Graphen ist ein Material mit unglaublichen Eigenschaften. Mit der 100-fachen Festigkeit von Stahl ist Graphen das härteste Material, das jemals getestet wurde. Es eignet sich auch hervorragend als Halbleiter, weil es hundertmal schneller leitet als das heute weit verbreitete Silizium.
Die Einsatzmöglichkeiten von Graphen – das aus reinem Kohlenstoff hergestellt wird – sind daher enorm. Man denke an Supraleiter, hochempfindliche Sensoren und Batterien. Es gibt jedoch ein großes Problem. Zwar ist das Material, das zur Herstellung von Graphen (Graphit) verwendet wird, nicht teuer, der industrielle Prozess aber schon. Er ist äußerst komplex und kostenintensiv. Deshalb hat ein echter Durchbruch von Graphen seit Jahren auf sich warten lassen. Mit einem neuen Modell für den industriellen Prozess macht die Technische Universität Delft – die älterste technische Universität der Niederlande – aber jetzt Hoffnung auf Fortschritte.
Flüssigphasen-Exfolation
Es gibt verschiedene Techniken zur Herstellung von Graphen, eine teurer als die andere. Eine der vielversprechendsten Techniken ist die “Flüssigphasen-Exfolation” oder auch “Abblätterung”. Bei dieser Technik wird Graphit in flüssiger Umgebung sehr dünn gehobelt, bis sich Graphenschichten vom Rohmaterial ablösen.
Diese Technik funktioniert bereits im Labor. Aber alles basiert auf Versuch und Irrtum. Mit anderen Worten, es funktioniert noch nicht kontinuierlich. Dazu muss man zunächst mehr über verschiedene Parameter wissen, die im industriellen Prozess wichtig sind. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Lorenzo Botto hat nun ein Modell dafür entwickelt. Laut der TU Delft kann dieses Modell in Software zur Optimierung von Großproduktionsprozessen eingesetzt werden.
Botto: “Der Exfoliationsprozess ist schwer zu modellieren. Die Haftung zwischen Graphenschichten ist nicht leicht zu quantifizieren, und die dynamischen Kräfte, die die Flüssigkeit auf den Graphit ausübt, sind empfindlich und hängen von den Oberflächeneigenschaften und der Geometrie ab”. Die Teammitglieder Catherine Kamal und Simone Gravelle haben nun jedoch ein Modell entwickelt und getestet, das sich auf der Grundlage von Simulationen der Molekulardynamik als sehr genau erwiesen hat.
Die Forschungsergebnisse des von Botto geleiteten Teams sind im Journal of Chemical Physics veröffentlicht worden.