In asiatischen Ländern wie Taiwan, Südkorea, China und Hongkong ist es die normalste Sache der Welt. Österreich ist diesem Beispiel gefolgt, ebenso wie die Tschechische Republik. Und nun erwägt auch Deutschland die Einführung einer Mundschutzpflicht im öffentlichen Raum oder will zumindest eine dringende Empfehlung aussprechen.
Mundschutz in der Öffentlichkeit zu tragen, das wird im Westen eher belächelt. Es würde wenig oder keinen Sinn machen. Manche sind sogar der Meinung, es sei schädlich. Aber wie so oft in dieser Corona-Krise verändern sich die Sichtweisen. Plötzlich gibt es mehr und mehr medizinische Experten, die Mundschutzmasken für eine gute Idee halten. Kein Wunder, wenn man sich die Sterblichkeitsraten in Asien ansieht. Sie sind um ein Vielfaches niedriger sind als in Europa und den USA, obwohl das Wirtschaftsleben dort normaler erscheint als bei uns.
Die Hinweise werden jetzt vorsichtig angepasst. Es geht vor allem um die Zukunft, wenn die Menschen langsam wieder ihr Zuhause verlassen und zur Arbeit gehen oder sich draußen in die Sonne setzen wollen. Mundschutzmasken können von großem Wert sein, um diejenigen zu schützen, die das Virus noch nicht hatten. Das gilt insbesondere für ältere Menschen und Personen mit verminderter Abwehrkraft.
Der in Deutschland inzwischen berühmte Virologe Christian Drosten ist ein Befürworter von Mundschutz im öffentlichen Raum. Als einer der ersten in Europa warnte er davor, dass sich etwa 60% der Bevölkerung mit dem Corona-Virus infizieren könnten. Der Professor an der Berliner Charité ist dafür, dass “möglichst viele Menschen einen Mundschutz tragen”. Seiner Meinung nach geht es nicht so sehr um Selbstschutz, sondern um den Schutz anderer. Denn wenn man Mundschutz trägt, atmet man keine Feuchtigkeitspartikel in Richtung anderer. Er verweist auf eine wissenschaftliche Studie, die am vergangenen Freitag in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde.
Robert Koch-Institut
Das wichtigste Beratungsgremium der deutschen Regierung, das Robert Koch-Institut (RKI), hat letzte Woche seine Empfehlungen zu Mundschutzmasken geändert und sagt nun: “Wenn Menschen – auch wenn sie keine Symptome haben – vorsichtshalber eine Maske tragen, können sie das Risiko der Übertragung des Virus auf andere verringern… Es gibt jedoch noch keinen wissenschaftlichen Beweis dafür”. Bisher hatte das RKI von Mundschutzmasken abgeraten.
Klaus Reinhardt, Vorsitzender der Bundesärztekammer (BAEK), rät: “Tun Sie es einfach. Kaufen Sie eine Maske, oder stellen Sie eine her und tragen Sie sie an öffentlichen Orten. Diese Masken schützen Sie nicht vor einer Infektion. Aber sie können dazu beitragen, dass andere nicht infiziert werden.
Heute veröffentlicht: Einfache medizinische Gesichtsmasken reduzieren Abgabe von Coronavirus und Influenzavirus durch den infizierten Maskenträger. Weniger Virus in Tröpfchen und Aerosol. https://t.co/yYMBTjfMCs #maskeauf Übrigens: Stoffmasken kann man zur Reinigung auch bügeln.
— Christian Drosten (@c_drosten) April 3, 2020
Jena ist die erste Stadt ind Deutschland, die diesem Ratschlag gefolgt ist. Es besteht jetzt die Pflicht, in Supermärkten und öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maske zu tragen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder weist in die Zukunft. Er sagt voraus, dass allein in Deutschland Milliarden von Masken zur Bekämpfung des Virus benötigt werden.
