© Anastasiya Sultanova, KIT

Schwankende Nachfrage, Lieferengpässe, individualisierte Produkte: Auch bei dynamischen Veränderungen wirtschaftlich produzieren zu können, stellt die Fahrzeug- und Zulieferindustrie vor Herausforderungen. Lösungen für eine schnelle, flexible und effiziente Produktion entwickelt das Projekt Software-defined Manufacturing für die Fahrzeug- und Zulieferindustrie (SDM4FZI), in dem unter der Leitung von Bosch sowie dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart als Wissenschaftspartner insgesamt 30 Unternehmen ihre Kompetenzen bündeln.

Ziel des Projekts SDM4FZI ist es, einzelne Komponenten von Produktionssystemen bis hin zu ganzen Fabriken über eine Entkopplung von Software und Hardware flexibel zu planen, zu steuern und zu verändern. Automobilhersteller sollen so schneller zwischen Modellen und Produkten wechseln und auch mehr Varianten produzieren können. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das Vorhaben mit insgesamt rund 35 Millionen Euro, so das KIT in einer Pressemeldung.

Grundlage für die maximale Wandlungsfähigkeit ist die strikte Trennung zwischen der Hardware der Produktionssysteme und der steuernden Software. Die softwaredefinierte Fertigung (Software-defined Manufacturing, SDM) arbeitet dabei mit digitalen Zwillingen, also virtuellen Abbildungen der vorhandenen Hardware, mit deren Hilfe die passende Software automatisch abgeleitet, getestet und verteilt werden kann. Dies spart Entwicklungszeiten, Ressourcen, Energie und damit Kosten.

Software-defined Manufacturing

Die in SDM4FZI eingesetzte Methode des Software-defined Manufacturing wurde vom Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW) der Universität Stuttgart und Bosch entwickelt. Durch gemeinsame Vorarbeiten wurde der Grundstein gelegt für das Projekt, das nun durch das ISW und das wbk Institut für Produktionstechnik des KIT im Rahmen des Innovationscampus Mobilität der Zukunft (ICM) initiiert wurde.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des KIT arbeiten insbesondere an der Gestaltung von Software und Hardware in der modernen, digitalisierten Produktion. „Wir untersuchen dabei im Speziellen, wie die Wandlungsfähigkeit der Produktion durch eine gezielte Entkopplung von Software und Hardware gesteigert werden kann, also wie die Produktion sich auf sich ändernde Rahmenbedingungen anpassen lässt“, erläutert Professorin Gisela Lanza vom KIT.

Zentral sind dabei die virtuelle Abbildung der Bestandteile und Systeme in der Produktion durch sogenannte digitale Zwillinge sowie deren Zusammenspiel mit digitalen Abbildern von Produkten und Technologien über die gesamte Wertschöpfungskette. Das Team des wbk untersucht zudem, inwiefern die Qualitätssicherung von komplexen Fertigungsprozessen durch die Trennung von Soft- und Hardware sowie die Integration von Funktionsmodellen unterstützt werden kann. Darüber hinaus beschäftigen sich die Forschenden des KIT mit den Aspekten Robotik und Handling am Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme und am Institut für Anthropomatik und Robotik-Intelligente Prozessautomation und Robotik sowie mit der Cloud-Integration und der Anbindung an Gaia-X am Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren.

Einheitlicher Bauplan

Die Universität Stuttgart, die unter der Federführung des Instituts für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW) mit insgesamt vier Instituten in SDM4FZI vertreten ist, widmet sich den beiden SDM-Kerntechnologien: Referenzarchitekturmodell und Produktions-OT (Operational Technology). „Digitale Zwillinge stellen das Schlüsselelement für das SDM-Konzept dar“, erläutert der Leiter des ISW, Professor Alexander Verl. „Sie beschreiben Produkte, Prozesse und Produktionssysteme mittels Daten, Informationen und Verhaltensmodellen, die über den gesamten Maschinen- bzw. Produktlebenszyklus entstehen“.

Ein einheitlicher Bauplan (Referenzarchitektur) stellt die Interoperabilität über die gesamte Zulieferkette sicher. Eine SDM-fähige Produktions-OT ermöglicht es, automatisiert generierte Software in Echtzeit und interoperabel auf die Produktionssysteme zu verteilen. Dies erfordert eine völlig neue Infrastruktur mit offenen Steuerungsarchitekturen und einer durchgängigen Kommunikation von Sensor bis Cloud.

„Die große Zahl der Projektpartner belegt, wie bedeutsam Software für die Fertigung von morgen ist“, betont Michael Neubauer, wissenschaftlicher Koordinator vom ISW der Universität Stuttgart. „Wir arbeiten an richtungsweisenden Ansätzen, die die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen verbessern.“ So sollen die erarbeiteten Lösungen auf dem Forschungscampus Arena 2036 von den Instituten in die Auto- und Zulieferindustrie getragen werden.

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