Klimafreundlicher leben, aber wie? Wenn man bereits mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt oder den Fleischkonsum reduziert hat, weiß man oft nicht mehr, was man sonst noch tun könnte. Klima bietet eine mögliche Lösung.
Vor ungefähr eineinhalb Jahren begannen die Gründer Markus Gilles, Jonas Brandau und Andreas Pursian-Ehrlich mit der Entwicklung der Klima-App, die seit Dezember im App-Store verfügbar ist. Das Berliner Startup soll es jedem ermöglichen, seinen CO2-Fußabdruck unkompliziert auszugleichen und langfristig zu reduzieren. Mit einem kurzen Fragebogen wird der CO2-Fußabdruck des Nutzers berechnet. Durch ein Klima-Abo können verschiedene klimafokussierte Projekte in den Bereichen Natur, Technologie und Sozial unterstützt und der Fußabdruck so ausgeglichen werden. So werden beispielsweise Bäume gepflanzt, die Ausweitung erneuerbarer Energien unterstütz oder Gemeinden mit klimafreundlichen Kochherden ausgestattet. Der Fortschritt kann in der App mitverfolgt werden. Und da hört es nicht auf: Damit der CO2-Fußabdruck nicht nur ausgeglichen, sondern auch langfristig reduziert wird, erhält der Nutzer individuelle Tipps, wie er klimafreundlicher leben kann. Das hat finanzielle Vorteile für den Nutzer – und ökologische Vorteile für den Planeten. Wir haben Mitgründer Markus Gilles interviewt.
Was hat Sie inspiriert?
Wir arbeiten als Gründer schon seit fast 10 Jahren im Bereich App-Entwicklung zusammen. Wir haben überlegt was als Nächstes ansteht.
Zwischendurch war ich längere Zeit auf Reisen. Ich bin vom Norden Alaskas bis an die Südspitze Patagoniens mit dem Rucksack unterwegs gewesen. Und habe da natürlich ganz intensive Naturerfahrungen gemacht, ob das jetzt im Amazonas war oder den Anden. Und so habe ich auch ein Bewusstsein dafür entwickelt wie wunderschön aber auch fragil die Natur ist und wie viel davon gerade bedroht ist. Kurz darauf kam dann der Special Report des IPCC zur 1,5 Grad Erwärmung, der nochmal knallhart wissenschaftlich dargelegt hat wie groß die Krise eigentlich ist.
Da haben wir als Gründer dann überlegt, was können wir denn dazu machen?
Was setzt Klima von anderen Angeboten ab, bei denen man seinen CO2-Abdruck ausgleichen kann?
Nach einiger Recherche ist ziemlich schnell klar geworden, dass noch eine große Lücke geschlossen werden muss. Und zwar die Lücke zwischen Individuum – so wie dir und mir – die eigentlich gerne was tun wollen aber nicht die Möglichkeit haben, das irgendwie umzusetzen. Nicht jeder kann sich eine Solaranlage aufs Dach machen, zum Beispiel wenn man in einer Wohnung wohnt. Und nicht jeder kann Freitags streiken, vielleicht weil man angestellt ist. Es gibt verschiedene Klima-Aktivitäten die nicht jedem zur Verfügung stehen. Gleichzeitig gibt es unheimlich viele tolle und effiziente Klimaprojekte, wo Profis am Werk sind, die eben Lösungen vorantreiben um CO2 zu reduzieren. Da gab es keine gute Verbindung. Ich meine, CO2 Ausgleiche gibt es ja schon seit einer Weile, aber wir fanden dass die noch nicht nutzerfreundlich genug waren um mit einer Breite angenommen zu werden.
In dem Fragebogen, der den CO2-Fußabdruck der Nutzer berechnen soll, wird nach groben Kategorien (z.B. Wohnungsgröße und Ernährungsweise) gefragt. Wie ist es zu diesen Fragen gekommen und warum haben Sie sich gegen eine detailliertere Abfrage, z.B. nach dem tatsächlichen Energieverbrauch, entschieden?
Man kann das natürlich unendlich komplex machen. Wir haben halt überlegt, was ist eine gute Balance von Fragen? Wenn es kompliziert wird, dann verliert man auch wieder Leute. Dann hat man halt noch weniger erzielt, als wenn man sagt: Lass uns mal eine Balance finden von Fragen, die erstens jeder sofort beantworten kann und zweitens die von Nutzern auch individuell beeinflussbar sind. Wir sind da natürlich auch in der Weiterentwicklung und es wird auch nicht ausgeschlossen, dass wir es dann auch Leuten ermöglichen, die nochmal ein bisschen granularer was machen wollen.
