“Micro-Snap” heißt die neueste Entwicklung aus dem Hause Rinspeed. Die eidgenössische Ideenschmiede hatte schon Anfang 2018 mit dem “Snap” ein futuristisches Ökosystem im Bereich Mobilität vorgestellt. Das Wort leitet sich vom Fingerschnippen – im übertragenen Sinne dem einfachen, effizienten und schnellen Austausch von elektrisch angetriebenen, autonomen Fahrwerken, den sogenannten Skateboards, mit verschiedenen Transporter- und Passagierkabinen namens „Pod“ ‒, ab.
Das diesjährige Roboterfahrzeug der Schweizer Ingenieure ist mit einem Fahrgestell von 2,62 Meter Länge und 1,33 Meter Breite um einiges kleiner als sein Vorgänger. Es wird auf der CES 2019 in Las Vegas zudem erstmals mit einer funktionstüchtigen Roboterstation, die den Austausch der Module automatisch durchführt, gezeigt. Hiermit sollen zukünftig gerade verfügbare Skateboards entsprechend der jeweils geforderten Anwendungsbereiche flexibel mit den gewünschten Aufbauten montiert werden. Als Pods stehen dabei entweder eine hochmoderne Zwei-Personen-Passagierkabine oder Einheiten mit wahlweise kühlenden oder wärmenden Funktionen zum Transport von Lebensmitteln und vielen weiteren denkbaren Logistik-Varianten zur Verfügung.
Dank des Antriebs durch einen 13 kW und 57 Nm starken Elektromotor soll der Micro-Snap emissionsfrei fahren. Laut Rinspeed hat der 6,1 kWh große Lithium-Ionen-Akku eine Reichweite von rund 95 Kilometern und leistet bis zu 75 Km/h.
Nachhaltige Mobilität
Der Vorteil dieser modularen Systeme liegt zum einen in der besseren Recycelbarkeit: Während verschleiß- und alterungsanfällige Komponenten des Fahrwerks wie die IT-relevante Technik für das automatisierte Fahren schneller ausgetauscht werden können, sollen die Pods durchaus so lange wie heutige Automobile einsatzfähig sein. Zudem soll mit den Modular-Systemen der Transport im urbanen Umfeld auch in puncto Effizienz nachhaltiger werden. Die Entwickler haben hier „Just-in-Time“-Lieferungen für Endkunden sowie den Einsatz als Roboter-Taxis im Visier. Außerdem sollen die modularen Systeme dem Trend zum Carsharing entgegenkommen.
Modulare Roboter-Mobile anderer Hersteller
Unter dem Namen „Vision Urbanetic“ arbeitet auch Daimler an einer Studie zu modularen Fahrzeugen. Die Kleintransporter-Sparte der Stuttgarter stellte auf der IAA 2018 ihre Vision eines flexiblen Konzepts vor. Ihr Gefährt, das optisch einer Raumkapsel ähnelt, kann laut Hersteller innerhalb von drei Minuten vom autonomen People-Mover für bis zu zwölf Menschen zum Cargo-Transporter mit einem Ladevolumen von zehn Kubikmetern umgebaut werden. Der Vision Urbanetic soll tagsüber als Personentransporter dienen und nachts Güter ausfahren. Das Konzept könnte somit ebenfalls den derzeitigen Transportproblemen in den Großstädten Abhilfe schaffen.
Auch General Motors experimentiert an autonomen und gleichzeitig modularen Fahrzeugen. Der Fokus des US-Unternehmens liegt dabei auf Einsatz-Szenarien, die für Menschen gefährlich werden könnten, darunter zum Beispiel die Katastrophenhilfe oder Kriegsschauplätze. Entsprechend ist das Concept Car namens Surus (Silent Utility Rover Universal Superstructure) mit Allradantrieb ausgestattet. Auch soll die übrigens per Wasserstoffzelle betriebene Plattform in einen elektrischen Generator oder ein 1. Hilfe Fahrzeug verwandelbar sein.
Studie als Basis zur Entwicklung
Hintergrund zur Entwicklung von modularen Konzepten ist die Annahme, dass zukünftig im urbanen Umfeld Platzmangel herrschen wird. So sollen laut Zahlen der Vereinten Nationen (UN) im Jahre 2030 weltweit über fünf Milliarden Menschen in Städten wohnen. In dem Zusammenhang wird vermutet, dass die Zahl der Millionenstädte von derzeit 123 auf 700 ansteigt. Entsprechend werden weltweit flexible Konzepte benötigt, die ein Fahrzeug innerhalb kürzester Zeit für die gewünschte Anwendung transformieren können. Die modularen Systeme kommen zudem der Entwicklung zum autonomen Fahren, der fahrzeugseitigen Kommunikation mit der Umwelt sowie anderen Fahrzeugen und dem Anspruch an die Vernetzung entgegen.
Ziel ist die Schaffung einer leisen, sauberen und entspannten Stadt
Doch wann die modularen Fahrzeuge zum Einsatz kommen, ist noch offen. Frank M. Rinderknecht, Automobil-Designer und CEO von Rinspeed, visiert den Einsatz der Snaps auf der Straße für 2020/21 an. Wobei er hier mit einem angepassten Automatisierungsgrad von L3 (Bedingungsautomatisierung) bis L5 (Vollautomatisierung) rechnet. Vorher plant Rinspeed zunächst die Gründung des Start-ups “Snap Motion” zur Kleinskalierung und Erprobung der Entwicklungen. Mit Standorten im Silicon Valley und einer zentraleuropäischen Stätte sollen die Software- und Hardware-Kompetenzen der jeweiligen Destinationen bestmöglich vereint werden. Erste denkbare Einsatzbereiche sind abgesperrte Areale wie Flughäfen, Container-Terminals und große Firmengelände. Sobald die modularen Fahrzeuge für den öffentlichen Verkehr zugelassen sind, können sich die Menschen auf leisere, saubere und vor allem stressfreiere Städte freuen.
Foto oben: Der Micro-Snap im Einsatz als Roboter-Taxi ©Rinspeed