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Ein Cockpit mit Lenkrad und Pedalen könnte schon in zehn Jahren der Vergangenheit angehören. Davon gehen zumindest Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und des McKinsey Center for Future Mobility in Stuttgart aus. Im Rahmen des neu gegründeten „Mobility Experience and Technology Labs“ (MXT Lab) haben sie untersucht, wie der Innenraum eines Autos aussehen wird, wenn sich autonomes Fahren durchgesetzt hat und ein menschlicher Fahrer überflüssig wird.

„Die zunehmende Digitalisierung in Form von Vernetzung und Automatisierung verändert unsere Fahrzeuge nicht nur technologisch, sondern auch das gesamte Fahrerlebnis als solches“, erklärt Dr. Florian Herrmann, Institutsdirektor am Fraunhofer IAO und Leiter des Forschungsbereichs „Mobilitäts- und Innovationssysteme“. Welche Rolle werden also die Menschen spielen, die heute noch dafür verantwortlich sind, sich und ihre Mitfahrer sicher von A nach B zu bringen? Und welche Voraussetzungen bezüglich Design-, Service- oder Mobilitätskonzepte muss der Fahrzeuginnenraum erfüllen?

Zusammenarbeit mit Herstellern

Die Forscher untersuchen im Rahmen des MXT Labs, an den sich auch weitere Unternehmen beteiligen können, nun die sich daraus ergebenden Innovationspotenziale. „Bei so genannten Roundtables können Unternehmen aus der Automobilbranche ihre Ideen im Lab einbringen und aktiv die Herausforderungen und Chancen einer vollständig vernetzten und zunehmend automatisierten Zukunft angehen“, erklären sie. So solle über die kommenden Jahre „ein Ökosystem an Akteuren aus verschiedensten Branchen aufgebaut werden, um gemeinsam an der Mobility Experience der Zukunft zu forschen.“

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Anstatt zu fahren und sich auf den Verkehr zu konzentrieren, könnte man in einem autonom fahrenden Auto arbeiten, spielen, Filme anschauen oder, mit Hilfe spezieller Software-Assistenten und Technologien des Fahrzeugs, auch eine neue Sprache lernen. Dazu untersuchte die Gruppe in einer internationalen, quantitativen Umfrage unter anderem, wie attraktiv das Erlernen einer Sprache beim automatisierten Fahren ist. Außerdem, wie entsprechende Dienste umgesetzt werden sollten und inwieweit diese Dienste die Fahrzeugtechnologien oder die Navigation beeinflusst. Die Erkenntnisse der Umfrage seien anschließend im Rahmen eines Labor-Experiments im MXT Lab mit einer Probandengruppe qualitativ verifiziert worden.

Und diese Möglichkeit des Erlernens einer neuen Sprache hat sich als sehr interessant erwiesen. 90% der Befragten zeigten generelles Interesse daran, die Autofahrt dazu zu nutzen, neue Sprachen zu lernen oder ihre Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern. 50% würden dazu auch gerne ein interaktives Programm nutzen, 19% sogar täglich. Bei der Probandengruppe im MXT Lab stimmten am Ende sogar mehr als 90% dafür, die Lerninhalte auf die Windschutzscheibe zu projizieren. 70 Prozent der Befragten würden in selbstfahrenden Autos die freigewordene Zeit übrigens nutzen, um Filme anzuschauen, zu zu lesen oder zu kommunizieren.

Innenraum-Design und Experience wichtiger als PS

Um diese neue Realität im Auto zu schaffen, stünden nun sowohl Hersteller als auch Unternehmen aus der Service- und Technologiebranche vor der Herausforderung, frühzeitig erkennen zu müssen, welche Innovationen einen besonderen Nutzen erzeugen können und welche Innovationen sie anstoßen sollten, erklärt Timo Möller von McKinsey und Leiter des McKinsey Center for Future Mobility. „Mobilität wird in Zukunft ganz neu gedacht werden. Die Bedeutung von Beschleunigung und Co. nimmt ab, die Wichtigkeit des Innenraums nimmt zu.“

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Im MXT Lab werden dazu neue Ideen für die Mobilität der Zukunft entwickelt und getestet. „Insbesondere bei der Bewertung völlig neuartiger Technologien kann das MXT Lab seine Stärken ausspielen: Ergebnisse aus Online-Befragungen konnten im Lab in Stuttgart durch einen hochflexiblen Demonstrator und reale Experimente mit mehr als 20 Probanden verfeinert und qualitativ überprüft werden«, erläutert Tobias Schneiderbauer, Projektleiter bei McKinsey.

Derartige Projekte seien für das MXT Lab jedoch nur der Anfang, betont Sebastian Stegmüller, der für das MXT Lab verantwortliche Teamleiter am Fraunhofer IAO. „In Zukunft werden wir in Abstimmung mit den Mitgliedsunternehmen eine breite Forschungsagenda verfolgen – von der Interaktion zwischen autonomen Fahrzeugen und Fußgängern über kontextspezifische Aktivitäten und Inhalte in automatisierten Fahrzeugen bis hin zu der Erforschung inter-modaler Mobilitätslösungen der Zukunft sind sehr viele Bereiche denkbar.“

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