Was haben Schiffsrümpfe und Zähne gemeinsam? Die Antwort: An beiden Materialien können sich schädliche Biofilme ablagern. Diese eher schleimigen Beläge bestehen aus unzähligen Mikroorganismen. In den oben genannten, schlimmsten Fällen sind es unerwünschte Bakterien. Und diese wiederum können einige Schäden anrichten. So hat Fouling an Schiffsrümpfen aufgrund der Gewichtszunahme und des erhöhten Strömungswiderstandes ökonomische Folgen. Karies und Parodontitis hingegen bergen erhebliche gesundheitliche Gefahren. Um der Entstehung von schädlichen Biofilmen entgegenzuwirken, gilt es zunächst zu verstehen, wie sie sich weiterverbreiten. Die zentrale Frage lautet also: wie funktioniert ihre Nährstoffversorgung?
Mikroben erzeugen Strömung
Genau das untersuchte jetzt ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU). Es setzte sich aus Mitarbeitern des Instituts für Theoretische Physik II der HHU, aus Stanford (USA), Argonne (USA) sowie aus Santiago de Chile zusammen. Auch kamen die Wissenschaftler aus unterschiedlichen physikalischen Disziplinen wie der Hydrodynamik und Biophysik.
Zunächst entwickelten die Forscher eine umfangreiche mikro-hydrodynamische Theorie. Anschließend analysierten sie diese für verschiedene Bewegungstypen. Die Forscher betrachteten dabei, welche Bewegungsstrategien die einzelnen Bakterien ausführten, um eine Strömung zu erzeugen. Denn durch diese stellten die Mikroben sicher, dass die Nährstoffe automatisch zu ihnen herantragen wurden. Was wiederum ihre optimale Versorgung garantierte. Kurzum: Die Biofilme generieren ihre Nährstoffversorgung selbst. Durch Diversität oder Inhomogenität in den Bewegungen erzeugen sie eine zum Biofilm hingerichtete Strömung, die die Nährstoffe mitführt.
Ergebnis adaptierbar
Den Umkehrschluss fasst Prof. Dr. Hartmut Löwen, HHU-Physiker und Mitautor der Studie wie folgt zusammen: „Führen alle Bakterien die gleichen Bewegungen aus, führt das zum Stillstand des Wasserflusses und damit zu ihrem sicheren Hungertod.” Je nachdem, wie sich die Mikroorganismen bewegen, entstehen bestimmte Muster auf den Biofilmen. Durch diese kann der Nährstoffzufluss gesteuert werden. So ist es möglich, über die Störung des Zuflusses, Bakterienkolonien ohne Gift zu zerstören. Andererseits ist es bei gewünschten Biofilmen auch denkbar, eine intelligente Kooperation der Mikroorganismen zu fördern. Das würde eine weitflächige Nahrungsmittelversorgung gewährleisten.
Dieses Prinzip ist übrigens nicht auf Bakterien beschränkt. Es gilt auch für Mikroroboter oder „künstliche Schwimmer“. Letztere sind Partikel, die sich mithilfe von Brennstoffen in Bewegung setzen. Sie könnten zum Beispiel dazu verwendet werden, Medikamente im menschlichen Körper zu einem gewünschten Zielort zu transportieren.
Die Originalpublikation der Wissenschaftler erschien in der Ausgabe 121 der Fachzeitschrift Physical Review Letters. A. J. T. M. Mathijssen, F. Guzman-Lastra, A. Kaiser, H. Löwen, Nutrient transport driven by microbial active carpets, Physical Review Letters 121, 248101 (2018).
Bild oben: Bewegungsmuster auf einem ebenen Biofilm (blau-rot gefärbt) und dadurch erzeugte Flusslinien vom Lösungsmittel (blau), die für den Transport von Nährstoffen (bunte Kugeln) sorgen. © Stanford University / Arnold J. T. M. Mathijssen
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