Wie kam es zu den drei Projekt-Kategorien, Natur, Technologie und Sozial, die man durch ein Klima-Abo unterstützen kann?
Das sind eigentlich die drei Bereiche, die wir alle angehen müssen, wenn wir die Klimakrise meistern wollen. Auf eine Art und Weise, die einerseits mit der Natur arbeitet. Acht Prozent der CO2 Emissionen jedes Jahr entstehen nur durch Abholzung von tropischen Regenwäldern. Da sieht man mal, was für einen krassen Einfluss Bäume haben aber auch was für eine Möglichkeit darin steckt, wenn wir anfangen mit der Natur zu arbeiten statt dagegen. Der zweite Bereich ist Technologie und konkret nachhaltige beziehungsweise erneuerbare Energien. Wir müssen dekarbonisieren, indem wir von Kohle und fossilen Brennstoffe wegkommen.
Der dritte Aspekt ist, dass es eben auch um Klimagerechtigkeit geht. Man hat natürlich mit seinen Projekten vor Ort immer auch irgendeine Wirkung auf die Community und man sollte darauf achten dass es auch eine positive Wirkung ist. Kochherde eben auf eine besondere Art und Weise. Als Kontext: weltweit 40 Prozent der Weltbevölkerung kochen auf offenen Feuern. Das heißt, rund drei Milliarden Menschen sind darauf angewiesen, Bäume zu fällen um eine warme Mahlzeit zu haben. Das ist ein riesengroßer Faktor, dem man entgegenwirken kann, indem man neue Technologien – effiziente Kochherde – zur Verfügung stellt, die den Bedarf an Holz oder Holzkohle extrem verringern. Vier Millionen Menschen sterben jedes Jahr an dem Effekt von Rauch von Feuer in den eigenen Häusern. Man spart also CO2 ein, rettet das Klima und rettet gleichzeitig auch noch Leben.
Was motiviert Nutzer zur kontinuierlichen Nutzung der App?
Wenn ich den Fragebogen ausgefüllt habe, kann ich ein Klima-Abo abschließen. Dann sehe ich meinen Impact. Ein wichtiger Punkt ist die Wirkungs-Transparenz. Wir haben einen Impact Tracker in der App, der dir sofort anzeigt, wie viel CO2 setze ich jetzt jede Minute, jede Stunde, jeden Tag, jede Woche und so weiter ab, auch in den drei Kategorien. Da kann ich dann sehen, wie viele Bäume wurden jetzt schon von meinen Beträgen gepflanzt? Wie viele Kilowattstunden grüner Strom wurden schon produzierte und möglich gemacht durch meine Beiträge? Ich hab zudem eine Klima Checkliste in der ich dann personalisierte Tipps bekomme, wie ich meinen CO2-Fußabdruck verringern kann.
Wie kann es vermieden werden, dass Nutzer sich durch den CO2-Ausgleich nicht aus der Verantwortung ziehen, selber etwas zu tun?
Die zwei Dinge müssen auf jeden Fall Hand in Hand gehen. Deswegen kriegt man immer Tipps. Was ist der nächste Schritt für mich persönlich? Wenn ich sage ich esse Fleisch, dann wäre ein nächster Schritt vielleicht, nur noch Fisch zu essen. Wenn ich mich entscheide, eine Lifestyle- Änderung zu machen, kann ich das auch ankreuzen und so meinen monatlichen Beitrag reduzieren. Das sind dann so die Anreizsysteme, die wir dahaben damit die Leute immer mehr über ihren Fußabdruck verstehen und Verhaltensänderung angeführt werden.
Was möchten Sie in fünf Jahren mit Klima erreicht haben?
Wir wollen in den nächsten fünf Jahren 20 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr offsetten. Um das mal zu vergleichen: Das ist ungefähr der CO2-Fußabdruck von Kroatien, also immerhin einem mittleren europäischen Land. Oder ein ausgewachsener Wald von einer Millionen ausgewachsenen Bäumen. Das ist durchaus ambitioniert. Aber gerade deshalb ist das unser Ziel.