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Ein Team unter der Leitung von Forschern des Wiener IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) hat möglicherweise die Achillesferse des Coronavirus gefunden: Zwei zuckerbindende Proteine behindern SARS-CoV-2-Varianten am Eindringen.

Bei der Bekämpfung der Pandemie wird intensiv nach Möglichkeiten zur Eindämmung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 geforscht. In diesem Zusammenhang ist das Spike (S)-Protein (Oberflächenprotein) von besonderem Interesse, da es der Haupteintrittsmechanismus des Virus in die Wirtszellen darstellt. So bestimmt die Interaktion des SARS-CoV-2 S-Proteins mit dem Angiotensin Converting Enzyme 2 (ACE2) der Wirtszellen die Infektiosität des Virus. Die Bedeutung des S-Proteins für das Überleben und die Ausbreitung des Virus erfordert einen Tarnmechanismus, um es vor der Immunantwort des Wirts zu verbergen. Dabei nutzt das Virus einen so genannten Glykosylierungsmechanismus an bestimmten Stellen des S-Proteins, um eine Zuckerhülle zu bilden, die das antigene Protein vor der Immunreaktion des Wirts verbirgt.

Achillesferse

“Wir dachten intuitiv, dass die Lektine uns helfen könnten, neue Interaktionspartner des Spike-Proteins zu finden”, sagt Co-Erstautor David Hoffmann, ein ehemaliger Doktorand im Penninger-Labor am IMBA. Die Glykosylierungsstellen des SARS-CoV-2-Spike-Proteins sind bei allen zirkulierenden Varianten hoch konserviert. Durch die Identifizierung von Lektinen, die diese Glykosylierungsstellen binden, könnten die Forscher also auf dem besten Weg sein, robuste therapeutische Maßnahmen zu entwickeln.
Das Team entwickelte und testete eine Bibliothek mit über 140 Säugetierlektinen. Unter diesen wurden zwei gefunden, die stark an das SARS-CoV-2 S-Protein binden: Clec4g und CD209c.

“Wir haben nun Werkzeuge in der Hand, die die Schutzschicht des Virus binden und damit das Virus am Eindringen in Zellen hindern können”, fasst Stefan Mereiter, Co-Erstautor und Postdoktorand aus dem Penninger-Labor, zusammen. Mereiter: “Dieser Mechanismus könnte in der Tat die Achillesferse sein, auf die die Wissenschaft schon lange gewartet hat.”
Der Weg vom “Immunitätsschild” oder “Schafspelz” von SARS-CoV-2 zu seiner Achillesferse führte über mehrere moderne Forschungstechniken. In Zusammenarbeit mit Peter Hinterdorfer vom Institut für Biophysik der Universität Linz hat das Team mit biophysikalischen Hightech-Methoden untersucht, wie die Lektinbindung im Detail abläuft. Die Forscher maßen zum Beispiel, welche Bindungskräfte und wie viele Bindungen zwischen den Lektinen und dem S-Protein auftreten. So wurde auch klar, an welche Zuckerstrukturen Clec4g und CD209c binden.

Therapien in Sicht

Das Team fand auch heraus, dass die beiden Lektine an die N-Glykanstelle N343 des S-Proteins binden. Diese spezifische Stelle ist so entscheidend für den Spike, dass sie bei keiner infektiösen Variante verloren gehen kann. Tatsächlich macht eine Deletion dieser Glykosylierungsstelle das S-Protein instabil. Darüber hinaus haben andere Gruppen gezeigt, dass Viren mit mutiertem N343 nicht infektiös sind. “Das bedeutet, dass unsere Lektine an eine Glykanstelle binden, die für die Funktion von Spike essentiell ist – es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass jemals eine Mutante entstehen könnte, der dieses Glykan fehlt”, erklärt Mereiter.

Zur Freude des Teams verringerten die beiden Lektine auch die SARS-CoV-2-Infektiosität von menschlichen Lungenzellen. Für Josef Penninger und das gesamte Team sind diese Ergebnisse vielversprechend für variantenreiche therapeutische Interventionen gegen SARS-CoV-2.
Penninger: “Der Ansatz ist vergleichbar mit dem Mechanismus des Medikamentenkandidaten ‘APN01’ (Apeiron Biologics), der sich in fortgeschrittenen klinischen Studien befindet. Dabei handelt es sich um ein biotechnologisch hergestelltes menschliches ACE2, das ebenfalls an das Spike-Protein bindet. Wenn das S-Protein von dem Medikament besetzt ist, wird der Zugang zur Zelle blockiert. Jetzt haben wir natürlich vorkommende Lektine von Säugetieren identifiziert, die genau das tun können.”

Die Ergebnisse, die das Potenzial für variantenübergreifende Therapien haben, wurden jetzt im renommierten EMBO Journal veröffentlicht.

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