Wissenschaftler entwickeln Software, die in Kombination mit MRT-Daten für Forschung und Diagnose eingesetzt werden kann
Die Bewegung unserer Augen bietet einen Einblick in viele zentrale Aspekte der menschlichen Kognition und Gesundheit und ist eine wichtige Variable, die in vielen Studien zur funktionellen Magnetresonanztomographie (MRT) eine Rolle spielt. Forscher vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig und vom Kavli Institute for Systems Neuroscience in Trondheim haben nun eine Software entwickelt, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz Blickposition und Augenbewegungen aus MRT-Bildern direkt vorhersagen kann. Die Methode eröffnet schnelle und kostengünstige Studien- und Diagnosemöglichkeiten, so zum Beispiel bei neurologischen Erkrankungen, die sich häufig durch Störungen der Augenbewegungen bemerkbar machen, so Max-Planck- Gesellschaft in einer Pressemeldung.
Zur Erfassung der Augenbewegungen nutzen Forschungseinrichtungen das sogenannte Eye-Tracking – eine Sensor-Technologie, bei der Infrarotlicht aus einer Kamera auf die Netzhaut des Auges trifft und dort reflektiert wird, was schließlich ausgemessen werden kann. „Da ein MRT ein sehr starkes Magnetfeld hat, braucht man spezielle Eye-Tracker-Kameras, die für Kliniken und kleine Labore oft nicht realisierbar sind“, sagt Studienautor Matthias Nau, der gemeinsam mit Markus Frey und Christian Doeller die neue Alternative entwickelt hat. Der hohe Preis dieser Kameras und der experimentelle Aufwand, der mit ihrer Nutzung einhergeht, verhinderte bisher eine breite Anwendung von Eye-Tracking in MRT-Untersuchungen. Das könnte sich nun ändern. Die Wissenschaftler aus Leipzig und Trondheim haben die einfach zu handhabende Software „DeepMReye“ entwickelt und stellen sie kostenlos zur Verfügung.
Damit lässt sich in MRT-Experimenten nun ohne Kamera herausfinden, wo die Studienteilnehmer wirklich hinschauen. „Das neuronale Netzwerk, das wir nutzen, entdeckt spezifische Muster im MRT-Signal der Augen. Dies ermöglicht uns, vorherzusagen, wohin die Person schaut. Die künstliche Intelligenz hilft uns hier sehr, da wir häufig nicht genau wissen, nach welchen Mustern wir als Wissenschaftler suchen sollen“, erklärt Markus Frey. Er und seine Kollegen haben das neuronale Netzwerk mit eigenen und öffentlich zugänglichen Daten von StudienteilnehmerInnen so trainiert, dass es nun bei neuen Daten vorhersagen kann, wohin jemand schaut. Dies eröffnet viele Möglichkeiten – etwa das Blickverhalten der Teilnehmer und Patienten in existierenden MRT-Daten zu untersuchen, die ursprünglich ohne Eye-Tracking aufgenommen wurden. Auf diese Weise könnten Forschende zum Beispiel mithilfe älterer Studien und Datensätze ganz neue Fragen beantworten.
Die Software kann auch vorhersagen, wann die Augen offen oder geschlossen sind. Zudem kann das Modell die Augenbewegungen analysieren, selbst wenn die StudienteilnehmerInnen schlafen oder sogar im Tiefschlaf sind. „Ich kann mir daher vorstellen, dass die Software auch im klinischen Bereich eingesetzt werden wird, zum Beispiel im Schlaflabor, um Augenbewegungen in unterschiedlichen Schlafstadien zu untersuchen“, sagt Matthias Nau. Zudem konnten für blinde Patienten die speziellen Eye-Tracking-Kameras bisher nur sehr selten genutzt werden, da eine genaue Kalibrierung sehr umständlich war. „Auch hier können mit DeepMReye Studien einfacher durchgeführt werden, da man die Künstliche Intelligenz mithilfe gesunder Probanden kalibrieren könnte, um sie dann in Untersuchungen von blinden Patienten anzuwenden”. Die Software könnte damit in einer Vielzahl von Einsatzbereichen angewendet werden und vielleicht sogar dazu führen, dass Eye-Tracking in MRT-Studien und im klinischen Alltag zum Standard wird.
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