Norwegische Wissenschaftler haben eine App entwickelt, die künstliche Intelligenz (KI) nutzt, um Migräne zu bekämpfen. Laut Aussagen der Forscher könnte eine tägliche Trainingseinheit von 10 Minuten mit dieser App könnte die Migräneanfälle bei vielen Patienten reduzieren.
Einer von sieben Menschen leidet an Migräne und einer von hundert leidet an chronischen Kopfschmerzen. Herkömmliche Migränemedikamente helfen manchen Menschen, haben aber oft Nebenwirkungen. Im Prinzip werden diese Medikamente nicht mehr benötigt, wenn die App angewendet wird.
Migräne-Vorhersage
„Eine Störung des autonomen Nervensystems aufgrund von Stress kann Migräneanfälle auslösen”, sagt Alexander Olsen von der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technik (NTNU). Diese Universität entwickelte die App zusammen mit dem Norwegischen Migränezentrum am St. Olaf Universitätskrankenhaus.
„Wenn das Nervensystem aktiviert ist, schlägt sich dies in einer veränderten Herzfrequenz, Muskelspannung und Fingertemperatur nieder. Normalerweise haben wir keinen direkten Zugang zu diesen Werten. Indem man sie mit drahtlosen Sensoren überwacht, kann sich ein Anwender effektiv darauf trainieren, sie zu kontrollieren”, sagt er.
Künstliche Intelligenz
Die App empfängt über zwei Sensoren am Körper Daten über die physikalischen Prozesse einer Person. Sie enthält auch ein Kopfschmerztagebuch, in dem der Nutzer seine Medikamenteneinnahme sowie Dauer, Stärke und Ort der Migräne protokolliert. „Wir haben künstliche Intelligenz (KI) eingebaut, so dass die App auf den einzelnen Benutzer zugeschnitten werden kann”, sagt Cathrine Ro Heuch von Nordic Brain Tech, die die App entwickelt hat. „Diese künstliche Intelligenz vergleicht die Informationen über die Signale des Körpers mit dem Migräne-Tagebuch und gibt dem Patienten dann ein Feedback, um sein Training zu optimieren. Wir haben auch ein Spielelement hinzugefügt, mit dem der Nutzer mit seinem Training Punkte sammeln kann. Das Ziel ist, dass die App schließlich in der Lage sein wird, die Attacken sowie deren Dauer und Intensität vorherzusagen.“
Zehn Minuten Training pro Tag
Der Nutzer führt jeden Tag eine zehnminütige Schulung durch. Er platziert einen Sensor an seinem Nackenmuskel, um die Muskelspannung zu messen. Ein weiterer Sensor wird an einem Finger angebracht, um die Herzfrequenz und Körpertemperatur zu messen. Die Sensoren senden die Daten drahtlos an das Smartphone des Nutzers, der sie dann auf dem Bildschirm sehen kann. Das Ziel ist, dass die Patienten den Zusammenhang zwischen Körpersignalen und den Empfindungen, die sie in ihrem Körper haben, erkennen lernen. Auf diese Weise lernen sie, sich zu entspannen. Das kann helfen, neue Attacken zu verhindern.
Gefühl der Kontrolle
Professor Erling Andreas Tronvik vom Nationalen Kompetenzzentrum für Kopfschmerzen am St. Olavskrankenhaus erläutert den Hintergrund der Methode.
„Das Prinzip der ‚instrumentellen Konditionierung’ beruht auf der Tatsache, dass eine Person ihr Verhalten ändern kann, sobald sie die Konsequenzen ihres Handelns gelernt hat. Wenn der Anwender etwas tut, das eine günstige Veränderung dieser Signale bewirkt, erhält er sofort ein positives Feedback. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass er dasselbe noch einmal tut. Auf diese Weise kann man lernen, Körpersignale zu regulieren. Infolgedessen haben die Anwender ein Gefühl der Kontrolle. Wenn das Training mit der App im Laufe der Zeit zu einer Verringerung der Migräneprobleme führt, ist das natürlich die größte Belohnung.“
Speziell für den Einsatz bei Kindern und Heranwachsenden
Auch die Verwendung der App in Kombination mit Medikamenten ist eine Option. Die derzeitigen Medikamente können die Schmerzen um durchschnittlich etwa 30 Prozent reduzieren und die Anzahl der Attacken pro Monat um zwei oder drei verringern. Das wäre eine deutliche Verbesserung für den Patienten. Allerdings zögern Ärzte, diese Medikamente für Kinder und Jugendliche zu verschreiben.
„Ich halte es für sinnvoll, die App-Lösung als Erstbehandlung für Kinder und Jugendliche auszuprobieren – wenn die Methode so gut funktioniert, wie wir hoffen”, sagt Tronvik.