© Fraunhofer IZM
Author profile picture

Bis zum Jahr 2030 sollen alleine in Europa zehn Millionen selbstfahrende Autos unterwegs sein und die Vorteile sind offensichtlich. Durch die Vernetzung aller Fahrzeuge läuft der Straßenverkehr effizienterer. Für die Fahrer bzw. Passagiere sind die Autofahrten komfortabler und man spart nebenbei auch noch Zeit. Nicht zuletzt wird Autofahren aber um einiges sicherer, denn bis jetzt passieren die meisten Verkehrsunfälle aufgrund menschlicher Fehler. Ein großes Manko sind aktuell allerdings noch die Sensoren, die ihre Umgebung scannen und verarbeiten. Sie sind flächig aufgebaut in erster Linie an Front und Heck des Fahrzeugs angebracht. Dadurch überwachen sie üblicherweise einen Bereich von “nur” 180°.

Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IZM haben nun zusammen mit Partnern im Projekt “KoRRund” (Konforme und multistatische MIMO-Radarkonfigurationen zur Radarumsicht für das automatisierte Fahren) 3D-Radarmodule entwickelt, die freier am Fahrzeug positioniert werden können und somit – eingebunden in ein Sensornetzwerk – eine 360°-Rundumsicht ermöglichen. Sie können ihr Umfeld in Echtzeit und aus allen Perspektiven gleichzeitig analysieren.

Diese “Packaging-Verfahren für zuverlässige Radarsensoren mit revolutionären Freiformflächen” würden künftig jede Antennenform und Anbringung am Fahrzeug ermöglichen, erklären die Wissenschaftler. Um diese 360°-Echtzeiterfassung zu realisieren und auch kleinste Objekte und Lebewesen aus verschiedenen Perspektiven miteinzubeziehen, erforschten sie “neue Ansätze räumlicher Auflösung sowie der Zielklassifikation”.

Vor der zweiten in die dritte Dimension

Dabei hatte das Fraunhofer IZM einen maßgeblichen Anteil an den Entwicklungen des Teilvorhabens, in dem, gemeinsam mit Bosch und der Schweizer Electronic AG (SEAG), Moldtechnologien für die 3D-Radarsensorik simuliert, aufgebaut und getestet wurden. Außerdem haben die drei Partner einzeln Lösungsansätze erarbeitet, um optimale Hochfrequenz-Antennen mit den Methoden der Höchstintegration zu entwickeln.

Diese wurden zusammen mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) bezüglich ihrer HF-Eignung bewertet. SEAG und Bosch legten ihren Fokus bei dem Projekt auf den Transfer vom Zweidimensionalen in die dritte Dimension durch das “Einführen von flexiblen Bereichen, also die Realisierung klappbarer Aufbauten auf Basis etablierter Fertigungstechnologien”. Das Fraunhofer IZM habe dabei auf Basis der Compression Mold Technologie einen vielversprechenden Weg hin zu 3D strukturierten Radarmodulen eingeschlagen.

Hierzu wurde das zuvor planare Hochfrequenz-Substrat in gebogener Form verkapselt, so dass im Nachgang keine Fixierung mehr notwendig ist. Das Ergebnis war eine Freiformfläche für Antennen, die bei 76 GHz eingesetzt werden können und gleichzeitig nur ein “Minimum an Bauraum” beanspruchen. Mit Hilfe eines speziellen Verkapselungssystems werde es möglich, das bestückte Substrat zeitgleich formgebend zu hinterspritzen und eine auf dem Substrat montierte Hochfrequenz-Schaltung zu übermolden, also schützend zu umspritzen und – bei Flip Chips – zu unterfüllen. Somit könne nahezu jede beliebige Geometrie robuster und kostengünstiger 3D-Antennen realisiert und auch in großen Stückzahlen hergestellt werden.

Vielseitig anwendbar

Ein weiterer Pluspunkt an dieser Technik ist, dass sie nicht nur für die Rundumsicht am Auto, sondern auch in verschiedensten Antennendesigns von Nutzen sein kann. “Von runden, eckigen bis hin zu ganz speziellen Formen – mit dieser Freiform-Technik sind industrielle Anwendungen in fast allen Bereichen des Radars, der Optik und auch der Sensorik denkbar”, freuen sich die Wissenschaftler.

Nach einer Projektlaufzeit von drei Jahren wurde das Projekt KoRRund Ende 2020 erfolgreich abgeschlossen. Unter der Koordination von Bosch haben die Projektpartner Inmach, die Hochschule Ulm, das KIT, die Schweizer Electronics AG und die Universität Ulm am Projekt ebenso mitgewirkt wie das Fraunhofer IZM. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit einer Summe von 4,6 Millionen Euro.

Titelbild: 360°-Rundumsicht in automatisierten Fahrzeugen: Dank Panel Level Moldtechnologien wird dreidimensionale, in Form frei wählbare Radarsensorik möglich. © Fraunhofer IZM

Mehr Artikel zum Thema Autonomes Fahren finden Sie hier.