Asthma bronchiale, kurz Asthma genannt, ist eine Krankheit, bei der die Lunge und vor allem die Atemwege betroffen sind, die dauerhaft entzündet sind. Die Bronchialschleimhäute schwellen an und bilden zähflüssigen Schleim, was zu einer akuten Verengung der Atemwege – einer sogenannten Bronchialobstruktion – führt und zu Atemnot und vielfältigen weiteren Beschwerden bei den Betroffenen führt.
Laut Zahlen des Lungeninformationsdienstes ist die Zahl der an Asthma erkrankten Erwachsenen in Deutschland in den vergangenen Jahren um 35 Prozent angestiegen. Allgemein ging man bisher davon aus, vor allem Kinder von der Krankheit betroffen sind – Asthma bronchiale ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter. Etwa sieben bis zehn Prozent der Kinder leiden unter Asthma. Nach neuesten Untersuchungen stieg die Asthma-Häufigkeit bei Erwachsenen im Beobachtungszeitraum von 2009 bis 2016 aber deutlich an. Von 4,3 Prozent im Jahr 2009 auf 5,9 Prozent 2016. Dabei konnten die Forscher beobachten, dass in Großstädten rund 25 Prozent mehr Menschen wegen Asthma behandelt wurden als auf dem Land. Die Sterblichkeit aufgrund von Asthma ist glücklicherweise ziemlich gering, dennoch führt die Krankheit in Deutschland immer noch bei vier bis achte Menschen pro 100.000 Einwohnern zum Tod. Der Durchschnitt in Mitteleuropa liegt bei ein bis acht Todesfällen pro 100.000 Einwohner.
Kristalle und Schleimproduktion
Belgische Forscher haben nun offenbar einen Weg gefunden, die Schleimproduktion zu vermindern. Sie entwickelten einen Antikörper, der die Charcot-Leyden-Kristalle auflöst, die sich bei Asthma bronchiale in der Schleimhaut bilden. Dabei fanden diese Kristalle mehr als einhundert Jahre nach ihrer Entdeckung noch kaum Beachtung und galten lediglich als „Marker für eosinophile Entzündungen ohne speziellen Krankheitswert“.
Der Pariser Arzt Jean-Martin Charcot fertigte bereits im Jahr 1853 detaillierte Skizzen von Bipyramidkristallen an, die er im Auswurf von Asthmapatienten entdeckt hatte. 1872 wurden diese Beobachtungen vom Internisten Ernst Viktor von Leyden bestätigt. Daher der Name Charcot-Leyden-Kristalle. 1993 entdeckten Wissenschaftler, dass die Kristalle offenbar aus einem Protein – Galectin-10 – bestehen. Galectin-10 ist eines der am häufigsten vorkommenden Proteine in Eosinophilen, die helfen, eine entzündliche Reaktion beim Menschen hervorzurufen.
Ein Team um Prof. Bart Lambrecht vom VIB der Universität Ghent hat die medizinische Bedeutung der Kristalle nun neu untersucht. Im Labor stellten sie Kristalle her, welche die gleiche Struktur hatten wie die Charcot-Leyden-Kristalle. Als Nächstes bekamen Mäuse diese Kristalle in die Atemwege injiziert, woraufhin sich bei den Tieren eine asthma-ähnliche Entzündung mit einer vermehrten Schleimproduktion zeigte. Tiere, mit einer Variante von Galectin-10 behandelt worden waren, zeigten diese Reaktion nicht.
Erfolg bei Mäusen
„Jeder Arzt lernt während der medizinischen Ausbildung über die Charcot-Leyden-Kristalle und jeder verbindet sie mit der Anwesenheit von Eosinophilen. Sie sind sehr häufig im Auswurf von Asthmapatienten zu finden, insbesondere bei Patienten mit schweren Erkrankungen. Doch niemand wusste wirklich, was diese Kristalle taten und warum sie überhaupt da waren“, erklärt Prof. Lambrecht. „Analog zur Krankheit Gicht – bei der Harnsäurekristalle einen sehr schmerzhaften Anfall von Gelenkentzündungen verursachen – haben darauf geschlossen, dass Charcot-Leyden-Kristalle auch Schäden in der Lunge von Asthmapatienten verursachen können.“
In einem nächsten Schritt erzeugten die Forscher in Reagenzgläsern einen Antikörper, der im Labor die Kristalle innerhalb weniger Minuten auflösen konnte. Die Behandlung von Mäusen, in denen eine menschliche Asthmaerkrankung nachgestellt wurde, habe zu einer starken Verringerung der Entzündungsreaktion in den Atemwegen und einer verminderten Schleimproduktion geführt, erklären die Wissenschaftler.
Aufgrund der Ergebnisse der Experimente gehen die Forscher jetzt davon aus, dass die vermehrte Schleimproduktion ein Versuch des Körpers sein könnte, die störenden Charcot-Leyden-Kristalle zu eliminieren. Sollte sich diese Hypothese als zutreffend erweisen, könnte eine Behandlung mit dem Antikörper die Schleimproduktion reduzieren.
„Unsere Forschungsergebnisse waren unerwartet und gleichzeitig kristallklar. Ich war völlig erstaunt über die Tatsache, dass Antikörper CLCs, die im nativen Schleim von Patienten so häufig vorhanden sind, schnell auflösen können“, sagt Prof. Lambrecht. „Obwohl weitere Tests erforderlich sind, deuten die Daten in Mausmodellen darauf hin, dass die Verwendung dieser Antikörper ein sehr wirksames Mittel sein könnte, um übermäßige Entzündungen und Schleimansammlungen in der Lunge von Patienten mit Asthma zu reduzieren. Da es derzeit keine Medikamente gibt, die auf die Schleimbildung in den Atemwegen abzielen, könnte dies ein entscheidender Schritt zur Behandlung dieser Krankheit sein.”
Der Bericht der Wissenschaftler ist in der Fachzeitschrift Science erschienen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Sind „überfütterte Bakterien“ schuld an Zivilisationskrankheiten?
Forscher machen wichtigen Schritt in Richtung einer Alzheimer-Therapie
Mit experimentellem LED-Implantat gegen Hirntumorzellen
Forscher entdecken neue Genmutation, die Herzmuskelerkrankung auslöst
Proteine im Körper werden von Geschlecht und Ernährung beeinflusst