Künstlerische Darstellung eines zukünftigen Luftraums, in dem verschiedene Typen von bemannten und unbemannter Luftfahrzeugen sicher unterwegs sind. Illustration: © NASA / Lillian Gipson.
Author profile picture

Auf der ganzen Welt wachsen die städtischen Ballungsräume – damit auch der Verkehr. Weil sich Bahnlinien und Straßen nicht beliebig erweitern lassen, denken viele Experten mittlerweile daran, einen Teil des urbanen Verkehrs in die Luft zu verlegen. Wirklich neu ist diese Idee nicht. Schon heute gibt es Lufttaxi- und Zubringerdienste, die in großen Städten ihre betuchte Kundschaft schnell ans Ziel bringen.

Jedoch sind diese Dienste bislang für den Normalbürger unerschwinglich. Das liegt nicht nur an der kaum vorhandenen Infrastruktur. Außerdem nutzen diese Dienste Hubschrauber, ein Fluggerät mit im Vergleich zu Flugzeugen wesentlich höheren Wartungs- und Betriebskosten. Hubschrauber sind aber die einzigen kommerziell verbreiteten Luftfahrtzeuge, die senkrecht starten und landen können.

Forschung für den innerstädtischen Luftverkehr

Innovationen im Leichtbau, in der Antriebstechnik und in der Computertechnik machen nun den Bau kleiner, komfortabler Senkrechtstarter für den innerstädtischen Luftverkehr möglich. Forschungseinrichtungen suchen nach Konzepten für diese neue Art des Luftverkehrs, der so genannten „Urban Air Mobility“. So hat das Bauhaus Luftfahrt zusammen mit einer Reihe von Partnern unter dem Dach von Munich Aerospace „Urban Air Mobility“ als Leitthema auf den Weg gebracht. Forscher des Bauhauses werden mit Wissenschaftlern der TU München eine gemeinsame Arbeitsgruppe für weitere Forschung bilden. So sollen die Grundlagen für zukünftige Luftfahrtzeug-Entwürfe, aber auch neue Technologien und Ansätze zur Regulierung der neuen Art des Luftverkehrs gefunden werden. In den USA hat die Luft- und Raumfahrtbehörde NASA einen nationalen Wettbewerb aufgelegt, der bis 2020 zu fertigen Prototypen und Flugführungsystemen führen soll, die dann im Rahmen einer Serie von Ausscheidungen ihr Potential zeigen sollen.

Künstlerische Darstellung eines zukünftigen Luftraums, in dem verschiedene Typen von bemannten und unbemannter Luftfahrzeugen sicher unterwegs sind.
Illustration: NASA / Lillian Gipson.

Zahlreiche Unternehmen, von großen Luftfahrtkonzernen bis hin zu kleinen Startups arbeiten an elektrisch betrieben Fluggeräten, die diese neue Art der „Urban Air Mobility“ möglich machen sollen. In Deutschland sind das junge Unternehmen wie Lilium und e-Volo, die senkrechtstartende Elektroflugzeuge entwickeln. Der europäische Luftfahrtkonzern Airbus arbeitet gleich an mehreren Fluggeräten. In den USA will das eigentlich eher als Taxiplattform bekannte Unternehmen Uber im Großraum Dallas-Fort Worth ein Luftaxi-Netz zur Entlastung des Straßenverkehrs aufbauen.

Airbus will Systemanbieter für Urban Air Mobility werden

A³ ist ein Airbus-Ableger im kalifornischen Silicon Valley, der sich mit neuartigen, elektrisch betriebenen Luftfahrzeugen, der Entwicklung von Drohnen und anderen Lösungen für den innerstädtischen Luftverkehr beschäftigt. Die Entwickler dort arbeiten an „Vahana“, einem Kippflügelflugzeug mit Elektro-Antrieb, der am 31. Januar 2018 erstmals flog. Allerdings war das nur ein kurzer, unbemannter Schwebeflug, dem ein zweiter, längerer Flug vor Vertretern der US-Luftfahrtbehörde FAA. In Europa steht Airbus an der Spitze der 2017 von der EU initiierten Urban Air Mobility Initiative. Zudem arbeitet das Unternehmen auch hier an einem städtetauglichen Senkrechtstarter, dem CityAirbus. Dessen Erstflug steht noch aus. Außerdem beschäftigt sich das Unternehmen mit Lösungen zur Luftverkehrskontrolle, die neben konventionellen Flugzeugen auch Drohnen, autonome Flugzeuge mit Fracht oder Passagieren, sowie Fluggeräten wie dem  “Vahana“ umfassen.