Milliarden von Masken in Deutschland
Auch die wissenschaftliche Zeitschrift Lancet plädiert für Mundschutzmasken. Eine Gruppe von (hauptsächlich chinesischen) Wissenschaftlern geht hier noch einen Schritt weiter. Gefährdete Gruppen sollten sogar chirurgischen Mundschutz tragen. Sie werden in Europa nur für medizinisches Personal empfohlen. In China trägt sie fast jeder, der zur Risikogruppe gehört. Die Bevölkerung dort wird in drei Risikogruppen eingeteilt: hoch, mittel und niedrig. Nur für die letzte Gruppe gibt es keine Mundschutzpflicht.
In den Niederlanden ist das RIVM, das Nationale Institut für öffentliche Gesundheit, immer noch gegen das verpflichtende Tragen von Mundschutz, selbst in Supermärkten oder öffentlichen Verkehrsmitteln. So wird es auch in einem kurzen Video propagiert. Das RIVM empfielt nach wir vor, Abstand zu halten, in den Armen zu husten und bei Erkältungen so viel wie möglich zu Hause zu bleiben. “Vielleicht ändern wir diesen Ratschlag, wenn wir in eine andere Phase eintreten, aber wir haben dieses Stadium noch nicht erreicht”, sagt ein Sprecher.
Nur scheinbare Sicherheit?
Nun bestehe die Gefahr, dass Menschen glauben, mit Mundschutzmasken seien sie sicher, “aber das ist eine falsche Sicherheit”. Ist das so? Das RKI behauptet genau das Gegenteil. “Eine Maske kann möglicherweise das Bewusstsein unterstützen, dass es notwendig ist, Distanz zu wahren.”
Eine weitere große Befürchtung des RIVM ist, dass, wenn man zum Tragen von Mundschutzmasken rät, jeder zum (Online-)Laden läuft, um Masken zu kaufen, die eigentlich für das medizinische Personal bestimmt sind. Laut RIVM besteht im Gesundheitswesen immer noch ein Mangel an Mundschutz, und dies gilt nicht nur für die hochwertigen Mundschutzarten, sondern auch für Masken mit einem geringeren Schutzgrad.
Das mag richtig sein. Dennoch können sich die Niederlande nicht der Realität verweigern. Die Weltgesundheitsorganisation WHO überdenkt derzeit ihre Empfehlungen, wie aus mehreren Medienberichten hervorgeht.
Auch die USA haben nicht genügend Masken
Dasselbe gilt für die amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Es wird erwartet, dass es immer mehr Regionen in den USA geben wird, in denen dringend zum Tragen von Mundschutz geraten wird. Der leitende Gesundheitsberater des Weißen Hauses, Anthony Fauci, sagte: “Sobald es genug Masken gibt, ist es an der Zeit, die Richtlinien zu verschärfen.”
In Asien mag man denken: besser spät als nie. Ivan Hung, ein Spezialist für Lungenkrankheiten an der medizinischen Fakultät der Universität Hongkong, sagt dem Nachrichtensender CNN: “Wenn man sich die Daten in Hongkong ansieht, ist das Tragen eines Mundschutzes wahrscheinlich die wichtigste Maßnahme, die man gegen das Virus ergreifen kann.”
Es ist nicht nur hilfreich gegen das Corona-Virus, sagt er. Es ist auch sinnvoll, um vor einer gewöhnlichen Grippe zu schützen. “Wir befinden uns in Hongkong gerade mitten in der Grippesaison, aber kaum jemand ist betroffen.”
Welche Mundschutzmasken gibt es?
Mundschutzmasken gibt es in vielen Formen und Größen. Medizinische Masken lassen sich in drei Kategorien einteilen: FFP 1, 2 und 3: Sie bestehen alle aus mehreren Lagen Papier oder Gewebe.
- FFP 1 schützt vor Feinstaub und dämpft den eigenen Atem. Dies ist die Art von Maske, die für den allgemeinen Gebrauch geeignet wäre.
- FFP 2 schützt vor Viren und ist für Pflegepersonal gedacht.
- FFP 3 sind die Masken für Chirurgen und Personen, die in direktem Kontakt mit Coronapatienten arbeiten.
Menschen, die ihre eigenen Masken aus Stoff herstellen, wird empfohlen, sie heiß zu bügeln. Das tötet die Viren.