abwickeln kann. Zu unseren Kunden zählen ein Museum, ein Fußballverein, Festivals und Musikkonzerte. Außerdem bieten wir unsere Lösung auch als White Label Produkt an – in Amerika, in Asien und hoffentlich bald auch in Afrika, wo die Digitalisierung mit Hochdruck vorangetrieben wird. 

Was war das größte Hindernis, das Sie überwinden mussten? 

Das war definitiv die Unsicherheit bezüglich der technischen Machbarkeit. Wir wussten, dass es bei bestehenden Netzwerken keinen use case geben kann – unter anderem wegen der mangelnden business data privacy. Aber wir wussten nicht, ob wir dieses Hindernis überwinden können. Die Sicherheit hatten wir erst nach einem Jahr Forschung & Entwicklung. Aber es sind noch weitere Hindernisse zu überwinden. So stehen Viele den Kryptowährungen noch negativ gegenüber – und das kann man nur überwinden, wenn klar ist, was die Blockchain Technologie leisten kann und was sie nicht leisten kann. Dazu bedarf es noch Aufklärungsarbeit.

Damit einhergeht, dass wir hier eigentlich noch Grundlagenforschung betreiben müssen, um herauszufinden, wie weit man diese Technologie ausreizen kann und inwieweit das auch in großer Skalierung noch möglich ist. Das ist definitiv ein Hindernis für ein Start-up. Die meisten Business Angels finanzieren keine F&E, sondern eine Wachstumsstrategie und das macht es schwer an Kapital zu kommen.

Haben Sie schon eine Finanzierung bekommen?

Zusätzlich hatten wir das Problem, dass wir den technischen proof-of-concept zwei Wochen vor dem ersten Lockdown in Wien geschafft haben. Ab dem Zeitpunkt war es unmöglich, ein Start-up in der Life-Event-Industrie finanziert zu bekommen. Dieser Prozess hat gute 1 1/2 Jahre gedauert und wir haben erst im November 2021 die erste Förderung bekommen.

Könnten Sie sich einen besseren/idealen Ort für Ihr Start-up vorstellen?

Der Standort Österreich eignet sich gut für den frühen Start eines Start-ups, weil es viele öffentliche Förderungen gibt. Aber wenn es um Technologieförderungen geht, ist Amerika weit überlegen. Weil man dort die Einsicht hat, dass eher eine Technologie als ein bestehendes Business gefördert wird. Hierzulande ist das weniger der Fall. Weshalb unsere nächste Finanzierungsrunde mit hoher Wahrscheinlichkeit in Amerika stattfinden wird. 

Welche Leistungen haben Sie wirklich stolz gemacht?

Nachdem wir die technische Machbarkeit bewiesen haben, bekamen wir viel Anerkennung für unsere Entwicklungsleistung. 2020 und 2021 gewannen wir den deutschen Blockchain Award und 2021 den österreichischen Blockchain Award in der Kategorie Smart Tech. Es gibt auch einige sehr gute Projekte in diesem Bereich und da war es sehr schön zu erleben, dass unser use case und auch die Art, wie wir die Technologie einsetzen, wirklich Anerkennung gefunden hat. 

Wo möchten Sie mit B.A.M. Ticketing in fünf Jahren sein?

Wir wollen ganz klar Infrastruktur-Provider für Ticketing sein. Und das ist kein hochgestecktes Ziel, weil es für Fluggesellschaften schon ähnliche Konstrukte gibt, welche die Infrastruktur für eine ganze Industrie betreiben. Uns bestärkt, dass unsere Technologie derzeit wahrscheinlich einzigartig ist. Ob wir dieses Ziel erreichen werden, ist eine Frage der Finanzierung. Aber von einem der größten Ticketing-Unternehmen in USA haben wir gehört, dass es schon mit 20 Blockchain-Ticketing-Start-ups gesprochen habe und wir die Einzigen seien, die am richtigen Weg sind. Das ist Balsam für die Seele.

Was macht Ihre Blockchain Technologie besser/anders als existierende Dinge?

Während andere Standardsoftware einsetzen, die man für alles verwenden könnte, ist unsere Software idealtypisch für die Ticketing-Industrie und erfüllt alle Anforderungen. 

Danke für das Gespräch.

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