Erstflug des „Vahana“-Erprobungsträgers in den USA. Die Serienversion soll Platz für bis zu vier Passagiere bieten.
Foto: Airbus/A³

Testflüge am Persischen Golf

Jedoch haben wie so oft die kleineren, agilen Unternehmen die Nase vorn. E-Volos Produkt, der Volocopter, fliegt seit März 2016. Im vergangenen Jahr begann die Firma aus Bruchsal bei Karlsruhe zudem mit Testflügen in Dubai. Im Auftrag der Verkehrsbehörde von Dubai sollen die e-Volo-Entwickler nachweisen, dass mit ihrem Fluggerät ein kommerzieller Flugbetrieb über der Metropole am Persischen Golf möglich ist. Hier stieg ein Volocopter am 25. September 2017 erstmals zu einem autonomen Flug auf. Das Fürstentum will bis 2030 etwa ein Drittel seines innerstädtischen Nahverkehrs autonom, also mit selbstlenkenden Fahrzeugen betreiben. Der Testbetrieb in Dubai soll bis 2022 laufen. Einen ähnlichen Auftrag hat e-Volo im Oktober 2018 auch aus Singapur erhalten.

Der Volocopter-Prototyp bei seinem ersten unbemannten Testflug in Dubai.
Foto: Volocopter.

Ein Volocopter ist ein neuartiges Hubschrauber-Konzept, bei dem achtzehn Rotoren an einer ringähnlichen Tragekonstruktion über der Kabine montiert sind. Dadurch kann ein Volocopter wie ein Hubschrauber starten und landen kann, ist gleichzeitig aber auch mechanisch weniger komplex als ein klassischer Hubschrauber. Umlenkgetriebe, Rotorblattverstellung, Taumelscheiben oder ein Heckrotor fehlen. Gesteuert wird ein Volocopter durch Erhöhung oder Verringerung der Motordrehzahl. Der Pilot kann dank der automatischen Höhe- und Lageregelung einen Volocopter über einen Joystick fliegen. Dagegen hat eine Hubschraubersteuerung gleich drei Kontrollelemente.

Elektrischer Jet aus Ottobrunn

Der Lilium Jet beim Erstflug im vergangenen Jahr.
Foto: Lilium.

Lilium aus Ottobrunn geht hier einen anderen Weg. Der Lilium Jet ist ein kleines, senkrecht startendes und landendes Düsenflugzeug. Am 20. April 2017 absolvierte der Prototyp seinen Erstflug. Während die Serienausführung bis zu fünf Personen Platz bieten soll, passen in den Prototypen nur zwei. Das Antriebssystem ist jedoch komplett vorhanden., Das kleine Flugzeug wird komplett elektrisch angetrieben. Es ist also nicht nur das erste Düsenflugzeug, dessen kleine Fans mit Strom laufen, sondern auch der erste elektrische Senkrechtstarter der Welt.

Lilium will nun aus dem Prototypen ein vollwertiges Passagierflugzeug machen. Der Lilium Jet ist ein Leichtflugzeug; den Antrieb liefern 36 elektrische Jet-Turbinen, die in den Flügeln untergebracht sind. Deren Luftstrom regulieren Klappensysteme. Dadurch kann die Maschine vom Schwebeflug in den Geradeausflug und wieder zurück in den Schwebeflug wechseln. Durch diese Klappen kann der Ausfall einer oder mehrerer Turbinen ausgeglichen werden. Zum Starten und Landen reicht ein kleiner, offener Platz.

So soll die Serienausführung des Lilium Jets aussehen.
Illustration: Lilium

Im Flug verbraucht der Lilium Jet pro Kilometer etwa so viel Strom wie ein elektrisches Auto. Lilium erwartet daher, dass die Kombination von minimaler Infrastruktur am Boden und energieeffizienten Fliegen, einen Flug-Taxi-Dienst über ähnliche Distanzen wie Boden-Taxis auch zu konkurrenzfähigen Preisen führt. Ein Taxiflug vom New Yorker John F. Kennedy-Airport nach Manhattan soll fünf Minuten dauern und genauso viel kosten wie die Taxifahrt über die gleiche Distanz, die 55 Minuten dauern würde. Das Lilium-Team strebt beim fertigen Lilium Jet eine Reichweite von über 300 Kilometern bei einer Reisegeschwindigkeit von etwa 300 Kilometern pro Stunde an. Ob der Lilium Jet diese Ziele erreicht, muss sich noch zeigen.

Bis sich diese „Urban Air Mobility“ in Deutschland durchgesetzt hat, wird jedoch noch einige Zeit ins Land gehen. Zur Zeit fehlen für den Betrieb von Lilium Jets oder Volocoptern noch die rechtlichen Voraussetzungen. Auch die deutsche Flugsicherung ist bisher auf sie nicht eingerichtet.