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“Wenn du es eilig hast, gehe langsam.“ Will sagen, wenn wichtige Entscheidungen und Maßnahmen getroffen werden müssen, ist es besser wohlüberlegt aber zielstrebig vorzugehen.

Wenn’s um den Verkehr geht, der nachweislich einen der höchsten Anteile am CO2-Ausstoss auf diesem Planeten hat, scheint alles gelaufen zu sein. Neben der Einsicht, dass weniger gefahren werden muss, scheint der Elektroantrieb mit Batterie das Rennen gewonnen zu haben.

Wer, wie einige wenige Autohersteller, immer noch die “Technologieoffenheit“ propagiert, der landet nicht nur wegen der twitter- und Facebook-Blase immer mehr im Abseits. BMW beispielsweise hat neben dem batterieelektrischen Antrieb für Pkw immer noch den Wasserstoff auf dem Radar. Toyota und Hyundai werden ihre H2-Stromer-Stragegien ebenfalls weiterverfolgen.

Fatal Wasserstoff herauszukürzen

Dennoch wäre es fatal, den Wasserstoff an sich aus der Berechnung komplett herauszukürzen. Jede Anstrengung, jede Technologie, die zur Dekarbonisierung beitragen kann, sollte weiterverfolgt werden. Das Klima interessiert es letztlich nicht, wie das erreicht wird.

Die ersten kontrovers diskutierten Ansätze waren die sogenannten E-Fuels. Dabei wird der Luft Kohlendioxid entzogen und mittels „grünem“ Wasserstoff synthetische Kraftstoffe hergestellt. Der Vorteil: nur das CO2, das der Luft entzogen wurde, wird wieder freigesetzt. Der Verbrennungsmotor wäre quasi CO2-neutral.

In Norwegen, wo derzeit der monatliche Absatztrend laut Prognosen bis Mai ’22 nahezu 100% elektrifizierte Fahrzeuge erreichen wird, besteht der Pkw-Bestand Ende 2020 aus rund 2,8 Mio. Fahrzeugen, nur 340.000 davon waren reine Elektroautos. Würde man die 2,5 Mio. Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen betanken, solange sie noch auf den Straßen unterwegs sind, wäre man auf der klimasicheren Seite.

Unglücklicherweise wird für die Herstellung des “grünen“ Wasserstoff Energie benötigt, die – nomen est omen – nur aus regenerativen Energiequellen stammen darf. Das halten viele Elektroauto-Fans für den falschen Weg, denn der Energieaufwand dafür würde ein vielfaches dessen betragen, was beispielsweise ein Batterie-Elektroauto für dieselbe Strecke verbraucht. Und Energie, das haben wir inzwischen gelernt, ist kostbar, und vor allem in Deutschland besonders teuer.

Synthetische Kraftstoffe

Porsche geht deshalb einen anderen Weg. Man will in Patagonien zusammen mit Siemens Energy ein Kraftwerk für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe in Betrieb nehmen. Der Strom für die Wasserstoff-Herstellung soll dabei aus Windkraftwerken kommen. Keine Dumme Idee, denn in Patagonien bläst der Wind recht stark. Der Kraftstoff selbst wird dann wieder ganz normal durch Tankschiffe auf die Märkte gebracht. Spätestens hier wird sich die Ökobilanz wieder dramatisch verschlechtern. Andererseits wäre ein Stromkabel von Patagonien nach Deutschland … lassen wird das.

Seit der IAAMobility sorgt auch das österreichische Unternehmen Obrist für sehr kontroverse Diskussionen. Die Österreicher haben einen entscheidenden Fehler begangen: sie haben ein Tesla Model Y als Proof-of-Concept auf Range Extender-Betrieb umgestellt. Ein kleiner, äußerst günstiger Methanolmotor, der gerade mal 2.500 Euro kostet, liefert die Energie für eine kleine Pufferbatterie, die dann das Fahrzeug rein elektrisch antreibt.

Tesla-Fans sind die Dogmatiker der Elektromobilität. Für sie zählt nur der kalifornische Hersteller, auf Elektroauto-Piloten, die auf anderen Herstellern unterwegs sind, wird gerne hämisch heruntergeblickt. Verbrenner-Fahrer sind ohnehin völlig indiskutabel.

Model Y mit Verbrennungsmotor

Einen Tesla umzubauen – das ist die reine Häresie. Da war schon die Tatsache, dass man ein Model Y mit einem Verbrennungsmotor ausgestattet hatte, genug, um die eigentlich clevere Anstrengung der Österreicher zu verdammen und die Idee dahinter nicht mehr zu beachten.

Zitat aus der twitter-Blase: “In einen Tesla einen Verbrennungsmotor einbauen. Auf solche Ideen kommt man auch nur in Deutschland und nennt das dann Innovation (Woman facepalming). Wie viel Stahlwerke wir wohl bräuchten um auch nur 1‰ unseres Spritbedarfs zu decken?! Schwerter zu Stahlwerken!“

Das muss man nicht kommentieren. Aber zurück zu Obrist: clever deshalb, weil der Methanol-Stromer mit 3 Litern 100 Kilometer weit kommt – dank der Effizienz des Elektromotors. Die Batterie wurde dramatisch verkleinert, was weniger CO2-Rucksack bedeutet. Die Fahrleistungen sind ähnlich wie bei einem herkömmlichen Tesla.

Riesige Sonnenfarmen

Das Methanol – und das ist das Neue an der Obrist-Vision – soll in sonnenreichen Ländern, wie beispielsweise Nordafrika, durch riesige Solarfarmen hergestellt werden. Dabei sollen diese Solarfarmen an der Küste entstehen, um das Meerwasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten. Schließlich soll durch riesige Anlagen auch noch das CO2 aus der Luft entzogen werden.

Damit nicht genug. Man möchte der Luft so viel CO2 entziehen um zusätzlich Graphit herzustellen, mithin also Kohlenstoff in fester Form, der als Rohstoff für eine weitere Verarbeitung (beispielsweise Schmierstoffe) verwendet werden kann. Auch ist Graphit gefahrloser zu lagern, als beispielsweise in anderen CCS-Verfahren, die das Gas in unterirdische Kavernen verbringen wollen.

Unter dem Strich würde also ein mit Methanol aus dieser Kreislaufwirtschaft angetriebenes Fahrzeug einen Minusrekord bei den CO2-Emissionen aufgestellen.

Für Öko-Dogmaktiker nicht satisfaktionsfähig

Diese innovative Idee war es der scheidenden Bundesministerin Anja Karliczek tatsächlich Wert, Subventionen und Unterstützung des Ministeriums für Forschung und Bildung zu signalisieren. Das war der zweite Fehler der Österreicher. Denn Karliczek ist Mitglied der CDU und damit für die Öko-Dogmatiker ohnehin nicht satisfaktionsfähig.

Ob das Projekt tatsächlich zielführend und finanzierbar ist, bleibt dahingestellt. Aber 3 Liter Methanol sind immer noch weniger als beispielsweise 8 Liter Diesel- oder 12 Liter Benzin-Surrogat für 100 Kilometer, für die verbleibenden riesigen Verbrennerflotten dieser Welt. Denn die werden, selbst wenn 2030 die ersten Länder den Verkauf von Verbrennern verbieten, immer noch jahrelang weiterfahren.

Das Dogma, so haben wir gerade gelernt, bleibt auch im 21. Jahrhundert weiter relevant. Und Ideologie frisst Pragmatism.