Ein Ansatz, der Ärztinnen und Ärzten einen völlig neuen Blick auf Hautkrankheiten ermöglicht – mit diesem Ziel ist 2016 das Projekt INNODERM unter Leitung der Technischen Universität München (TUM) gestartet. Entstanden ist ein eine neue Bildgebungsmethode, die Gewebe deutlich tiefer unter der Hautoberfläche untersuchen kann, als konkurrierende Verfahren. Jetzt wurde das Projekt mit dem ECS Innovation Award der Europäischen Kommission ausgezeichnet, so die TUM in einer Pressemeldung.
RSOM, kurz für Raster-Scan Optoacoustic Mesoscopy, heißt die Bildgebungs-Technologie, die als Teil des EU-geförderten Projekts INNODERM entwickelt wurde. Mit einem RSOM-Scanner wird es möglich, Zell- und Gefäßstrukturen unter der Hautoberfläche sehr präzise zu untersuchen und Veränderungen zu erfassen. Das ist beispielsweise wichtig, um Größenveränderungen von Schuppenflechten, Ekzemen oder Melanomen bei Hautkrebs zu bewerten. Mit bisherigen Ansätzen wie visuellen Untersuchungen, optischen Bildgebungsmethoden oder Ultraschall war dies nicht möglich. Optische Bildgebungsmethoden können nur einen Bruchteil der Tiefe erreichen, während Ultraschall keinen ausreichenden Kontrast bietet, um vergleichbare Informationen zu gewinnen. Aus den detaillierten Informationen, die der RSOM-Scanner über Vorgänge unter der Hautoberfläche liefert, lassen sich etwa Rückschlüsse darauf ziehen, ob Therapien anschlagen.
Über fünf Jahre hat ein internationales Team unter Leitung von Vasilis Ntziachristos, Professor für Biologische Bildgebung an der TUM und Direktor des Instituts für Biologische und Medizinische Bildgebung bei Helmholtz Munich, die Technologie verfeinert und weiterentwickelt. Zu dem Projekt, an dem neben Forschungseinrichtungen auch Partner aus der Industrie beteiligt waren, wurden mehr als 20 Artikel in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht. War RSOM zu Beginn der Laufzeit von INNODERM noch ein großer Laboraufbau, so konnte die Technologie mittlerweile als transportabler Scanner von der Größe eines medizinischen Ultraschallgeräts realisiert werden. Der Scanner wird weltweit an mehreren Universitätskrankenhäusern zu Forschungszwecken eingesetzt. Ende 2022 Jahres soll ein Gerät für den Einsatz in Arztpraxen und Krankenhäusern zertifiziert sein.
Technologische Fortschritte
Auf dem European Forum for Electronic Components and Systems (EFECS), einer bedeutenden Fachtagung der europäischen Elektronikbranche, wurde INNODERM mit dem ECS Innovation Award ausgezeichnet. Den Preis vergeben die Europäische Kommission und die Europäische Exekutivagentur für Gesundheit und Digitales (HaDEA) jährlich an besonders innovative Projekte, die durch Horizont 2020, das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, gefördert wurden. Die Jury lobte die technologischen Fortschritte von INNODERM und zeigte sich beeindruckt von der konsequenten Weiterentwicklung des Scanners zu einem kommerziellen Gerät durch den Innoderm-Projektpartner iTHera Medical GmbH. INNODERM wurde mit 3,8 Million Euro aus dem Horizont 2020-Programm unterstützt.
Bildgebung ohne Strahlung und Kontrastmittel
Optoakustische Bildgebung, die auch die Grundlage für RSOM bildet, ist ein Ansatz, der am Lehrstuhl von Prof. Ntziachtristos seit mehr als 15 Jahren intensiv erforscht wird. Vereinfacht gesagt werden dabei Lichtpulse auf Gewebe gerichtet und von diesem absorbiert und in Ultraschallwellen umgewandelt. Diese werden gemessen und durch mathematische Verfahren in Bilder umgewandelt. Da unterschiedliche Moleküle jeweils auf einzigartige Weise auf farbiges Licht reagieren, lassen sich mit dieser Technik anatomische und biochemische Eigenschaften von Körpergewebe erkennen. Dadurch ist RSOM in der Lage, Details wie kleinste Blutgefäße, die Sauerstoffsättigung des Gewebes oder die Funktion des Endothels darzustellen. Darüber hinaus funktioniert das Verfahren ohne Kontrastmittel oder ionisierende Strahlung und ist dadurch besonders sicher und komfortabel für Patientinnen und Patienten.
Seit 2020 läuft bereits das Folgeprojekt zu INNODERM, im ebenfalls EU-geförderten Projekt WINTHER soll RSOM verbessert und weiter miniaturisiert werden. Neben Hautkrankheiten soll die Technologie auch bei Gefäßerkrankungen und Diabetes zum Einsatz kommen. OPTOMICS, ein 2021 gestartetes internationales EU-Projekt, ebenfalls unter der Leitung von Prof. Ntziachristos, untersucht, wie mit RSOM-Daten mit sogenannten „multi-omics-Daten“ kombiniert werden können, um einen Digitalen Zwillings zu schaffen, mit dessen Hilfe der Verlauf der Erkrankung prognostiziertt und die Behandlung geplant werden kann.
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