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Der Abbau von Lithium ist – in erster Linie aus Umweltgründen – umstritten. Der Rohstoff spielt aber eine zentrale Rolle in der Energiewende und ist außerdem ein Schlüsselelement für die Elektromobilität. Die Lithiumvorkommen in Europa betragen jedoch lediglich 1-2 % der weltweiten Produktion, was bedeutet, dass das teure Metall importiert werden muss. Laut Zahlen der US-Behörde USGS (United States Geological Survey) ist Australien mit 51.000 Tonnen der mit Abstand wichtigste Lithium-Lieferant. Es folgen Chile mit 16.000 Tonnen, China mit 8.000 Tonnen und Argentinien mit 6.200 Tonnen.

Geht es nach Prof. Volker Presser am INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken, könnte Deutschland schon bald selbst zumindest einen Teil seines Lithium-Bedarfs decken: Aus dem Grubenwasser aus den ehemaligen Bergwerksstollen. Pressers Forschungsprojekt MERLIN (MERLIN: mining water lithium extraction) beschäftigt sich nämlich damit, wie man Lithium aus Grubenwasser extrahieren kann.

Grubenwasser als Ewigkeitschance

In den ehemaligen Steinkohlerevieren an Ruhr und Saar fließt Regen- und Oberflächenwasser durch hunderte Meter Gesteinsschichten in die alten Stollen und wird dort schließlich zu Grubenwasser. Auf seinem Weg in die Tiefe reichert es sich mit Mineralstoffen wie Natrium, Kalium oder Calcium an. Während diese Stoffe häufig vorkommen und daher weniger Beachtung finden, reichert sich das Wasser aber auch mit für die Industrie sehr attraktiven Elementen wie Strontium, Barium oder Lithium an.

„Unser Ansatz ist, Grubenwasser als Ewigkeitschance zu verstehen und durch innovative Technologie als Wertwasser nutzbar zu machen“, erläutert Volker Presser die Zielsetzung seines Projekts. In Deutschland gingen so schätzungsweise 1900 Tonnen wertvolles Lithium pro Jahr verloren, weil es mit dem Grubenwasser beispielsweise über Flüsse wie Blies und Saar abfließe.

Neue Ressourcen

Um der Elektromobilität zum Erfolg zu verhelfen, müssen neue Ressourcen erschlossen werden und innovative Technologien zur Lithiumgewinnung entwickelt werden. Grundlage des MERLIN-Projekts ist daher die „ionenselektive Elektrochemie“. Presser erforscht diese bereits seit Jahren und setzt sie beispielsweise erfolgreich zur Wasserentsalzung ein.

Im MERLIN-Prozess wird Grubenwasser zunächst durch einen speziellen Aufbau geleitet: die MERLIN-Zelle, die zwei Elektroden mit unterschiedlicher Polarität enthält. Lithium- und Chlor-Ionen werden dabei von jeweils einer Elektrode angezogen, alle anderen gelösten Stoffe verlassen die Zelle mit dem Grubenwasser. Anschließend fließt Frischwasser in die Zelle, das Lithium und Chlor in Form von Lithiumchlorid einsammelt.

Bei jeder Wiederholung dieses Vorgangs erhöht sich die Konzentration des Lithiumchlorids im Wasser. Nachdem das Restwasser verdunstet ist, liegt das Lithium schließlich als Festkörper vor. Da die eingebrachte elektrische Ladung beim Entladen fast vollständig wiedergewonnen werde, handle es sich beim MERLIN-Prozess um ein energieeffizientes Verfahren, betont Presser.

Verschiedene Arbeitspakete

Das MERLIN-Projekt ist im November 2020 gestartet und auf zwei Jahre angelegt. Im Laufe dieser Zeit umfasst es verschiedene Arbeitspakete. Diese reichen von der Grubenwasseranalyse, insbesondere des Wassers aus den ehemaligen saarländischen Gruben in Reden und Camphausen, über die Optimierung des Elektrodenmaterials in der MERLIN-Zelle bis hin zur Entwicklung eines Demonstrators und einer abschließenden Wirtschaftlichkeitsanalyse.

Prof. Presser arbeitet mit dem INM-eigenen InnovationsZentrum zusammen. „Das Projekt ist ein ideales Bindeglied zwischen der Spitzenforschung am INM und dem Technologie-Transfer des InnovationsZentrums“, betont Dr. Karsten Moh, Leiter des InnovationsZentrum INM. „Wir werden es aktiv mit Personal und Infrastruktur unterstützen. Dazu werden wir insbesondere die Hochskalierung der Technologie untersuchen und diese im Gesamtprozess betrachten.“

Unterstützt wird MERLIN mit 300.000 Euro Unterstützung von der RAG-Stiftung und von der saarländischen Staatskanzlei, die die Einwerbung der Förderung durch die RAG-Stiftung von der Einreichung des Antrags bis zur Genehmigung aktiv begleitete.

„Grubenwassermanagement ist ein zentraler Bestandteil der dauerhaften Aufgaben des Nachbergbaus, deren Finanzierung Zweck der RAG-Stiftung ist“, sagt Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied im Vorstand der RAG-Stiftung. „Die Chancen zu erforschen, die das Grubenwasser mit sich bringt, hat uns überzeugt. Deshalb fördern wir dieses Projekt sehr gerne.“